fristlose Kündigung; Wichtiger Grund; Wettbewerbsverbot; Aufforderung zur Entfernung der Hinweisschilder; Erfüllungsort für die Verpflichtung zur Rückgabe der Geschäftsunterlagen

4HK O 11767/01 Urteil verkündet am 14. Februar 2002 LG München Pflichten des Versicherungsvertreters, Versicherungsvertretervertrag, Wettbewerbsverbot und Konkurrenzverbot

Landgericht München
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]

wegen Feststellung

erlässt das Landgericht München I, 4. Kammer für Handelssachen, […] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2002 folgendes

Tenor

Endurteil:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger wird verurteilt, der Beklagten Auskunft darüber zu erteilen, welche Versicherungsverträge er in der Zeit vom 01.02.2001 bis 18.06.2001 für dritte Versicherungen in den Räumlichkeiten […], angeboten, abgeschlossen und/oder vermittelt bzw. er beim Angebot, Abschluss und der Vermittlung solcher Verträge mitgewirkt hat, wobei die Auskunft sich erstrecken muss auf die Art der Versicherungsverträge, auf deren finanziellen Wert, darauf, ob sie mit Allianzkunden und/oder Nicht Kunden abgeschlossen wurden sowie auf die dafür empfangene Provision.

III. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden zu ersetzen, der sich aus der gemäß Ziffer II. erteilten Auskunft ergibt, und Zinsen darauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.09.2001 zu zahlen.

IV. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 20.000,–vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Handelsvertretervertrags und die damit verbundene Zahlung einer Ausgleichzahlung.

Der Kläger (und Widerbeklagte) war seit dem 01.12.1982 für die Beklagte (und Widerklägerin) tätig und betrieb seit 1986 als selbstständiger Handelsvertreter und Vermittlungsagent eine Generalvertretung der Beklagten in der […].

Für die Ehefrau des Klägers ist seit 01.01.1996 unter gleicher Anschrift u. a. ein freies Versicherungsbüro gewerblich gemeldet.
Die Parteien schlossen am 01.04.86 einen Handelsvertretervertrag, dem die allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten zugrunde lagen (Anlagen K 1 und B 1). Die Vertragsbedingungen sehen im Falle der Kündigung die Möglichkeit vor, den Vertreter von der Führung seiner Geschäfte zu entbinden. Folge dieser Entbindung ist u. a. der Anspruch des Vertreters auf einen Ausgleichsbetrag, aber auch seine Verpflichtung zur Rückgabe der ihm überlassenen Geschäftsunterlagen.

Schreiben vom 10.11.2000 (Anlage K 2) kündigte der Kläger diesen Vertrag ordentlich und fristgerecht zum 30.09.2001. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 09.01.01 die Kündigung, stellte den Kläger von der Führung seiner Geschäfte mit Wirkung vom 01.02.2001 frei und forderte ihn auf, die ihm überlassenen Geschäftsunterlagen an die Geschäftsstelle zurückzugeben.
Den Ausgleichsanspruch des Klägers hat die Beklagte für den Zeitraum von Februar 2001 bis September 2001 auf monatlich 18.000,– DM festgesetzt und bis einschließlich April 2001 an den Kläger ausbezahlt.

Am 25.04.2001 kündigte die Beklagte, den Vertrag mit dem Kläger aus wichtigem Grunde fristlos (Anlage K 4) und forderte diesen unter Fristsetzung zum 30.04.2001 auf, die Geschäftsunterlagen, insbesondere das Vertretungsschild, zurückzugeben bzw. zu entfernen. Gleichzeitig stellte die Beklagte auch die Zahlung des Ausgleichsbetrags ab Mai 2001 ein.

Die Beklagte begründete die fristlose Kündigung mit Verstößen gegen vertragliche Pflichten des Klägers. Dieser soll während der Sperrfrist Versicherungsverträge für – in unmittelbarem Wettbewerb mit der Beklagten stehenden – Dritten abgeschlossen und die ihm überlassenen Unterlagen sowie die Geschäftsschilder nicht zurückgegeben haben.

