Ausschließliche Gerichtsstandsklausel bei grenzüberschreitendem Handelsvertretervertrag
13 U 76/03 Urteil verkündet am 14. April 2004 OLG Hamburg GerichtsstandvereinbarungOberlandesgericht Hamburg
Im Namen des Volkes
Urteil
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen von Ansprüchen des Klägers, eines Handelsvertreters, gegen die französische Beklagte aus einem am 12.05.1998 geschlossenen Handelsvertretervertrag. Mit einer Schwestergesellschaft der Beklagten, der Firma C, hatte der Kläger am selben Tage einen inhaltsgleichen Vertrag geschlossen. Daneben war und ist der Kläger für ein weiteres deutsches Unternehmen als Handelsvertreter tätig (seit 1992). Gemäß Nr. 1 des Vertrags war der Kläger Bezirks- und Alleinvertreter für die Bezirke Berlin, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein für sämtliche Produkte der Beklagten. Nach Nr. 5 des Vertrags war eine gestaffelte Provision von 18 % bzw. 20 % des Umsatzes vereinbart worden. Die Kündigungsfrist betrug nach Nr. 9 des Vertrags sechs Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres. In Nr. 10 des Vertrags vereinbarten die Parteien die Anwendung deutschen Rechts auf den Vertrag. Nr. 11 lautet:
11. Die beiden unterzeichneten Vertragsparteien, die Unternehmerin und der Handelsvertreter, vereinbaren ausdrücklich, dass für alle Streitigkeiten über die Durchführung oder Auslegung dieses Vertrags, wenn keine gütliche Einigung zu Stande kommt, der Gerichtsstand der Ort des Firmensitzes der Unternehmerin sein soll, das heißt das Handelsgericht von Lons le Saunier (Frankreich).
Die Beklagte erklärte ohne vorherige Abmahnung des Klägers die fristlose Kündigung des Vertrags wegen mangelnden Absatzes der Kollektion; aus demselben Grund wurde auch der Handelsvertretervertrag zwischen dem Kläger und der Firma C gekündigt. Der Kläger unterzeichnete am 02.01.2003 einen von der Beklagten auf Wunsch des Klägers vorformulierten Aufhebungsvertrag, durch den das Vertragsverhältnis zum 15.12.2002 gegen Zahlung von 7.500,– Euro seitens der Beklagten und unter Verzicht auf Ausgleichsansprüche des Klägers gegen die Beklagte aufgehoben wurde; des Gleichen wurde auch der Handelsvertretervertrag des Klägers mit der Firma C aufgehoben. Die von der Beklagten unterzeichnete Ausfertigung des Aufhebungsvertrags ging dem Kläger am 22.01.2003 zu. In der Klageschrift vom 23.02.2003 erklärte der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und Irrtums. Der Aufforderung der Beklagten zur Rückgabe ihrer Kollektion kam der Kläger nicht nach. Der Kläger hat gemeint, dass das LG Hamburg ungeachtet der Gerichtsstandsklausel im Vertrag international zuständig sei.
Die Beklagte hat unter Hinweis auf die Gerichtsstandsklausel im Vertrag die internationale Zuständigkeit des LG Hamburg gerügt. Das LG Hamburg hat seine internationale Zuständigkeit verneint. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
II. … Das im Verfahren des ersten Rechtszugs angerufene LG Hamburg ist auf Grund der in Nr. 11 des Vertrags getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien nicht international zuständig.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dieser Vereinbarung um eine ausschließliche Gerichtsstandsklausel. Diese schriftlich fixierte Gerichtsstandsvereinbarung genügt den Erfordernissen des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO; dies ist zwischen den Parteien im Übrigen unstreitig.
