Ausgleichsanspruch eines Franchisenehmers
101 O 23/04 Urteil verkündet am 6. September 2004 LG Berlin Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers analog § 89 b HGBLandgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[…]
hat die Kammer für Handelssachen 101 des Landgerichts Berlin […],
auf die mündliche Verhandlung vom 21.06.2004 durch […] für Recht erkannt:
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist ein Mineralölunternehmen. Der Kläger war seit 1992 zunächst als Tankstellenverwalter für die Beklagte tätig. Dabei war ihm die Leitung, der […] Tankstelle in […] Rastatt übertragen.
Im Bereich der genannten Tankstelle wurde 1995 auf Anregung des Klägers durch die Beklagte ein Schnellrestaurant errichtet, zu dessen Betrieb die Beklagte den als Anlage zur Klageschrift eingereichten Franchisevertrag mit der […] Corporation in Miami, Florida, USA, geschlossen hatte. Wegen der Einzelheiten der insofern getroffenen Regelungen wird auf die genannte Anlage verwiesen.
Durch den als Anlage K 1 zur Klageschrift eingereichten Vertrag der hiesigen Parteien vom 22. Juni beziehungsweise 26. Juli 1996, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, übertrug die Beklagte den Betrieb des […] Restaurants bei der Tankstelle auf den Kläger, und zwar gegen Zahlung bestimmter, sich aus dem Vertrag ergebenden „Fees“ (Gebühren). Dabei war im wesentlichen vereinbart, dass der Betrieb der Gaststätte nach den Vorgaben aus dem Franchisevertrag zwischen der Beklagten und der […] Corporation erfolgen sollte.
Außerdem waren in der Regelung zu den Nummern 9 und 13 Wettbewerbsverbote zu Lasten des Klägers vereinbart; und zwar in der Klausel zu Nummern 9 auch für die Zeit nach Vertragsende, allerdings ohne zeitliche Beschränkung.
Als Ergänzung zu dem genannten Vertrag trafen die Prozessparteien sowie die […] Deutschland GmbH und die […] Corporation am 23. September 1996 die als Anlage K 2 zur Klageschrift eingereichte vierseitige Vereinbarung, in der der Kläger […] zusichern musste, das Schnellrestaurant nach deren Vorgaben zu betreiben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Anlage Bezug genommen.
Das Schnellrestaurant wurde am 30. September 1996 eröffnet. Im Jahr 2001 eröffnete die Beklagte eine weitere Tankstelle in der Nähe der Station des Klägers. Unter dem 7. Juni 2001 kündigte der Kläger nach drei Herzinfarkten und der dadurch bedingten dauerhaften Berufsunfähigkeit den Tankstellenverwalter Vertrag mit der Beklagten sowie den damit zusammenhängenden Vertrag über den Betrieb des Schnellrestaurants jeweils zum 30. Juni 2001.
Die Tankstelle mit Restaurant wurde an dem genannten Tag der Beklagten zurückgegeben, die beide seitdem weiterbetreiben lässt. In der Folgezeit verhandelten die Parteien über die Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs an den Kläger, den die Beklagte für den Bereich der Tankstellenverwaltung auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs schließlich auch gewährte.
Mit Schreiben vom 3. Juli 2001 und 10. April 2003, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlagen K 9 und K 10 zur Klageschrift), forderte der Kläger die Beklagte vergeblich auf, auch für den Bereich des Schnellrestaurants einen Ausgleich zu zahlen, den er mit dem zuletzt genannten Schreiben auf 108.621,40 € bezifferte, und zwar bis zum 30. April 2003.
Mit der der Beklagten am 27. Februar 2004 zugestellten Klage verfolgt der Kläger seinen Ausgleichsanspruch für den Bereich des Schnellrestaurants, den er nunmehr auf insgesamt 101.687, € beziffert, weiter, wobei er im Wege einer Teilklage zunächst einen Betrag von 25.000, geltend macht.
