Inhalt eines Buchauszugs; kein Ausschluss durch Hinnahme von Provisions­abrechnungen oder wegen erheblichen Aufwands für Unternehmer

23 U 3521/15 Urteil verkündet am 14. Juli 2016 OLG München Provisionsabrechnung, Buchauszug und Bucheinsicht, Versicherungsvertretervertrag

Oberlandesgericht München
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 28.07.2015, 1 HK O 882/14, dahingehend abgeändert,

1. dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin einen Buchauszug über sämtliche im Zeitraum zwischen dem 01.06.2008 und dem 18.12.2013 von der Klägerin vermittelten Geschäfte zu erteilen,

2. dass der Buchauszug bei Dynamisierung des Vertrages nur soweit der Vertrag ab dem 01.07.2012 vermittelt wurde Angaben zu

– Erhöhung der Jahresprämie

– Wertungssumme des Erhöhungsgeschäfts

– Anpassungszeitraum

– Steigerungssatz

– ggf. Aussetzungszeiträume

zu enthalten hat,

3. dass Ziffer I 13 aufgehoben wird

4. und die Klage insoweit abgewiesen wird.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Von den Kosten Rechtsstreits tragen die Klägerin 15% und die Beklagte 85%.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

1 I. Die Klägerin war für die Beklagte bis zum 18.12.2013 als Handelsvertreterin tätig und begehrt einen Buchauszug.

2 Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben.

3 Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die die Einrede der Verjährung erhebt und insbesondere rügt, der Anspruch sei jedenfalls nach § 242 BGB verwirkt. Das Landgericht habe verkannt, dass der Anspruch erfüllt sei. Der ausgeurteilte Umfang des Buchauszugsanspruchs sei sehr viel weiter, als es für die tatsächliche Berechnung bzw. Überprüfung der Provision erforderlich sei.

4 Die Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 28.07.2015, Az. 1 HK O 882/14, wird die Klage abgewiesen.

5 Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

6 Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

7 Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

8 II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur zum Teil Erfolg.

9 Die Klägerin hat nach § 87c Abs. 2 HGB Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs, allerdings erst ab 01.06.2008 und in geringerem Umfang als vom Landgericht ausgeurteilt.

10 1. Die Klägerin war unstreitig Handelsvertreterin der Beklagten. Sie kann daher gemäß § 87c HGB Buchauszug für die Geschäfte verlangen, für die ihr nach § 87 HGB Provision gebührt.

11 1.1. Nach den Feststellungen des Landgerichts im unstreitigen Tatbestand, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, wurde die Klägerin mit Vertrag vom 7.5./9.5.2008 beauftragt, für die Beklagte als Handelsvertreterin Versicherungs- und Finanzprodukte zu vertreiben. Vertragsbeginn ist nach den Feststellungen des Landgerichts und ausweislich des als Anlage K 1 (2) vorgelegten Vertrages der 01.06.2008. Darauf wurde mit Verfügung vom 22.12.2015 hingewiesen. Anspruch auf Buchauszug hat die Klägerin daher nur hinsichtlich der ab diesem Zeitpunkt vermittelten Geschäfte. Hinsichtlich des Zeitraum 01.06.2007 bis 31.05.2008 hat die Berufung somit Erfolg.

12 1.2. Der einem Handelsvertreter zustehende Buchauszug muss nur die Angaben enthalten, die nach der zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter geschlossenen Vereinbarung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provision von Bedeutung sind.

13 1.2.1. Soweit die Beklagte rügt, es seien keine Bestandspflegeprovisionen vereinbart, tut sie dies unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (s.u. Ziffer 2). Sie bezieht sich dabei nicht auf eine bestimmte Ziffer des angegriffenen Urteils. Auf den Hinweis gemäß § 139 ZPO in der Verfügung vom 07.04.2016 (Bl. 135 d. A.), der Rüge der Berufungsführerin, das Landgericht differenziere nicht zwischen den Informationen, die die Klägerin angeblich in Bezug auf Dynamikprovisionen, Bestandsprovisionen und Abschlussprovisionen benötige, lasse sich nicht entnehmen, auf welche Ziffer des angegriffenen Urteils sie sich beziehe, hat die Beklagte bezüglich Bestandspflegeprovisionen nichts vorgetragen. Verurteilt wurde die Beklagte auch nur zur Erteilung eines Buchauszugs über die von der Klägerin vermittelten Geschäfte.