Den Schriftzug „[…] …“ an der Hauswand über seinen Geschäftsräumen in der […] hat der Kläger bis zum 18.06.2001 nicht entfernt. Auch ein Metallschild am Hauseingang, das den Hinweis enthielt, dass es sich um eine Versicherungsagentur der Beklagten handelt, war bis zu diesem Zeitpunkt dort angebracht. Beide Hinweise waren erst am 05.07.2001 nicht mehr vorhanden.

Der Kläger bestreitet gegen vertragliche Pflichten verstoßen zu haben, da er nach dem 01.02.2001 weder aktiv noch passiv für andere Versicherungen als Versicherungsvertreter tätig geworden sei. Er habe Kunden, die nach dem 01.02.2001 bei ihm vorstellig wurden, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er nicht mehr als Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig sei und unter Hinweis auf die Sperrfrist jede Vermittlungstätigkeit abgelehnt. Er habe nach Hinweis auf sein Tätigkeitsverbot lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass auch seine Ehefrau seit 15 Jahren ein Versicherungsbüro betreibe, und den vorstelligen Kunden vorgeschlagen sich auf Wunsch an diese zu wenden.

Ferner trägt der Kläger vor, er habe nach der Aufforderung vom 09.01.2001 sämtliche Geschäftsunterlagen zur Abholung durch die Beklagte bereitgestellt. Der Kläger behauptet weiter, erstmals am 22.05.2001 durch die Prozessbevollmächtigten der Beklagten aufgefordert worden zu sein, das Agenturschild und den Schriftzug an der Hauswand zu entfernen.

Der Kläger meint die fristlose Kündigung sei unbegründet. Außerdem sei das Verhältnismäßigkeitsgebot verletzt, da er vorher nicht abgemahnt wurde.

Der Kläger hat mit dieser Begründung zuletzt beantragt, festzustellen, dass der am 01.12.82 zwischen den Parteien geschlossene Vertretungsvertrag nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.04.2001 aufgelöst wurde, sondern bis zum 30.09.2001 fortbesteht
und
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 46.016,27 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des DOG vom 09.06.1998 aus € 18.406,51 seit 10.07.2001, sowie aus € 27.609,76 seit 10.10.2001 zu bezahlen

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen und widerklagend,
den Kläger zu verurteilen, der Beklagten Auskunft darüber zu erteilen, welche Versicherungsverträge er in der Zeit vom 01.02.2001 bis 18.06.2001 für dritte Versicherungen in den Räumlichkeiten […] angeboten, abgeschlossen und/oder vermittelt bzw. er beim Angebot, Abschluss und der Vermittlung solcher Verträge mitgewirkt hat, wobei die Auskunft sich erstrecken muss auf die Art der Versicherungsverträge, auf deren finanziellen Wert, darauf ob sie mit Allianzkunden und/oder Nicht Kunden abgeschlossen wurden sowie auf die dafür empfangene Provision

sowie festzustellen, dass der Widerbeklagte verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden zu ersetzen, der sich aus der erteilten Auskunft ergibt, und Zinsen darauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.09.2001 zu zahlen.

Der Kläger beantragt die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kläger sei seiner Verpflichtung zur Rückgabe der Geschäftsunterlagen nicht nachgekommen. Es bestehe insoweit eine Bringschuld. Die Beklagte habe ihn durch den Zeugen P. mehrmals dazu aufgefordert, die Geschäftsunterlagen zurückzugeben.

Die Beklagte behauptet weiter, der Zeuge B. habe am 04.04.2001 die Geschäftsräume des Klägers aufgesucht um eine KFZ Haftpflichtversicherung bei der Beklagten abzuschließen. Der Kläger habe ihm daraufhin einen Antrag der […] Versicherungen vorgelegt und ausfüllen lassen.