Der Kläger meint: die Vorschriften über den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters seien aufgrund der Besonderheiten der in Bezug auf das Schnellrestaurant getroffenen Vereinbarungen entsprechend heranzuziehen, weil ihm letztlich alle Pflichten der Beklagten aus dem Franchisevertrag mit der […] Corporation weiter übertragen worden seien und er dadurch vollständig in ihre Absatzorganisation eingebunden worden sei. Er habe nach den Vertragsbedingungen keinerlei eigenen Entscheidungsspielraum gehabt, sondern sei in vollem Umfang den Weisungen der Beklagten und von […] unterworfen gewesen sei, die ihm auch ein umfassendes Konkurrenzverbot auferlegt hätten. Aufgrund der Zugehörigkeit des Schnellrestaurants zur Tankstelle sei die Beklagte nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ohne weiteres dazu in der Lage, den von ihm geworbenen Kundenstamm weiter zu nutzen. Damit lägen alle Voraussetzungen für die analoge, Anwendung von § 89 b HGB vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der insoweit vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung wird auf die Ausführungen auf den Seiten 2 bis 6 und 11 bis 15 der Klageschrift sowie im Schriftsatz vom 21. Juli 2004 Bezug genommen.
Der Kläger behauptet: im Bereich des Schnellrestaurants habe er einen Stammkundenumsatzanteil von etwa 95 Prozent gehabt; dies ergebe sich daraus, dass das Personal allenfalls jeden zwanzigsten Gast nicht gekannt habe.
Ausweislich der Betriebsabrechnungsbögen für die Jahre 1997 bis 2000, die als Anlagen K 3 zur Klageschrift eingereicht sind und auf deren Inhalt Bezug genommen werde, habe er im Zeitraum von 1997 bis 2000 einen durchschnittlichen Jahresgewinn von 198.883,00 DM im Bereich des Schnellrestaurants erwirtschaften können. Bei einem Stammkundenanteil von 95 Prozent ergebe sich unter Berücksichtigung der Erfahrungssache, dass sich der Verzehr von Stammkunden nicht von dem von Laufkunden unterscheide deswegen ein auf Stammkunden entfallender Jahresgewinn von 188.925,00 DM im Durchschnitt der angegebenen Jahre. Unter Zugrundelegung einer jährlichen Abwanderung von 20 Prozent und bei einem Prognosezeitraum von fünf Jahren ergebe sich deswegen bei entsprechender Anwendung von § 89 b HGB ein im infolge der Kündigung des Vertragsverhältnisses betreffend das Schnellrestaurant entgangener Gewinn von 193.090,00 €, der sich wie auf Seite 10 der Klageschrift dargestellt errechne. Da der Ausgleichsanspruch jedoch der Höhe nach auf den durchschnittlichen Jahresgewinn beschränkt sei, stünde ihm mindestens ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 198.883,00 DM, das sind umgerechnet 101.687,00 , zu. Davon mache er im Rahmen der vorliegenden Klage einen Teilbetrag von 25.000,00 € geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird Bezug genommen auf die Ausführungen in der Klageschrift sowie in seinem Schriftsatz vom 21. Juli 2004.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.000 nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. April 2003 an ihn zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die analoge Anwendung von § 89 b HGB schon deswegen für untragbar, weil das Vertragsverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten rechtlich als Pachtvertrag und nicht als Franchisevertrag anzusehen sei, weil es sich auf eine Überlassung der Gaststätte auf Zeit beschränke. Im übrigen fehle es an jeglicher Verpflichtung des Klägers, ihr nach Vertragsbeendigung seinen Kundenstamm zu überlassen, so dass auch deswegen die entsprechende Anwendung von § 89 b HGB zu unterbleiben habe. Sie meint, sie habe den Kläger auch schon deswegen nicht in ihre „Absatzorganisation eingebunden“, weil überhaupt nichts dafür ersichtlich sei, dass sie in Bezug auf Hamburger überhaupt über eine Absatzorganisation verfüge. Sie hält den vom Kläger geltend gemachten Anspruch zudem für verwirkt. Ferner bestreitet sie den vom Kläger behaupteten Stammkundenanteil und meint, dass der Kläger seinen Ausgleichsanspruch auch nicht richtig berechne, zumal er in seine Berechnung die Jahre 1996 und 2001 nicht einbeziehe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die Ausführungen in der Klageerwiderung vom 11. Mai 2004 Bezug genommen.
Die Kammer hat den Kläger im Termin, zur mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2004 darauf hingewiesen, dass es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur analogen Anwendung von § 89 b HGB, die zwar an sich für den Bereich der PKW Vertragshändler entwickelt worden sei, die aber gleichwohl anwendbar sei, jedenfalls Voraussetzung für die von ihm gewünschte Analogie sei, dass den Absatzmittler eine vertragliche Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes treffe, die im vorliegenden Fall nicht vorliege. Der Kläger hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Entscheidungsgründe
Das vom Kläger zulässigerweise zunächst im Rahmen einer Teilklage geltend gemachte Begehren auf Zahlung eines Ausgleichsbetrags entsprechend § 89 b HGB für die Überlassung des Kundenstamms nach Beendigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertragsverhältnisses betreffend den Betrieb des Schnellrestaurants an der früher vom Kläger geleiteten Tankstelle in Rastatt ist nach Auffassung der Kammer nicht begründet, so dass die Klage abzuweisen war.