14 1.2.2. Hinsichtlich Ziffer I 12 des angegriffenen Urteils hat die Berufung nur zum Teil Erfolg.

15 Unstreitig wurden Dynamikprovisionen für ab dem 01.07.2012 vermittelte Versicherungsverträge vereinbart (Seite 5 der Berufungsbegründung, Bl. 95 d. A.). Für ab diesem Zeitpunkt vermittelte Verträge mit Dynamisierung hat die Berufung keinen Erfolg.

16 Soweit die Klägerin für den Zeitraum davor im Rahmen des Buchauszuges Angaben zur Erhöhung der Jahresprämie, zur Wertungssumme des Erhöhungsgeschäfts, zum Anpassungszeitraum und zum Steigerungssatz verlangt, müsste sie – worauf sie mit Verfügung 07.04.2016 hingewiesen wurde – darlegen, woraus sich der Anspruch auf Dynamikprovisionen ergeben soll. Sie hat dazu lediglich ausgeführt, die „Wertungssumme“ erhöhe sich aufgrund der vereinbarten Dynamik im Jahr der Anpassung; der Anspruch der Klägerin auf Vergütung einer entsprechenden Dynamikprovision sei nichts anderes als ein auflösend bedingter Anspruch auf Bezahlung der Abschlussprovision (Seite 2 des Schriftsatzes vom 11.05.2016, Bl. 146 d. A.). Ohne Erfolg beruft sie sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des OLG Köln vom 01.08.2003. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatten die Parteien einen Provisionsanspruch für dynamische Erhöhungen von Lebensversicherungsverträgen explizit vereinbart (OLG Köln, Urteil vom 01.08.2003, 19 U 39/032, juris Tz. 16 f.). Eine entsprechende Regelung wird von der Klägerin nicht darlegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Eine „Dynamikprovision“ oder „Dynamisierung“ wird in dem streitgegenständlichen Handelsvertretervertrag nicht ausdrücklich erwähnt. Gemäß § 9 Nr. 4 des Vertrages i. V. m. dessen Anlage I bestimmt sich die Höhe der Eigenprovisionen des Handelsvertreters nach den „Karriereeinheiten“ und seinem „Rang in der Struktur“. Die Parteien haben eine eigenständige Provisionsvereinbarung getroffen, auf die, die von der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 08.07.2016 zitierte Rechtssprechung nicht übertragbar ist. Von § 92 Abs. 3 Satz 1 HGB abweichende Regelungen sind zulässig (von Hoyningen-Huene im Münchener Kommentar HGB, 4. Auflage § 92 Rn. 18). Die in der Tabelle zur Ermittlung der Karriereeinheiten (Anlage I) enthaltene Berechnungsformel für Lebensversicherungen etc. „Jahresnettobeitrag x Laufzeit Jahre : 1000“ spricht entgegen der von der Klägerin in der Sitzung vom 07.07.2016 vertretenen Ansicht dafür, dass bei dem „Jahresnettobeitrag“ auf die Beitragshöhe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages abzustellen und eine dynamische Anpassung nicht zu zu berücksichtigen ist. Denn eine Dynamisierung könnte bei der Ermittlung der Karriereeinheiten nicht durch eine Multiplikation, sondern nur durch eine Addition der ansteigenden Beträge berücksichtigt werden.

17 1.2.3. Hinsichtlich Ziffer I 13 des angegriffenen Urteils hat die Berufung Erfolg.

18 Die Beklagte hat auf entsprechenden Hinweis (Verfügung vom 07.04.2016, Bl. 135 d. A.), ihre Rüge, der vom Landgericht ausgeurteilte Umfang des Buchauszugsanspruchs sei sehr viel weiter, als es für die tatsächliche Berechnung bzw. Überprüfung der Provision erforderlich sei, im Schriftsatz vom 11.05.2015 (Seite 1, Bl. 141 d. A.), dahingehend präzisiert, dass sie zudem Ziffer I 13 des Ersturteils angreife. Angaben zu Datum, Art und Grund von Änderungen der vermittelten Verträge seien zur Überprüfung der Provisionszahlungen nicht erforderlich.

