Empfehlung fester Preise durch einen Franchisegeber

U (K) 6126/99 u. W (K) 684 Urteil verkündet am 8. Juni 2000 OLG München Franchiserecht

Oberlandesgericht München
Im Namen des Volkes
Urteil

[…]

Entscheidungsgründe

… b) Die sofortige Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 66 Abs. 1 ZPO kann in einem anhängigen Rechtsstreit einer Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten, wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass diese Partei in dem Rechtsstreit obsiege. Ein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten besteht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits mittelbar oder unmittelbar auf seine privat oder öffentlich rechtlichen Verhältnisse rechtlich günstig oder ungünstig einwirkt; nicht ausreichend ist ein ideales, ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse (Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 66 Rz. 8-10). Danach ist im vorliegenden Fall ein Interventionsgrund nicht gegeben, da ein den Antragstellern günstiges Urteil für die Rechtsstellung der Nebenintervenientin ohne Bedeutung ist.

Gemäß § 68 ZPO entfaltet die Nebenintervention nur im Verhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und der unterstützten Partei eine Wirkung, die ausschließlich darin besteht, dass in einem nachfolgenden Rechtsstreit zwischen der unterstützten Partei und dem Nebenintervenienten letzterer mit bestimmten Einwendungen nicht gehört werden kann. Im Übrigen erzeugt die Nebenintervention insbesondere im Verhältnis zum Gegner der unterstützten Partei keine Wirkung. Vor diesem Hintergrund kann zunächst ein Interventionsgrund nicht daraus hergeleitet werden, dass die Nebenintervenientin geltend macht, selbst zur Geltendmachung des streitigen Unterlassungsanspruches befugt zu sein. Denn daraus folgt nur ein rechtliches Interesse am eigenen Obsiegen der Nebenintervenientin als Klägerin oder Antragstellerin in einem Rechtsstreit mit der Antragsgegnerin, nicht aber ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragsteller im Verhältnis zur Antragsgegnerin. Das im vorliegenden Rechtsstreit ergehende Urteil entfaltet hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruches Wirkungen ausschließlich im Verhältnis zwischen den Prozessparteien und insbesondere nicht im Verhältnis zwischen der Nebenintervenientin und der Antragsgegnerin. Insoweit liegt lediglich ein sich aus gleichgerichteten Ansprüchen ergebendes tatsächliches Interesse der Nebenintervenientin am Obsiegen der Antragsteller vor, das jedoch ein rechtliches Interesse i. S. d. § 66 Abs. 1 nicht begründet.

Auch daraus, dass die Mitglieder der Nebenintervenientin diese zu der Nebenintervention – insbesondere auch in Prozessstandschaft in Bezug auf diesen Mitgliedern selbst gegenüber der Antragsgegnerin zustehende Unterlassungsansprüche – ermächtigt haben, folgt nichts anderes. Denn auch aus den diesen Mitgliedern zustehenden (unterstellten) Unterlassungsansprüchen des von den Antragstellern geltend gemachten Inhalts folgt nur ein rechtliches Interesse der erwähnten Mitglieder am eigenen Obsiegen in einem Rechtsstreit zwischen ihnen und der Antragsgegnerin, jedoch kein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragsteller im vorliegenden Verfahren. Wer hinsichtlich der von den Antragstellern geltend gemachten Ansprüche selbst anspruchsberechtigt und klagebefugt ist, kann und muss, um diese Ansprüche durchzusetzen, selbst als Kläger oder Antragsteller auftreten; ein obsiegendes Urteil im Verhältnis zwischen den Prozessparteien beeinflusst die Rechtsstellung anderer Gläubiger von Ansprüchen gleichen Inhaltes nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Nebenintervenientin herangezogenen Kommentierung (Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 66 Rz. 5), wonach bei Prozessstandschaft auch der Träger des Rechts das rechtliche Interesse an einer Nebenintervention hat. Die Kommentierung betrifft den Fall, dass der Inhaber eines Anspruches einen Dritten ermächtigt hat, diesen Anspruch in Prozessstandschaft gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. In einem solchen Fall kann der Anspruchsinhaber dem in Prozessstandschaft Klagenden als Nebenintervenient beitreten. Denn in dem Rechtsstreit zwischen den Parteien des Rechtsstreits wird über den materiell dem Nebenintervenienten zustehenden Anspruch mit Rechtskraftwirkung entschieden. So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht.

Auch für den der Nebenintervenientin möglicherweise zustehenden Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung vom 08.11.1999 ist das im vorliegenden Rechtsstreit ergehende Urteil ohne Bedeutung. Auch insoweit gilt, dass sich daraus, dass im vorliegenden Rechtsstreit und in einem Rechtsstreit zwischen der Nebenintervenientin und der Antragsgegnerin um diese Kosten möglicherweise dieselben Sach und Rechtsfragen zu entscheiden wären, ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragsteller im vorliegenden Rechtsstreit nicht herleiten lässt.

Da die Nebenintervention somit unzulässig ist, ist insoweit das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Nebenintervention zurückzuweisen.

2. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen den verurteilenden Teil des landgerichtlichen Urteils bleibt demgegenüber ohne Erfolg. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist begründet; der Senat nimmt insoweit zunächst auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils Bezug und schließt sich ihr an. Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsbegründung auf Folgendes hinzuweisen:

a) Darauf, dass die Antragsgegnerin in einem Teil der von ihr verbreiteten bzw. den Franchise Nehmern zur Verfügung gestellten Werbematerialien mit „ab Preisen“ geworben hat, kommt es für die Entscheidung nicht an. Denn die Antragsgegnerin hat jedenfalls auch mit festen Preisen geworben. Dies gilt zunächst für das gezielt einen konkreten Kundenkreis ansprechende Mailing, mit dem für einen „Einführungspreis von nur 299,– DM anstatt 899,– DM“ geworben wurde. Die dem Mailing beigegebene „kleine Bildzeitung“ nennt die erwähnten Preise auf den Seiten 1-7 insgesamt 8 × ohne jede Einschränkung. In dem Fernsehspot werden diese Preise ebenfalls in dem in das Bild eingeblendeten Text ohne Einschränkung genannt; lediglich im gesprochenen Text ist das „ab“ eingefügt. Auch die von der Antragsgegnerin als Anl. AG 15 vorgelegte Werbeunterlage, die zu den sog. POS Materialien gehört, enthält die erwähnte Einschränkung nicht. In dem die Variview Aktion ankündigenden Schreiben vom 27.10.1999 wurde von der Antragsgegnerin den Antragstellern die Übernahme des Preises von 299,– DM ausdrücklich empfohlen. Schon am Vorliegen einer ausdrücklichen Empfehlung und erst recht am Vorliegen eines auf deren Durchsetzung zielenden, aus der Werbung sich ergebenden wirtschaftlichen Druckes kann daher im Ergebnis ein vernünftiger Zweifel nicht bestehen.

b) Aus § 23 Abs. 1 GWB kann etwas anderes nicht hergeleitet werden. In diesem Zusammenhang kann unterstellt werden, dass die Variview Gleitsichtgläser Markenwaren der Antragsgegnerin sind. Denn jedenfalls sind die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 GWB, wonach kein wirtschaftlicher oder sonstiger Druck zur Durchsetzung der Preisempfehlung angewandt werden darf, nicht erfüllt.

Schlagwörter
Empfehlung fester Preise durch Franchisegeber (1) Apollo-Preise (1)