Honorarberatung des Versicherungsmaklers; Vermittlungsgebührenvereinbarung des Versicherungsmaklers; Schicksalteilungsgrundsatz

3 U 4515/00 Urteil verkündet am 27. März 2001 OLG Nürnberg Versicherungsmaklerrecht

Oberlandesgericht Nürnberg
Im Namen des Volkes
Urteil

In Sachen
[…]
wegen Forderung
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg […] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2001 für Recht erkannt:

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 28. November 2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Beklagte ist mit 14.705,20 DM beschwert.
Beschluss:
Der Berufungsstreitwert beträgt 14.705,20 DM.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 28.11.2000 ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gemäß § 652 BGB i. V. m. Nr. 2, 3 der Vermittlungsgebühren Vereinbarung der Parteien vom 31.03.1998 sowie § 3 Nr. 1 der Allgemeinen Bedingungen zu dieser Vereinbarung zu.
Die Klägerin hat als Handelsmakler den Abschluss der „[…]“ zwischen dem Beklagten und der „[…]“ in Luxemburg vermittelt. Bei dieser Fondspolice handelt es sich um eine Lebensversicherung und nicht wie der Beklagte meint lediglich um einen hoch riskanten Investmentratenzahlungsvertrag. Es liegt eine fondsgebundene Lebensversicherung vor, wie sie nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin inzwischen von ca. 45 in Deutschland tätigen Versicherungsgesellschaften angeboten wird. Nach der streitgegenständlichen Fondspolice kommt beim Todesfall der jeweils höhere Betrag entweder aus der Basisleistung oder dem Policenwert zur Auszahlung. Wie sich beide Werte ermitteln, lässt sich dem Versicherungsschein nebst den ihm beigefügten Versicherungsbedingungen für den […] Plan und dem Eintrag zur „[…]“ entnehmen, auf die der Versicherungsschein Bezug nimmt. Die vom Beklagten behauptete Divergenz zwischen Antrag und Versicherungsschein liegt somit nicht vor.
Garantiert ist entsprechend einer Lebensversicherung vorliegend beim Todesfall zumindest die Zahlung der Basisleistung. Sie beträgt entsprechend der gewählten Vertragsform 60 % der Vertragssumme von 231.795,36 DM, also 139.077,21 DM. Nicht dagegen garantiert ist der gegebenenfalls höhere Policenwert. Dass dieser Policenwert von der Entwicklung der gewählten Anlagestrategie der […] abhängt, ist in den allgemeinen Versicherungsbedingungen hinreichend dargestellt (vgl. § 1 dieser Bedingungen). Dass es sich hierbei nicht um ein unseriöses, auf Risikoabwälzung auf den Versicherungsnehmer bedachtes Anlagegeschäft handelt, zeigt die von der Klägerin vorgelegte Zusammenstellung über die Entwicklung von 18 beispielhaft aufgeführten Fondspolicen, die von durchweg namhaften Versicherungsgesellschaften aufgelegt worden sind. Danach hat die von der Klägerin zumindest 1996 vermittelte Anlagestrategie der […] das zweitbeste Renditeergebnis erzielt.
Mit Annahme des Versicherungsantrages durch die […] und die Zahlung der ersten Versicherungsprämie ist der Vertrag wirksam geworden. Damit hat die Klägerin die in der Vermittlungsgebühren Vereinbarung geregelten Gebühren verdient. Auf sie hat der Beklagte lediglich 3 Raten bezahlt. Soweit er zwei weitere Zahlungen behauptet hat, wurde von der Klägerin nachgewiesen, dass diese über Lastschriften erfolgten, nach erklärtem Widerspruch aber zurück gebucht worden sind.
Die gegen den klägerischen Anspruch vorgebrachten Einwände kommen insgesamt nicht zum Tragen. Rechtlicher Ausgangspunkt ist § 652 BGB. Danach ist der „Mäklerlohn“ verdient, wenn der Vertrag in Folge der Vermittlung des Mäklers zustande gekommen ist. Die Durchführung des vermittelten Vertrages hat nach allgemeiner Auffassung auf den Vergütungsanspruch keinen Einfluss mehr. Er entfällt also nicht, wenn der vermittelte Vertrag etwa wegen vorzeitiger Kündigung oder einer einvernehmlichen Aufhebung nicht in der ursprünglich vorgesehenen Weise abgewickelt wird (Allgemeine Meinung; vgl. etwa Palandt/Sprau, 60. Aufl., § 652, Rd. 32 ff.). Nur ausnahmsweise entsteht kein Vergütungsanspruch bzw. fällt weg, wenn etwa der vermittelte Vertrag wegen Abschlussmängeln von Anfang an bzw. rückwirkend nichtig ist oder ein vertraglich vereinbartes, zeitlich befristetes, an keine weiteren Voraussetzungen gebundenes Rücktrittsrecht ausgeübt wird (vgl. BGH NJW RR 93, 248). Eine derartige Ausnahme liegt nicht vor.