Zwar enthält die Vertragsklausel nicht das Wort „ausschließlich“, doch ergibt sich bei der Gesamtbetrachtung der Nr. 11, dass die Parteien tatsächlich eine ausschließliche Zuständigkeit des Handelsgerichts von Lons le Saunier (Frankreich) vereinbaren wollten. Da die Klausel eben auch keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine komplementären bzw. konkurrierenden Gerichtsstand in Deutschland enthält, obliegt es dem Kläger, die Vermutung einer ausschließlichen Geltung der Zuständigkeitsvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO zu entkräften. Diese Darlegungslast verkennt der Kläger, wenn er meint, dass – seiner Ansicht nach bestehende – Zweifel darüber, ob eine von der Auslegungsregel des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO abweichende Vereinbarung vorliegt, zu Lasten der Beklagten gingen. Für die vom Kläger behauptete, von der gesetzlichen Vermutung abweichende Vereinbarung ist allein er darlegungspflichtig. Der Kläger hat indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Parteien eine nicht ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung vereinbart hätten.
Dass die Rechtsschutzversicherung des Klägers eine Prozessführung im Ausland nicht abdeckt, begründet zwar ein Interesse des Klägers an einer lediglich komplementären Gerichtsstandsvereinbarung. Dass er dies bei Vertragsschluss indes bedacht und der Beklagten im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Hinblick auf die Gerichtsstandsvereinbarung mitgeteilt hätte, so dass dieser von der Beklagten bestrittene Umstand bei der Gerichtsstandsvereinbarung (zumindest konkludent) Berücksichtigung gefunden hätte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Ebenso wenig lässt die Rechtswahlklausel in Nr. 10 des Vertrags zu Gunsten deutschen Rechts die Vermutung der Ausschließlichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO entfallen. Rechtswahl und Gerichtsstandswahl sind jedoch zwei isoliert zu betrachtende Vereinbarungen, die nicht zwingend in die gleiche Richtung gehen müssen; tatsächlich kommt es nicht selten vor, dass Vertragsparteien die Geltung eines bestimmten Rechts vereinbaren, dessen Anwendung sie einem Gericht in einem von ihnen gewählten Gerichtsstand eines anderen Rechtskreises überlassen. Es ist zwar im konkreten Einzelfall möglich, die von den Vertragsparteien nicht geregelte Frage des Gerichtsstands einer ausdrücklichen Rechtswahlvereinbarung folgen zu lassen, dies scheidet aber jedenfalls dann aus, wenn – wie hier – eine Gerichtsstandsvereinbarung ausdrücklich getroffen wurde.
Die Formulierung der Nr. 11 des Vertrags spricht vorliegend für eine ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung. Die Parteien haben in dieser Vertragsbestimmung diesen Gerichtsstand „ausdrücklich … für alle Streitigkeiten über die Durchführung oder Auslegung dieses Vertrags“ vereinbart. Dass es sich um einen ausschließlichen und nicht um einen komplementären bzw. konkurrierenden Gerichtsstand handeln soll, folgt auch daraus, dass die Parteien die Zuständigkeit des französischen Gerichts explizit für alle Streitigkeiten bestimmt haben, bei denen eine gütliche Einigung gescheitert ist. Insofern haben die Parteien die Möglichkeit einer Auseinandersetzung außerhalb des Gerichtsstands gesehen und geregelt. Aus der Nicht-Regelung eines anderen Gerichtsstands, nämlich des Gerichtsstands am Wohn- und Geschäftssitz des Klägers wird im Umkehrschluss der Wille der Parteien deutlich, dass es nur die Alternativen einer örtlich nicht bestimmten gütlichen Einigung oder eines Rechtsstreits vor dem französischen Handelsgericht von Lons le Saunier geben sollte.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte den kl. Vortrag über einen anderweitigen Parteiwillen auch nicht unstreitig gestellt. Soweit der Kläger sich in seiner Berufungsbegründung auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 30.07.2003, S. 14, stützt, kann zum einen aus der dortigen Formulierung „Im vorliegenden Fall zeigt insbesondere das Fehlen des absolut üblichen Worts ‚ausschließlich‘ vor Zuständigkeit, das(s) eben keine ausschließliche Zuständigkeit gewollt war“ lediglich eine Schlussfolgerung des Klägers, nicht jedoch eine Behauptung über eine Tatsache abgeleitet werden. Zum anderen hat die Beklagte diese Schlussfolgerung und einen etwaigen diesbezüglichen Vortrag des Klägers letztlich dadurch streitig gestellt, dass sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.09.2003 ihre Rüge der örtlichen und internationalen Zuständigkeit des LG Hamburg ausdrücklich zu Protokoll erklärt hat.