Die Beklagte behauptet ferner, dass auch der Zeuge D. eine KFZ Haftpflichtversicherung bei ihr über den Kläger abschließen wollte. Der Kläger habe ihm zwar offenbart, dass er nicht mehr für die Beklagte tätig sei, er aber für jede andere Versicherung Verträge anbieten könne. Daraufhin habe er dem Zeugen D. am 05.04.2001 eine Versicherungsdoppelkarte zugesandt. Die Beklagte behauptet, es handele sich bei dieser Unterschrift nicht um die echte, sondern um eine nachgemachte Unterschrift der Frau […].

In diesem Zusammenhang trägt die Beklagte weiter vor, die Ehefrau des Klägers betreibe überhaupt kein Versicherungsbüro. Des weiteren sei sie bei dem Gespräch mit dem Zeugen D. nicht zugegen gewesen.

Die Beklagte meint, die fristlose Kündigung sei wirksam. Eine vorherige Abmahnung wäre entbehrlich gewesen. Sie ist der Ansicht, die geltend gemachten Ansprüche würden sich zum einen aus der Vertragsverletzung selbst, aber auch aus §§ 1, 3 UWG, sowie aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 3 und § 15 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG ergeben.

Wegen des Parteivorbringens im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 25.10.2001, 06.12.2001 und 14.02.02 Bezug genommen.
Der Rechtsstreit wurde nach Verweisungsantrag der Beklagten an die zuständige Kammer für Handelssachen verwiesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch die Einvernahme der Zeugen G., P., B. und D.

Wegen der Einzelheiten hierzu und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird ebenfalls auf die Sitzungsniederschriften vom 06.12.2001 und vom 14.02.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die fristlose Kündigung der Beklagten berechtigt und wirksam war. Die Widerklage war begründet, da der Kläger in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise gegen seine Verpflichtungen aus dem Handelsvertretervertrag verstoßen hat.

(1) Die Klage ist unbegründet, da die außerordentliche Kündigung der Beklagten wirksam war, der Handelsvertretervertrag also am 25.04.2001 aufgelöst wurde.

Zwischen den Parteien bestand zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung ein wirksamer Vertretungsvertrag gemäß §§ 84 ff. HGB, dem die „Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Hauptberufliche Vertreter“ der Beklagten zugrunde lagen. Der Vertretungsvertrag wurde von den Parteien am 17.03.86 Vertragsbeginn 01.04.1986 geschlossen. Die ordentliche Kündigung des Klägers vom 10.11.2000 beendete das Vertragsverhältnis noch nicht, da sie erst zum 30.09.2001 wirksam geworden wäre. Der Kläger wurde insoweit durch die Beklagte von der Führung seiner Geschäfte gegen Ausgleich des Verdienstausfalls mit Wirkung vom 01.02.2001 bis zum Vertragsende freigestellt.

Auch ein ordentlich gekündigter Handelsvertretervertrag kann aus wichtigem Grunde noch außerordentlich gekündigt werden.

Eine wirksame Kündigungserklärung der Beklagten ist dem Kläger zugegangen (Anlage K4). Die Kündigung ist als außerordentliche eindeutig bezeichnet und bedurfte keiner Begründung.

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung lag vor.
Ein Kündigungsgrund ist wichtig genug zur außerordentlichen Kündigung, wenn er dem Kündigenden das Abwarten des Vertragsablaufs unzumutbar macht. Dazu müssen Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile dieses Abwarten unzumutbar ist. (Baumbach/Hopt, HBG, § 89 a Rn.6).

Der Kläger war zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung lediglich von der Führung seiner Geschäfte freigestellt. Er war jedoch während dieser Zeit weiter an die Bestimmungen des Vertretungsvertrag und die wirksam einbezogenen „Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Hauptberufliche Vertreter“ (Anlage K 1) der Beklagten gebunden.

Ziffer 4 der „Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Hauptberufliche Vertreter“ lautet:

„Der Vertreter darf während der Laufzeit dieses Vertretungsvertrages in den Versicherungszweigen, die die Gesellschaften führen, für andere Versicherungsunternehmen weder unmittelbar noch mittelbar tätig sein, in anderen Versicherungszweigen nur mit schriftlicher Zustimmung der Gesellschaft.“

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Kläger nachdem er von der Führung seiner Geschäfte freigestellt wurde und der Vertrag noch nicht durch die ordentliche Kündigung des Klägers beendet war, gegen diese Bestimmung der Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Hauptberufliche Vertreter verstoßen hat. Dies belegen die unabhängigen Aussagen der Zeugen B. und D., an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln die Kammer keinen Anlass hatte.