Die Vergütungsvereinbarung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 138 DGB sittenwidrig, also von Anfang an unwirksam. Der Einwand des Beklagten, dass eine sittenwidrig hohe Prämie vereinbart worden sei, ist nicht berechtigt. Die Höhe der Prämie ist in Relation zu setzen zur Beitragssumme für die gesamte Vertragslaufzeit und nicht etwa zu den für die ersten drei Jahre geschuldeten Versicherungsprämien. Dabei ist entsprechend den Gepflogenheiten bei Lebensversicherungen, nach denen in der Regel für den Abschluss eines Vertrages eine einmalige Courtage zu zahlen ist (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Auflage, Anhang zu §§ 43 48, Rd. 39; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 30. Auflage, § 92, Rd. 9) auf den Barzahlungspreis abzustellen. Nach dieser Relation beträgt die vereinbarte Provision 6,88 %.
Soweit der Beklagte vorträgt, dass sich für die Vermittlung von Lebensversicherungen die Provision üblicherweise im Bereich zwischen 1 und 2,5 % bewegt, bezieht sich dies entsprechend seiner sonstigen Argumentation auf Bruttopolicen. Eine solche Police zeichnet sich dadurch aus, dass der Versicherungsnehmer eine einheitliche Prämie an den Versicherungsgeber zu zahlen hat, von der dieser die von ihm mit dem Makler vereinbarte Provision an diesen abführt. Bei dieser Vertragsgestaltung kennt der Versicherungsnehmer die tatsächlich dem Versicherungsvermittler zufließende Provision nicht; sie tangiert auch nicht seine Zahlungsverpflichtungen. Bei der vorliegenden Vertragsgestaltung schuldet dagegen der Versicherungsgeber dem Versicherungsmakler keine Provision bzw. Courtage. Sie ist also nicht in die Versicherungsprämie eingerechnet. Die Provision zahlt vielmehr der Versicherungsnehmer direkt an den Vermittler aufgrund einer mit ihm getroffenen Vereinbarung, die die Prämienhöhe benennt. Da die Versicherungsprämie also keine abzuführenden Provisionsanteile enthält, handelt sich, um eine sogenannte Nettopolice. Für derartige Policen hat die Klägerin detailliert vorgetragen, dass sie entsprechend einem für 1999 vom Bundesamt für das Versicherungswesen veröffentlichten Bericht bis zu 11,25 betragen könne. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Des von ihm zur Frage der Angemessenheit der Provisionshöhe angemessenen Sachverständigengutachtens bedurfte es somit nicht. Für die Annahme einer sittenwidrig überhöhten Prämie bleibt also kein Raum.
Dem klägerischen Anspruch steht auch nicht der sogenannte Schicksalteilungsgrundsatz entgegen. Abgeleitet aus § 92 Abs. 4 HGB besagt er, dass eine Maklerprovision nicht geschuldet wird, sofern der Versicherungsnehmer keine Prämie bezahlt bzw. bezahlen muss. Unabhängig davon, dass von § 92 Abs. 4 HGB abweichende Vereinbarungen getroffen werden können (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O.), wurde dieser Schicksalteilungsgrundsatz für das Verhältnis zwischen der Versicherungsgesellschaft und dem Makler entwickelt. Dort hat er seine Berechtigung, da einer Versicherungsgesellschaft nicht abverlangt werden soll, Provisionen aus Versicherungsprämien an den Makler abzuführen, die sie ihrerseits überhaupt nicht erhalten hat. Er ist nicht anwendbar auf das Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem von ihm beauftragten und für ihn tätig gewordenen Makler. Aus diesem Grunde sind auch die vom Beklagten zum Beleg für die Richtigkeit seiner Auffassung von ihm zitierten Entscheidungen zum Schicksalteilungsgrundsatz nicht einschlägig. Für das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien verbleibt es bei dem gesetzlichen Ausgangspunkt der Regelung durch § 652 BGB. Damit gehen auch die Einwände des Beklagten ins Leere, wonach die – vorformulierte – Gebührenvereinbarung gegen § 9 AGBG verstoße. Sie enthält weder eine unangemessene Benachteiligung noch steht sie