19 Die Klägerin hat in der Sitzung vom 07.07.2016 zwar ausgeführt, dass es insbesondere im Bereich Sachversicherungen Vertragsänderungen geben kann, die sich auf die Höhe der Provisionen auswirken. Der Antrag ist insoweit jedoch zu unbestimmt. Die Klägerin begehrt einen Buchauszug mit allen Angaben, die für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der der Klägerin zustehenden Provision von Bedeutung sind, insbesondere Angaben im Falle von Änderungen des Vertrages. Der Antrag umfasst seinem Wortlaut nach somit alle Vertragsänderungen, unabhängig davon ob sie sich auf den Provisionsanspruch der Klägerin auswirken oder nicht. Soweit die Klägerin in der Sitzung vom 07.07.2016 erläutert hat, sie begehre nur die Angaben zu Vertragsänderungen, die sich auf ihren Provisionsanspruch auswirken, lässt sich weder ihrem Vortrag noch dem Handelsvertretervertrag eindeutig entnehmen, welche Vertragsänderungen damit gemeint sind.

20 2. Dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Buchauszugs steht nicht entgegen, dass sie während der langjährigen Vertragsbeziehungen die Provisionsabrechnungen nicht beanstandet hat (vgl. Senatsurteil vom 01.07.2003, 23 U 1637/03, juris Tz. 37 f.).

21 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29.11.1995, VIII ZR 293/94, juris Tz. 14 m. w. N.) kann der Handelsvertreter zwar den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs aus § 87 c Abs. 2 HGB als Grundlage für weitere Provisionsansprüche nicht mehr geltend machen, wenn er sich mit dem Unternehmer über die Abrechnung der Provisionen geeinigt hat. Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann jedoch im allgemeinen nicht aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden; für eine Einigung über die Abrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bedarf es vielmehr in der Regel einer eindeutigen Willenserklärung des Handelsvertreters. Eine solche hat die Beklagte nicht behauptet.

22 Allein in dem Umstand, dass die Klägerin über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungen der Beklagten widerspruchslos hingenommen hat, ist weder ein stillschweigend erklärtes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf weitere Provision für nicht durchgeführte Geschäfte zu sehen (vgl. BGH a. a. O., Tz. 15). Ein Anerkenntnis liegt auch nicht darin, dass die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 13.06.2016, S. 3, Bl. 151 d. A.) in Einzelfällen etwaige Fehler gerügt und mit der Beklagten geklärt hat, da gemäß § 9 Nr. 2 und Nr. 3 des streitgegenständlichen Vertrages Provisionsansprüche erst nach Ablauf der Stornohaftungszeit entstehen und Zahlungen, die vorher geleistet werden, nach § 10 des Vertrages als Provisionsvorschüsse gelten. Bei der beispielhaft vorgelegten Abrechnung vom 10.10.2013 (Anlage B 3) ist schon nicht ersichtlich, dass es sich dabei um eine abschließende Abrechnung über die – nach Ablauf der Stornohaftungszeit – gemäß § 9 Nr. 2 und Nr. 3 des Vertrages entstandenen Provisionsansprüche handelt. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Brandenburg vom 10.01.2013 (5 U 54/11) ist schon deshalb nicht übertragbar.

23 3. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des Buchauszugs ist nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

24 Entgegen der Auffassung der Beklagten muss die Klägerin kein besonderes rechtliches Interesse an der Erteilung des Buchauszugs dartun, da sich dieser Anspruch bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. Senatsurteil vom 01.07.2003, 23 U 1637/03, juris Tz. 35).

25 Dass die Klägerin den Buchauszug erstmals mit ihrer fristlosen Kündigung vom 18.12.2013 (Anlage K 3) verlangt hat, ist nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.05.2005, 8 U 242/04, juris Tz. 53).

