Buchauszug; Abgrenzung: Versicherungsmakler – Versicherungsvertreter

404 O 155/01 Urteil verkündet am 20. Dezember 2002 LG Hamburg Versicherungsmaklerrecht

Landgericht Hamburg
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

I. Die Widerklage wird hinsichtlich des Buchauszugsantrages und des zur Bucheinsicht abgewiesen.

II. Auf Widerklage hin wird festgestellt, dass der Beklagten im Vertragsverhältnis mit der Klägerin der Status einer selbständigen Versicherungsmaklerin zu kommt und auch bereits während ihrer Zusammenarbeit zugekommen ist und dass die Beklagte insoweit nicht Versicherungsvertreterin für die Klägerin ist oder war.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

Die Parteien sind Versicherungsmakler. Die Klägerin ist für ein besonderes Vermögensschadenshaftpflichtprogramm, welches die Absicherung von durch Versicherungsvermittler, Finanzdienstleister und andere Vermittlergruppen verursachte Vermögensschäden abdeckt ([…] Programm), ausschließlich autorisierte Zeichnungsstelle (Coverholder) des Versicherers […] London in Deutschland, Anlage K 13. Die Beklagte hat in der Vergangenheit auf dem Gebiet der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Versicherungsvermittler und Finanzdienstleister eine Marktstellung etabliert. Bereits seit 1998 bestand zwischen den Parteien eine kooperative Zusammenarbeit in der Form, dass die Beklagte das […] Programm der Klägerin am Markt bewarb und diesbezüglich Versicherungsverträge an sie vermittelte. Die Klägerin erreichte eine Reihe von Abschlüssen entsprechender Versicherungen. Die Versicherungsverträge liefen auf bestimmte Zeit und verlängerten sich nach Ablauf nicht automatisch. Die Beklagte akquirierte die Versicherungsnehmer unabhängig und ganz überwiegend auf eigene Kosten und Rechnung, wobei die Werbeaktion für das […] Programm ca. DM 300.000,– kostete.

Im Laufe der Zeit, Mitte 1998 bis Ende 1999, versuchten die Parteien, die Rechte und Pflichten aus der Zusammenarbeit im Rahmen eines schriftlichen Vertrages zu fixieren, welcher auch einen Aufgabenkatalog für die Beklagte enthielt und diese u. a. zum Prämieninkasso verpflichtete. Zum Vertragsabschluss kam es letztlich nicht. Trotz dieses Umstandes setzten die Parteien die Zusammenarbeit fort, wobei die Beklagte manche der im Aufgabenkatalog erwähnten Tätigkeiten tatsächlich durchführte.

Mit Schreiben vom 16. August 2000 teilte die Beklagte der Klägerin ihre Ansicht mit, im Rahmen der bestehenden Kooperation nicht als Versicherungsvertreter bzw. als Unteragent, sondern als selbständiger Versicherungsmakler zu agieren, mit der Folge, dass die akquirierten Kunden der Beklagten zuständen.

Hierauf mahnte die Klägerin die Beklagte ab; letztere widersprach der Abmahnung. Im Nachgang beharrte die Beklagte auf ihrer Maklerstellung, räumte jedoch mit Schreiben vom 12. April 2001 ein, eine Vielzahl der im Aufgabenkatalog erwähnten Tätigkeiten tatsächlich durchzuführen.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2001, Anlage K 1, kündigte die Klägerin die Vertragsbeziehung fristlos, hilfsweise fristgerecht mit der Begründung, ein Festhalten an der Vertragsdurchführung sei nicht mehr zumutbar, da sich die Beklagte einer Maklerstellung berühmte und Anspruch auf den Kundenstamm erhebe, zudem würde sie die gestellten Anforderungen nicht erfüllen. Mit diesem Kündigungsschreiben, welches der Antragsgegnerin am 25. Mai 2001 zuging, forderte die Klägerin die Beklagte auf, die bis zum 1. Juni 2001 vereinnahmten Gelder an sie, die Klägerin, abzuführen.