in Widerspruch zu wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen würde, sie steht vielmehr in Einklang mit § 652 BGB und erweitert dabei die Rechte des Auftraggebers insofern, als anders als bei § 652 BGB die Vermittlungsgebührenansprüche auch bei einem Rücktritt vom vermittelten Vertrag wegfallen. Auf einen Bezug zu § 92 Abs. 4 HGB kann dagegen nicht abgestellt werden. Diese Vorschrift bezieht sich auf das Handelsvertreter Recht. Die Klägerin ist jedoch nicht als Handelsvertreter, für den Versicherungsgeber tätig geworden, sie ist vielmehr Handelsmakler im Sinne von § 93 Abs. 1 HGB. In den für Handelsmakler geltenden Vorschriften der §§ 93 ff. HGB fehlt eine dem § 92 Abs. 4 HGB entsprechende Regelung. Daraus folgt, dass es für Handelsmakler im Sinne von § 93 Abs. 1 HGB bei der grundlegenden Regelung des § 652 BGB verbleibt. Mit ihr aber stehen wie ausgeführt Nr. 2, 3 der Gebührenvereinbarung im Einklang.
Entsprechend § 3 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen zur Gebührenvereinbarung war die Klägerin wegen des Zahlungsverzugs des Beklagten berechtigt, die noch offenstehenden Vermittlungsgebühren aus den 3 Jahren fällig zu stellen. Der Nachteil, der einem Schuldner dadurch entsteht, dass er anstelle von über eine Laufzeit zu verteilenden Raten den offenstehenden Restbetrag sofort zu zahlen hat, muss ihm durch eine Abzinsung ausgeglichen werden (vgl. BGH NJW 01, 1137 f.). Eine entsprechende Regelung sieht z. B. § 12 Abs. 2 VerbrKrG vor. Dem entsprach die Erklärung der Klägerin über die Berechnung ihrer Restforderung im Termin vom 07.11.2000. Damit war aber keine Äußerung dahingehend gemeint, dass für das streitige Rechtsverhältnis etwa das Verbraucherkreditgesetz insgesamt zur Anwendung kommen müsste, was tatsächlich auch nicht der Fall ist.
Die abgezinste Restschuld ergibt sich nach der vertraglichen Vereinbarung aus einem effektiven Jahreszins von 9,2 % (zur Berechnung vergleiche etwa Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 22. Aufl., Anlage I; Krüger Knief, Juristenjahrbuch 1999, Nr. 29, Deutscher Sparkassen Verlag). Dieser Jahreszins von 9,2 % ist nicht zu beanstanden. Er entspricht den gerichtsbekannten, damaligen Marktverhältnissen, wie sie sich auch aus dem statistischen Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 1998 ergeben.
Zu Unrecht erhebt schließlich der Beklagte den Einwand, dass die Gebührenvereinbarung und der Versicherungsvertrag – zusammen mit dem Zahlungsverkehr Treuhandauftrag – eine Einheit bilden würden mit der Folge, dass durch die Beendigung des Versicherungsvertrages auch die Zahlungsverpflichtung aus der Gebührenvereinbarung wegfallen würde. Eine solche Einheit kann nicht daraus abgeleitet werden, dass auf der Titelseite des für die „[…]“ verwendeten Formulars der Aufdruck „vermittelt durch: VMS (= Klägerin) …“ enthalten ist. Dadurch wird keine Einheit der Verträge geschaffen. Ihre rechtlich selbständige Bewertung steht vielmehr im Einklang mit dem Maklerrecht gemäß §§ 652 ff. BGB, das – wie dargelegt – nach dem Zustandekommen des vermittelten Vertrages davon ausgeht, dass die (Fort ) Geltung der jeweiligen Verträge unabhängig voneinander zu beurteilen ist.
Erstmals mit am gleichen Tage bei Gericht und dem Klägervertreter eingegangenem Schriftsatz vom 26.03.2001, also am Vortage der mündlichen Verhandlung, hat der Beklagte die geltend gemachte Zinshöhe bestritten. Demgegenüber hatte die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 21.08.2000 vorgetragen, die Klageforderung übersteigenden Bankkredit in Anspruch zu nehmen, für den sie die geltend gemachten Zinsen aufwenden müsse. Hierfür hatte sie Beweis angeboten. Das nunmehrige Bestreiten der Zinshöhe ist daher als verspätet zurückzuweisen. Die Berufung erweist sich somit insgesamt als unbegründet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 BGB. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, da die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 546 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.

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