2. Die Gerichtsstandsklausel ist wirksam. Sie läuft entgegen der Ansicht des Klägers insbesondere weder Art. 17 noch Art. 21 EuGVVO zuwider (Art. 23 Abs. 5 EuGVVO).
a) Eine analoge Anwendung des Art. 19, 21 EuGVVO auf Handelsvertreter, wie sie der Kläger für sich in Anspruch nimmt, scheitert bereits an einer fehlenden Regelungslücke. Art. 19 EuGVVO begründet für Arbeitnehmer zwei Gerichtsstände: den Gerichtsstand am Wohnsitz des Arbeitgebers (Art. 19 Nr. 1 EuGVVO) und den Gerichtstand am Tätigkeits- bzw. Einstellungsort des Arbeitnehmers (Art. 19 Nr. 2 EuGVVO).
Der Arbeitnehmerbegriff des Art. 18 EuGVVO entspricht dem des Art. 39 EG. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH handelt es sich beim Begriff Arbeitnehmer i. S. des Art. 39 EG um einen Begriff des Gemeinschaftsrechts, der nicht eng auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne u.a. EuGH, Slg. 86, 2121 = NVwZ 87, 41 Rdnr. 16 – Lawrie-Blum, Slg. 88, 3205 Rdnr. 21 – Brown; Slg. 92, I-1071 = NZA 92, 736 = EuZW 92, 313 Rdnr. 14 – Bernini; Slg. 99, I-3289 Rdnr. 13 – Meussen; NZA 04, 87 = EuZW 04, 117 Rdnr. 23 – Ninni-Orasche). Dieser Begriff ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Die Arbeitnehmereigenschaft setzt voraus, dass der betreffenden Person eine eigene unternehmerische Entscheidungsfreiheit und eigenes unternehmerisches Risiko fehlen, sie Dienstleistungen gegen Vergütung erbringt, in die Organisation des Dienstnehmers eingebunden ist und dessen Weisungsrecht unterliegt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. [2004], Anh. V C 4, Art. 18 EuGVVO Rdnr. 2).
In der deutschen Rechtsprechung und Literatur wird zwar die Frage der Arbeitnehmerproblematik/Scheinselbstständigkeit von Handelsvertretern diskutiert (vgl. z.B. Behrend, NJW 03, 1563; sowie Nachw. bei: Emde, VersR 99, 1464; ders., VersR 01, 148, jew. m.w.Nachw.). Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Selbstständigen- und Arbeitnehmereigenschaft ist indes der Grad der persönlichen Abhängigkeit des Handelsvertreters vom Unternehmer (§ 84 Abs. 1 HGB). Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbstständig, wer „im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“. Entscheidend ist die persönliche Freiheit, und zwar die rechtliche im Gegensatz zur „wirtschaftlichen“ (st.Rspr.: BGH, VersR 64, 331; BAG, ZIP 97, 1715; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. [2003], § 84 Rdnr. 35).
Ausschlaggebend ist damit die freie Gestaltung seiner Tätigkeit sowie der Arbeitszeit oder des Arbeitspensums (Baumbach/Hopt, HGB, § 84 Rdnr. 35). Dazu hat die Rechtsprechung eine Reihe einzelner Abgrenzungskriterien entwickelt, vor allem zu Ort, Zeit und Art und Weise der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Art und Weise der Vergütung. Keines davon ist aber bei der wertenden Gesamtbetrachtung unverzichtbar. Auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung kommt es aber nicht an. Entscheidend ist vielmehr der wirklich gewollte Geschäftsinhalt, der sich aus den Vereinbarungen und der praktischen Durchführung der Verträge ergibt (vgl. BGHZ 59, 87, 91 = NJW 72, 1662; BAG, BB 90, 1065; NZA 95, 161 = DB 94, 2502).