Rechtliche Grundlage für das Begehren des Klägers auf Zahlung eines Ausgleichsbetrags dafür, dass er nach Beendigung des Vertragsverhältnisses betreffend den Betrieb des Schnellrestaurants zum 30. Juni 2001 den Verlust von aus den Betrieb resultierenden Gewinnen und Einkünften hinzunehmen hat, kann allein die analoge Anwendung der Vorschrift des § 89 b HGB sein. Eine andere Grundlage für den vom Kläger geltend gemachten Ausgleichsanspruch ist nach den von den Parteien insoweit getroffenen Regelungen (Anlage K 1 zur Klageschrift) von vornherein nicht ersichtlich. Die direkte Anwendung der genannten Vorschrift scheidet dabei als Handelsvertreter der Beklagten, sondern auf eigenen Namen und eigene Rechnung betrieben hat, allerdings nach den durch den mit der Beklagten geschlossenen Vertrag ihm zugleich auferlegten Vorgaben aus dem zwischen der Beklagten und der […] Corporation geschlossenen Franchisevertrag.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der die erkennende Kammer aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit vollumfänglich folgt, kommt die analoge Anwendung von § 89 b HGB, also einer Vorschrift des Handelsvertreterrechts, auf andere Absatzmittlungsverhältnisse als die über einen selbstständigen Handelsvertreter konstruierten zwar durchaus in Betracht. Danach kann auch ein Eigenhändler einen Anspruch auf Ausgleich für die Schaffung und Überlassung eines Kundenstammes haben, wenn seine Stellung im Einzelfall derjenigen eines Handelsvertreters in den für die Zubilligung des Ausgleichsanspruchs maßgeblichen Voraussetzungen gleichkommt: Dazu ist erforderlich, dass sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigenhändler und dem Unternehmer nicht in bloßen Käufer Verkäufer Beziehungen erschöpft, sondern dass der Eigenhändler so in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang Aufgaben zu erfüllen hat, die sonst einem Handelsvertreter zu kommen. Dazu gehört, dass er sich für den Vertrieb der Erzeugnisse des Herstellers wie ein Handelsvertreter einzusetzen hat und auch im übrigen Bindungen und Verpflichtungen unterliegt, wie sie für, einen Handelsvertreter typisch sind. Außerdem muss der Eigenhändler gegenüber dem Hersteller vertraglich verpflichtet, sein, diesem bei Vertragsbeendigung seinen Kundenstamm zu überlassen, so dass sich: der Hersteller den Kundenstamm des Eigenhändlers sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. etwa NJW 85, 2306, 2307; NJW 85, 3076 und NJW 84, 167, 168).
Überträgt man diese sich vom Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze auf die vorliegende Vertragskonstellation, so ergibt sich hier folgendes: es erscheint schon zweifelhaft, ob das Vertragsverhältnis zwischen den beiden Prozessparteien überhaupt in irgendeiner Weise als Absatzmittlungsverhältnis im vorgenannten Sinn bewertet werden kann, weil es jedenfalls nach dem Wortlaut des Vertrages vom Sommer 1996 in erster Linie auf die Überlassung der Gaststättenräume durch die Beklagte und die Nutzung durch den Kläger gerichtet war, was sich etwa an den Regelungen zu Nummer 3 Abs. 3 und Nr. 6 Abs. 1 des Vertrages zeigt. Dies spricht für die auch von der Beklagten vertretene Annahme, dass das Vertragsverhältnis als bloßer Pacht oder Mietvertrag zu bewerten ist. Allerdings verkennt die Kammer nicht, dass durch die Besonderheiten der Vertragsgestaltung dem Kläger für den Betrieb der Gaststätte letztlich kein Spielraum blieb, sondern sämtliche Vorgaben, die die […] Corporation der Beklagten in dem mit ihr geschlossenen Franchisevertrag für den Betrieb der Gaststätte gemacht hatte, durch die Regelungen zu Nummer 3 des Vertrags letztlich in vollem Umfang auf den Kläger übertragen worden sind. Dadurch war der Kläger in Bezug auf den Betrieb des Schnellrestaurants gegenüber seinem unmittelbaren Vertragspartner, also der Beklagten, praktisch Weisungen und Beschränkungen unterworfen, die jedenfalls in ihrer Wirkung der Weisungsgebundenheit zwischen Geschäftsherrn und Handelsvertreter nahe kommen. Dies allein genügt jedoch nach den obigen Ausführungen nicht für die entsprechende Anwendung des Handelsvertreterrechts auf andere Absatzmittlungsverhältnisse. Deswegen kann es letztlich auch dahinstehen, ob die umfassende, dem Kläger auferlegten Sortiments und Bezugsbindung für sich genommen dazu ausreicht für die Annahme, dass der Kläger vollständig in die Absatzorganisation des Herstellers im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung eingebunden war.