Für Mai 2001 hat die Beklagte von dem Versicherungsnehmern Prämien von DM 67.897,60 erhalten. Hiervon überwies diese im Juli 2001 DM 13.487,07 an die Klägerin. Diese hat Auskehrung des weiteren Betrages nebst Erstattung ihrer Rechtsanwaltskosten begehrt.

Die Beklagte ist, abzüglich eines für erledigten Teils des Klagantrages, durch Teil Urteil dieser Kammer vom 13. Februar 2002 zur Zahlung verurteilt worden. Mit Rücknahme der Berufung zu 6 U 99/02 HOLG ist dieses Teil Urteil rechtskräftig.

Die Beklagte beantragt widerklagend im Wege der Stufenklage,

die Klägerin zu verurteilen, ihr gegenüber vollständige Abrechnung mittels eines qualifizierten Buchauszuges zu erteilen, über die ursprünglich von der Beklagten vermittelten und bislang unverprovisioniert gebliebenen Versicherungsverträge, die die Klägerin in ihrem Kundenbestand führt; für den Fall der Verweigerung der Abrechnung oder des Buchauszuges, dem Geschäftsführer der Beklagten oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden insoweit zu gewähren, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist;

die Klägerin sodann zu verurteilen, die ermittelten fälligen Provisionen an die Beklagte zu zahlen unter Abzug des Betrages von DM 54.410,53 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz Überleitungsgesetzes vom 9. Juli 1998 seit der Fälligkeit der Provisionsansprüche aufgrund der erteilten Auskunft des Antrages zu 2.; festzustellen, dass der Beklagten und Widerklägerin der Status einer selbständigen Versicherungsmaklerin zukommt und auch bereits während der Zusammenarbeit mit der Klägerin und Widerbeklagten zukam, diese mithin nicht Versicherungsvertreterin ist bzw. war.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Zwischen den Parteien sei vereinbart, daß die von ihr akquirierten Versicherungsverhältnisse zu ihren Gunsten courtagepflichtig abgerechnet würden. Vor der Zusammenarbeit gegenüber dem Versicherer […] London sei gemeinsam mit der […] Versicherung ein besonderes Versicherungskonzept für Versicherungsvermittler vereinbart gewesen. Die Versicherungsprodukte seien über die Klägerin bei der […] Versicherung plaziert. Akquiriert seien die Versicherungsverhältnisse von der Beklagten.

Bis zum 15. Juni 1999 sei auch das Prämieninkasso durch sie erfolgt. Die Versicherungsprämien seien zur Weiterleitung an die Klägerin gezahlt, wobei die hierbei vereinbarte 10 %-ige Courtage einbehalten worden sei. Berechnungsgrundlage für die Höhe der Courtage sei die von den Versicherungsnehmern zu zahlende Jahres Nettoprämie.

Im April 1999 habe es eine Umstellung der Beitragszahlungen von den Versicherungsnehmern (unmittelbar) an die Versicherungsgesellschaft gegeben. Der Versicherer habe unmittelbar die Versicherungsprämie erhalten und habe die dem Makler zustehende Courtage mittels Provisionsabrechnung ausgewiesen. Diese Abrechnungen seien an die Klägerin übersandt worden. Gemäß der getroffenen Vereinbarung vom 25. März 1997, Anlage B 6, mit der Klägerin hätte sie einen 12 %-igen Anteil dieser erhaltenen Courtagen gegenüber der Beklagten abrechnen und auskehren müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Der Gesamtumfang der von der Beklagten vermittelten Versicherungsverhältnisse gegenüber der […] Versicherung habe pro Jahr ca. DM 100.000,– Jahres Nettoprämie betragen. Hierzu trägt die Beklagte im einzelnen vor.