Diese Abgrenzungskriterien gelten im Ergebnis auch für den autonomen, gemeinschaftsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist dieser Begriff nach objektiven Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis in Ansehung der Rechte und Pflichten der betreffenden Personen charakterisieren. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH, Slg. 86, 2121 = NVwZ 87, 41 Rdnr. 17 – Lawrie-Blum; Slg. 89, 1621 Rdnr. 12 – Bettray; Slg. 99, I-3289 Rdnr. 13 – Meeusen; NZA 04, 87 = EuZW 04, 117 Rdnr. 23 – Ninni-Orasche).
Bei Anwendung dieser Kriterien scheidet eine Qualifikation der Handelsvertretertätigkeit des Klägers als Arbeitnehmer. bzw. arbeitnehmergleiche Tätigkeit aus.
Zum einen war der Kläger nicht allein für die Beklagte als Handelsvertreter tätig, sondern vermittelte zeitgleich auch für zwei weitere Unternehmen Geschäfte, nämlich sowohl für die mit der Beklagten verbundene Firma C als auch für ein weiteres deutsches Unternehmen. Insofern bestand schon keine persönliche Abhängigkeit zu einem Unternehmen. Soweit die tatsächlichen Gegebenheiten eine Form der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Klägers begründeten, bestand diese ebenfalls nicht zu einem einzigen Unternehmen, sondern – bei einer Betrachtung der Beklagten und der mit ihr verbundenen Firma C als Verbund – zumindest zu zwei rechtlich wie wirtschaftlich getrennten Unternehmen.
Zum anderen ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrag sowie aus der von den Parteien vorgetragenen tatsächlichen Handhabungen des Vermittlungsgeschäfts, dass der Kläger unter den beiden Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB in einem für den Selbstständigenstatus erforderlichen Maße frei von Weisungen ist.
Gegen eine Selbstständigkeit des Klägers sprechen zwar die Vorgabe des Vertriebsgebiets (Nr. 1 des Vertrags: Niedersachsen [bis südlich von Lüneburg], Berlin, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein), die Bindung an Preise sowie Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Beklagten (Nr. 2 des Vertrags), die Vorgabe von Mindestquoten und -zielen (Nr. 7 des Vertrags) sowie die Regelung einer Probezeit (Nr. 9 des Vertrags). Diese Einschränkungen der persönlichen Freiheit des Klägers waren indes auf das Notwendige einer Vermittlungstätigkeit begrenzt und wurden durch die ansonsten ungeregelte und damit dem Kläger überlassene Gestaltungsfreiheit aufgewogen. Die Zuweisung eines bestimmten Kundenkreises oder eines bestimmten Bezirks steht dem Status als selbstständiger Handelsvertreter nicht entgegen (BAGE 93, 112 = NZA 00, 534 = BB 00, 1469, 1470). Im Übrigen war der Kläger frei von Weisungen der Beklagten, trug sein eigenes Unternehmerrisiko und besaß die Freiheit zur eigenen Bestimmung von Arbeitsumfang und Arbeitsgestaltung. Der Kläger war somit auch unter Anwendung der in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Abgrenzungsmaßstäbe eindeutig als selbstständiger Handelsvertreter für die Beklagte tätig, so dass kein Anlass besteht, ihn (allein) hinsichtlich der Gerichtsstandswahl wie einen Arbeitnehmer zu behandeln. Soweit der Kläger auf die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Handelsvertreters abstellt, bedeutete dies, dass dann der Arbeitnehmerbegriff im Ergebnis konturenlos wäre, da eine wirtschaftliche Abhängigkeit bei jeder Art von Vertragsverhältnissen und auch bei selbstständigen Kaufleuten und Unternehmen vielfach vorliegt.
b) Ebenso scheitert die vom Kläger geltend gemachte Unwirksamkeit der Gerichtstandsklausel analog Art. 15, 17 EuGVVO. Insofern fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Situation eines Handelsvertreters mit der eines Verbrauchers.