Der Zeuge B. hat in der Sitzung vom 06.12.2001 dargelegt, dass er sich an den Kläger, über den er schon mehrere Versicherungen bei der Beklagten abgeschlossen hatte, wandte, um eine Versicherungsdoppelkarte für eine KFZ Zulassung zu erhalten. Der Kläger habe den Zeugen B. zwar daraufhin aufgeklärt, dass er von der Beklagten von der Führung seiner Geschäfte freigestellt wurde, sich aber gleichzeitig erboten, dem Zeugen eine Versicherungsdoppelkarte eines anderen Unternehmens über seine Ehefrau zu besorgen.
Auch die Aussage des Zeugen D. belegt, dass der Kläger für andere Versicherungsgesellschaften tätig wurde.

Der Zeuge D. begab sich nach seinen Angaben im April 2001 in die Geschäftsräume des Klägers in der […], um sich eine Versicherungsdoppelkarte zu besorgen; dabei habe er zur […] gewollt.

Der Kläger habe ihm mitgeteilt, dass er nicht mehr bei der Beklagten, sondern jetzt als freier Makler tätig sei. Er habe dem Zeugen daraufhin die Versicherung eines Konkurrenzunternehmens angeboten und ihm dann auch eine Doppelkarte übersandt oder mitgegeben.

Aufgrund dieser Aussagen steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger in zwei Fällen während der Laufzeit des Vertretervertrages für konkurrierende Unternehmen der Beklagten tätig geworden ist; ob er hierbei ein Handeln für seine Frau bzw. deren Agentur behauptet hat ist ohne Bedeutung, da er in beiden Fällen unmittelbar selbst für Konkurrenzunternehmen der Beklagten tätig geworden ist.

Zwar ist aus rechtlicher Sicht festzustellen, dass der Umstand, dass unter Ziffer 803 der allgemeinen Vertragsbestimmungen ein Verstoß des Vertreters gegen Ziffer 4 als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung genannt ist, für die Annahme eines solchen Grundes nicht ausreicht.

Die Unzumutbarkeit des Abwartens ergibt sich vorliegend jedoch aus der Tatsache, dass der Kläger von der Führung seiner Geschäfte freigestellt wurde, um die Beklagte vor der Mitnahme von Kunden durch den Handelsvertreter zu schützen. Zur Erreichung dieses Schutzes hat die Beklagte auch dem Kläger seinen Verdienstausfall für diese Zeit ersetzt.

Der Kläger hat jedoch durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte nunmehr damit rechnen musste, dass ihr Kunden durch das vertragswidrige Verhalten des Klägers verloren gehen.
Auch hat der Kläger gegen Ziffer 8200 und Ziffer 8201 der „Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Hauptberufliche Vertreter“ verstoßen, da er die Geschäftsunterlagen nicht zurückgegeben und die Vertretungsschilder nicht entfernt, bzw. herausgegeben hat.
Der Zeuge P. hat insoweit ebenfalls glaubhaft dargelegt, dass der Kläger bereits mit Schreiben vom 09.01.2001 (Anlage K 3) aufgefordert worden sei, die Geschäftsunterlagen zurückzugeben; am 01.03.2001 habe der Zeuge P. den Kläger erneut telefonisch aufgefordert, die Agenturschilder und die Aufschrift auf der Fassade zu entfernen.

Auch am 25.04.2001 wurde der Kläger zugleich mit der außerordentlichen Kündigung erneut unter Fristsetzung aufgefordert die Geschäftsunterlagen, insbesondere das Vertretungsschild herauszugeben.

Die Schilder befanden sich jedoch unstreitig mindestens bis zum 18.06.2001 an dem Geschäftsgebäude in der […].

Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass es sich bei der Rückgabeverpflichtung um eine Holschuld der Beklagten handelt, kann die Kammer diese Ansicht nicht teilen. Aus dem eindeutigen Wortlaut – „zurückzugeben“ – der Bestimmung ergibt sich vielmehr, dass es sich um eine Bringschuld des Klägers handelt.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht verletzt. Eine vorherige Abmahnung war entbehrlich, da es sich hier um ein schwerwiegende Vertragsverletzungen handelt. Bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen ist eine Abmahnung entbehrlich. Der vorsätzliche, zweifache Verstoß gegen eine vertragliche Wettbewerbsklausel ist schwerwiegend.

Auch die lange Beschäftigungsdauer des Klägers von 19 Jahren ist nicht geeignet bei schweren Verstößen wie diesen eine vorherige Abmahnung zu fordern. Des weiteren war die vorherige Abmahnung des Klägers auch entbehrlich, da sie keinen Erfolg versprochen hätte. Der Kläger brachte durch Missachtung der Aufforderungen die Geschäftsunterlagen zurückzugeben bereits zum Ausdruck, dass er nicht gewillt war sein Verhalten zu ändern. Eine Abmahnung hätte ebenso, wie die vorangegangenen Aufforderungen ihre Wirkung verfehlt.

(2) Der Beklagten steht der geltend gemachte Auskunfts und Schadensersatzanspruch aus §§ 1, 3 UWG bzw. Gewohnheitsrecht zu, da der Kläger im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über seine geschäftlichen Beziehungen zu der Beklagten getäuscht hat und deren guten Ruf zu eigennützigen Zwecken ausgebeutet hat.

Handlungen i. S. d. § 1 UWG können auch in Form von Unterlassungen vorliegen. Damit fällt auch das „Nichtentfernen“ der Hinweise auf die Beklagte unter dieses Vorschrift.

Der Kläger hat die Schilder bewusst zu Zwecken des Wettbewerbs nicht entfernt, da er damit Kunden, die eigentlich Versicherungen bei der Beklagten abschließen wollten angelockt hat, um ihnen dann Versicherungen von unmittelbaren Mitbewerbern der Beklagten anzubieten.

Der Zeuge D. hat insoweit bekundet, die Geschäftsräume in der […] aufgesucht zu haben, da er eine Versicherung bei der Beklagten abschließen wollte. Zu diesem Zweck begab er sich auch dorthin. Er betrat die Geschäftsräume des Klägers in dem Bewusstsein es handele sich immer noch um eine Vertretung der Beklagten. Erst im persönlichen Gespräch mit dem Kläger wurde ihm eröffnet, dass dieser nicht mehr für die Beklagte tätig ist. Der Kläger nutzte jedoch die Gelegenheit ihm mitzuteilen, dass er jetzt freier Makler sei und machte ihm ein Angebot zum Abschluss einer Versicherung eines unmittelbaren Wettbewerbers der Beklagten.

Dieses Verhalten verstößt gegen die guten Sitten im Wettbewerb. Der Begriff der guten Sitten beurteilt sich nach den maßgeblichen Regelungen des jeweiligen Gewerbezweiges. So sind vorliegend unter anderem die Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft maßgeblich. Der Kläger hat durch sein Verhalten gegen Nr. 56 dieser Richtlinien verstoßen, indem er durch unlautere Mittel, nämlich der Nichtentfernung der Vertretungsschilder in fremde Versicherungsbestände von Sach , […] und Rechtsschutzversicherungen eingedrungen ist.

Der Auskunfts und Schadensersatzanspruch erstreckt sich auf die Zeit vom 01.02.2001 bis 18.06.2001, also den Zeitraum ab Freistellung von den Geschäften bis zur Entfernung der Schilder an dem Geschäftsgebäude in der […].

(3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 911 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Schlagwörter
wichtiger Grund (12) Rückgabe von Geschäftsunterlagen (1) Erfüllungsort (2) Demontage der Signalisation (1) Aufforderung zur Entfernung der Hinweisschilder (1) Allianz V (1)