Die Beklagte meint, dass ihr auch als Handelsmaklerin analog § 87 HGB Auskunfts- und Informationsrechte zustünden. Die bisherigen Abrechnungen der Klägerin seien keineswegs ordnungsgemäß gewesen. Allein aus ihren, der Beklagten, Provisionskontrollblättern, Anlagenkonvolut B 12, sei zu ersehen, dass ihr allein schon € 44.096,75, aktuell sogar € 54.964,58 an Provisionen zustünden. Ihr stünden auch Folgecourtageansprüche zu. Schließlich habe zwischen den Parteien ein dauerndes Vertragsverhältnis bestanden, kraft dessen die Beklagte für die von ihr vermittelten und betreuten Versicherungsverträge eine laufende Provision von 15 % des Netto Prämiensatzes erhalte. Da die Klägerin immer wieder bezweifele, dass sie, die Beklagte, Versicherungsmaklerin sei, sei die Zwischenfeststellungsklage zulässig und im übrigen auch begründet.

Die Klägerin meint, dass die Zwischenfeststellungsklage unzulässig, im übrigen unbegründet sei, da die Beklagte Versicherungsvertreterin sei. Eine Maklerfolgecourtage bis in alle Ewigkeit stehe der Beklagten nicht zu.

Für das nähere Parteivorbringen wird auf die in mündlicher Verhandlung vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Die Zwischenfeststellungswiderklage ist im Sinne des § 256 ZPO zulässig, da die Parteien aus den unterschiedlichen rechtlichen Qualifizierungen ihres Rechtsverhältnisses konträre Ansprüche ableiten.

2. Der Feststellungsantrag ist begründet. Die Beklagte ist im konkreten Vertragsverhältnis zu der Klägerin Versicherungsmaklerin und nicht bloß (Unter)Versicherungsvertreterin. Die Beklagte betreut bestimmte Versicherungsnehmer in den bestehenden Vertragsverhältnissen allein oder zusammen mit der Klägerin. Dies ergibt sich und das ist eine typische Maklertätigkeit aus den beiderseits entwickelten besonderen Versicherungskonzepten für die Kollegen. Eine derartige fortentwickelte Zusammenarbeit der Parteien ist, wie die selbst fachkundig besetzte Kammer beurteilen kann, eine Makleraufgabe. So hat die Beklagte in dieser Zusammenarbeit auch einverständlich die Inkassotätigkeit ausgeführt, was heutzutage kein Versicherungsvertreter mehr macht. So hat sich weiter die hiesige Beklagte nicht nur gegenüber ihren Kunden als Maklerin „geriert“, sondern sie ist diesen gegenüber auch berechtigterweise als Versicherungsmaklerin gegenübergetreten, Urt. 407 O 100/01 v. 03.08.2001, S. 5. Ein weiteres Indiz für die Kammer ist, dass auch die Klägerin angesichts des gemeinsamen Konzeptes ursprünglich von einer Provisionsteilung 50/50 im Fax vom 21. Juni 1995, Anlagenkonvolut B 7, ausgegangen ist, eine übliche Vorgehensweise unter Maklern.

3. Nach vorstehenden Ausführungen steht der Beklagten ein Buchauszug nicht zu, da es einen solchen nur bei Handelsvertretern gibt gemäß §§ 92 Abs. 2, 87 c Abs. 2 HGB. Dieser dort selbständig in Abs. 2 geregelte Anspruch ist weitergehend und zusätzlich zu dem bloßen Abrechnungsanspruch aus Abs. 1 und kann nicht auf andere Rechtsverhältnisse ausgedehnt werden. Die Beklagte kann sich nicht immer nur die aus der jeweiligen Vertragstype die genehmen Punkte heraussuchen. Da es für einen Makler keinen Buchauszug gibt, gibt es dazu auch nicht einen darauf bezüglichen Bucheinsichtsanspruch.

4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

5. Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es noch nicht, da es bislang nichts zu vollstrecken gibt.

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