Der Verbraucherbegriff ist autonom, von der nationalen Rechtsordnung losgelöst gemeinschaftsrechtlich zu definieren und auszulegen (st. Rspr. des EuGH, z.B. Slg. 99, I-2277 = EuZW 99, 727 Rdnr. 26 – Mietz/Intership Yachting Sneek, m.w. Nachw.). Der EuGH hat zu Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ entschieden, dass sich die Vorschriften über die Zuständigkeit für Verbrauchersachen nur auf nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnde private Endverbraucher beziehen (EuGH, Slg. 02, I-6367 = NJW 02, 2697 = EuZW 02, 539 Rdnr. 39 – Gabriel; vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. [2004], Anh. I, Art. 15 EuGVVO Rdnr. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Anh. V C 4, Art. 15 EuGVVO Rdnr. 2). Art. 15 Abs. 1 EuGVVO ist Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ nachgebildet.
Demgegenüber handelte der Kläger als Handelsvertreter für (zumindest) zwei rechtlich und wirtschaftlich getrennte Unternehmen (die Beklagte und die Firma C einerseits sowie ein weiteres deutsches Unternehmen andererseits) berufs- und gewerbsbezogen. Allein eine etwaige Schutzbedürftigkeit des Klägers gegenüber den Unternehmen, für die er Geschäfte vermittelt, begründet nicht seine Verbrauchereigenschaft, dies weder direkt noch analog.
c) Schließlich verstößt die Gerichtsstandsklausel nicht gegen § 307 BGB:
Zum einen verdrängt Art. 23 EuGVVO das nationale Recht vollkommen. Die Gemeinschaftsverordnung stellt eine in sich geschlossene Regelung des Rechts der Zuständigkeitsvereinbarung dar, die einer Ergänzung durch das nationale Zuständigkeitsrecht nicht zugänglich ist (BayObLG, NJW-RR 02, 359; NJW-RR 01, 699, 670; Zöller/Geimer, Anh. I, Art. 23 EuGVVO Rdnr. 32). Deshalb sind Prorogations- oder Derogationsverbot des nationalen Rechts, wie sie beispielsweise in den §§ 29c, 38 II u. III ZPO und §§ 305 ff. BGB enthalten sind, nicht zu beachten (OLG Hamm, RIW 00, 382; Zöller/Geimer, Anh. I, Art. 23 EuGVVO Rdnr. 33, m.w. Nachw.). Derartige Verbote lassen sich auch nicht indirekt über einen (ungeschriebenen) Missbrauchsvorbehalt durchsetzen; eine solche Missbrauchskontrolle findet nicht statt (Zöller/Geimer, Anh. I, Art. 15 EuGVVO Rdnr. 35).
Zum anderen stimmt der Senat mit dem LG Hamburg überein, dass eine unangemessene Benachteiligung des Klägers durch die Gerichtsstandsklausel nicht erfolgt. Die Anwendung deutschen Rechts durch ein französisches Gericht erscheint nicht als nachteilig für den Kläger Die Anwendung ausländischen Rechts durch ein Gericht bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten ist nicht so ungewöhnlich, dass dies als eine Benachteiligung des Kläger angesehen werden könnte. Die Parteien haben in den Nrn. 10 und 11 des Vertrags vielmehr eine die Interessen beider Parteien berücksichtigende Lösung gefunden: zu Gunsten der Beklagten die Wahl des Gerichtsstands an deren Sitz und zu Gunsten des Kläger die Wahl des für seinen Sitz geltenden Rechts.