Erhebliche Bedenken gegen diese Annahme ergeben sich allerdings daraus, dass der Kläger überhaupt nicht substantiiert dargelegt hat, dass die Beklagte nicht nur in Bezug auf Mineralölprodukte, sondern auch, worauf es hier allein ankäme, in Bezug auf Hamburger und verwandte Produkte überhaupt in nennenswertem Umfang über eine eigene Absatzorganisation verfügt. In der Klageschrift hatte er dazu gar nichts weiter vorgetragen und in den ihm nachgelassenen Schriftsatz vom 21. Juli 2004 führt er insoweit lediglich aus, die Beklagte unterhalte mehrere Schnellrestaurants im Bereich ihrer Tankstellen, ohne dies weiter zu konkretisieren, sodass sein diesbezüglicher Vortrag für die Beklagte nicht näher einlassungsfähig und für das Gericht einer näheren Überprüfung überhaupt nicht zugänglich ist.
Jedenfalls fehlt es im vorliegenden Fall nach Ansicht der Kammer an der für die entsprechende Anwendbarkeit von Handelsvertreterrecht noch erforderlichen vertraglichen Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstamms an die Beklagte: Bei einem Handelsvertreter fällt auf Grund seiner Stellung als bloßer Vertreter des Geschäftsherrn nach Beendigung des Vertreterverhältnisses der von ihm geworbene Kundenstamm ohne weiteres an den Geschäftsherrn, den dieser sich dann in der Folgezeit zu Nutze machen kann. Dies ist überhaupt der tragende Grund für die Existenz der Vorschrift des § 89 b HGB. Da der Handelsvertreter während der Vertragslaufzeit rechtstechnisch bloßer Vertreter des Geschäftsherrn war und nur Vertragsverhältnisse für ihn vermittelt hat, kann er sich gegen die weitere Nutzung des von ihm geworbenen Kundenstamms rechtlich auch überhaupt nicht wehren. Wenn man diese Erwägung zur Beantwortung der Frage heranzieht, ob auf ein anderes Absatzmittlungsverhältnis das Recht des Handelsvertreters analog anzuwenden ist, so ergibt sich die für die entsprechende Anwendung erforderliche Gleichartigkeit nur dann, wenn der Absatzmittler nach Vertragsbeendigung rechtlich dazu verpflichtet ist, den Kundenstamm dem Hersteller/Lieferanten zu überlassen und sich deswegen nicht gegen die weitere Nutzung seiner Kunden wehren kann. Diese Wertung liegt auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die bereits eingangs zitiert worden ist, zu Grunde (vgl. etwa, BGH NJW RR 98, 390, 391). Nur im Fall einer rechtlichen Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstamms ist es dem Absatzmittler nämlich von vornherein verwehrt, den von ihm geworbenen Kundenstamm selbst zu nutzen und gegen Zugriffe des Herstellers beziehungsweise Lieferanten zusichern (vgl. BGH a.a.O.).
Deswegen ist die im Schrifttum vertretene Gegenauffassung (etwa Karsten Schmidt, Betrieb 79, 2357; weitere Nachweise bei Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 84, Rdn. 11), wonach für die Anwendbarkeit von Handelsvertreterrechts auf andere Absatzmittlungsverhältnisse bereits ausreichend ist, dass der Hersteller beziehungsweise Lieferant rein faktisch die Möglichkeit hat, den vom Absatzmittler geworbenen Kundenstamm weiter zu nutzen, als nicht ausreichend zu betrachten (BGH a.a.O., ferner etwa BGH NJW 86, 2307 f.).
Im vorliegenden Fall kann jedoch eine den Kläger rechtlich bindende Verpflichtung zur Überlassung des von ihm geworbenen Kundenstamms an die Beklagte nicht festgestellt werden. Eine ausdrückliche Verpflichtung enthält die zwischen den Prozessparteien getroffene Vereinbarung diesbezüglich gerade nicht. Zwar ist es anerkannt, dass sich eine derartige Verpflichtung auch konkludent aus den anderen vertraglichen Regelungen ergeben kann (vgl. etwa Baumbach/Hopt, a.a.O. Rdn. 15). Die Kammer vermag aber nicht festzustellen, dass das zwischen den Parteien getroffene Vertragsverhältnis an irgendeiner Stelle konkludent die Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstamms wirksam begründet: Dies könnte sich allenfalls aus der Regelung zu Nummer 9 des Vertrags der Parteien ergeben, weil dort im zweiten Satz dem Kläger verboten wird, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unmittelbar oder mittelbar eine Gaststätte zu betreiben, die ohne die Genehmigung von […] das dortige System ganz oder teilweise benützt oder kopiert. Selbst wenn man diese Regelung so auslegen wollte, als sei dem Kläger damit ein umfassendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot zum Betrieb eines Schnellrestaurants in Bereich der fraglichen Tankstelle auferlegt worden, ergäbe sich nach Ansicht der Kammer daraus in keinem Fall konkludent eine rechtswirksame Verpflichtung des Klägers, der Beklagten seinen Kundenstamm zu überlassen. Zwar würde eine derartige Verpflichtung, wenn sie wirksam wäre, praktisch darauf hinauslaufen, dass der Kläger weder selbst noch über Mittelsmänner den von ihm geworbenen Kundenstamm in ein anderes in der Nähe von ihm betriebenes Schnellrestaurant umleiten, dürfte. Wenn man allerdings, wovon der Kläger ausgeht, sich dabei rechtlich in dem Bereich, befindet, in dem die Besonderheiten des Vertragsverhältnisses der Parteien die entsprechende Anwendung von Handelsvertreterrecht rechtfertigen, wäre die genannte Wettbewerbsklausel, die ihrem insoweit klaren Wortlaut zeitlich nicht näher beschränkt ist, wegen eines Verstoßes des dann ebenfalls anzuwendenden § 90 a HGB von vornherein unwirksam (§ 134 BGB) und würde schon deswegen den Kläger rechtlich nicht daran hindern, ungeachtet der Klausel in der Nähe ein eigenes Schnellrestaurant zu betreiben. Wenn man mit der Ansicht der Beklagten Handelsvertreterrecht auf das vorliegende Vertragsverhältnis nicht für anwendbar erachtet, weil es sich lediglich um einen Pachtvertrag handelt, wäre die Klausel zwar nicht wegen eines Verstoßes gegen § 90 a HGB unwirksam, weil die genannten Norm darauf nicht entsprechend anwendbar ist (vgl. etwa BGHZ 24, 265 ff.). Bei der Annahme eines bloßen Pachtverhältnisses wäre jedoch, auch der entsprechenden Anwendbarkeit von § 89 b HGB, also der vom Kläger herangezogen Anspruchsgrundlage, die Anwendbarkeit von vornherein entzogen, weil es bei einem Pachtvertrag die gesetzliche Wertung ist, dass der Pächter den Verpächter den Betrieb nach Beendigung der Pachtzeit zurückzugeben hat, ohne einen Ausgleich für einen etwaigen Wertzuwachs verlangen zu können und die bloße Möglichkeit, das Geschäftslokal neu zu verpachten, nicht mit der Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes durch den früheren Absatzmittler gleichgesetzt werden kann (vgl. BGH NJW 86, 2306, 2307).
Das Begehren des Klägers stellt sich damit schon dem Grunde nach als nicht gerechtfertigt heraus, so dass die von der Beklagten erhobenen Einwände gegen die Richtigkeit der konkreten Berechnung des Klägers hier nicht mehr geprüft zu werden brauchten. Sinngemäß dasselbe gilt auch für die Frage, ob der Kläger überhaupt hinreichend nachvollziehbar vorgetragen hat, inwieweit die von ihn erwirtschafteten Jahresgewinne auf Stammkunden zurückzuführen sind: Sein diesbezüglicher Vortrag, seinen damaligen Angestellten seiner etwa jeder zwanzigste Kunde unbekannt vorgekommen, was auf einen Stammkundenanteil von 95 % schließen lasse, dürfte nach Auffassung der Kammer, wie hier jedoch nicht vertieft zu werden braucht, unzureichend sein, weil sie überhaupt keine konkreten Tatsachen zum Stammkundenanteil enthält und weder für die Beklagte noch für das Gericht in irgendeiner Weise nachprüfbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen, Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.