26 Auch der Umstand, dass mehrere Handelsvertreterinnen ihre Verträge mit der Beklagten gekündigt haben, und verschiedene gerichtliche Streitigkeiten geführt werden, macht das Buchauszugsverlangen der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich. Mehr ergibt sich auch nicht aus der als Anlage BK 1 vorgelegten E-Mail von Frau G. an Herrn B., in der sie über ein Telefonat berichtet, das sie am 03.09.2015 mit einer anderen Handelsvertreterin, deren Klage ebenfalls bei dem Senat anhängig ist, geführt hat. Danach wollen alle ehemaligen Handelsvertreter Buchauszüge anfordern, um der Beklagten hier viel Arbeit zu machen und Kosten zu generieren. Der Umstand, dass die Erteilung eines Buchauszugs möglicherweise mit einem erheblichen Aufwand für die Beklagte verbunden ist, führt jedoch nicht zu einer Unzumutbarkeit. Es ist vielmehr Sache der Beklagten, sich von vornherein auf ein Buchauszugsverlangen einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2001, VIII ZR 149/99, juris Tz. 33).

27 4. Die Beklagte hat den Anspruch nicht durch die der Klägerin regelmäßig übersandten Abrechnungen erfüllt, die ohnehin aus den oben dargelegten Gründen nur Abrechnungen über Provisionsvorschüsse im Sinne des § 10 des Vertrages sind.

28 Provisionsabrechnungen können einen Buchauszug nur dann ersetzen, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und wenn sie entweder zusätzlich alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben enthalten oder der Unternehmer mit ihrer Überlassung alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind (BGH, Urteil vom 21.03.2001, VIII ZR 149/99, juris Tz. 32, m. w. N.). Die von der Beklagten beispielhaft als Anlage B 3 vorgelegte Abrechnung genügt diesen Anforderungen nicht.

29 5. Ohne Erfolg erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.

30 Eine im Berufungsrechtszug erstmals erhobene Verjährungseinrede ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO zuzulassen, wenn die Erhebung der Verjährungseinrede und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind (BGH, Urteil vom 16.10.2008, IX ZR 135/07, juris Tz. 7).

31 5.1. Hilfsansprüche aus § 87 c HGB werden zwar mit Verjährung der Provisionsansprüche, die sie vorbereiten sollen, gegenstandslos (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 87 Rn. 53 BGH, Urteil vom 22.05.1981, I ZR 34/79, juris Tz. 40 Tz. 40). Dass Provisionsansprüche der Klägerin für einen bestimmten Zeitraum verjährt wären, hat die Beklagte nicht dargelegt, die vielmehr im Schriftsatz vom 11.05.2016 (Seite 3, Bl. 143 d. A.) ausführt, auf eine Verjährung der Provisionsansprüche komme es nicht an.

32 Eine Verjährung der Provisionsansprüche ergibt sich auch nicht aus vorgelegen vertraglichen Vereinbarungen. Nach § 9 Nr. 2 lit. b) des Handelsvertretervertrages entsteht der Eigenprovisionsanspruch vielmehr erst dann, wenn das vermittelte Vertragsverhältnis die Stornohaftzeit, die nach Anlage I max. 72 Monate beträgt, überstanden hat. Entsprechendes gilt nach § 9 Nr. 3 des Vertrages für die „Over-Ride-Provision“.

33 5.2. Die Hilfsansprüche des § 87 c HGB verjähren zwar auch im Verhältnis zum Provisionsanspruch, dessen Vorbereitung und Durchführung sie dienen sollen, selbstständig (BGH, Urteil vom 22.05.1981, I ZR 34/79, juris Tz. 40), ohne Erfolg beruft sich die Beklagte jedoch darauf, der Anspruch auf Buchauszug sei nach § 15 des Handelsvertretervertrages verjährt. Nach dessen Abs. 1 verjähren Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Vertragsverhältnis in sechs Monaten ab Fälligkeit des Anspruchs und Kenntnis des Berechtigten von den anspruchsbegründenden Umständen, spätestens nach Ablauf von zwei Jahren nach Fälligkeit des Anspruchs. Voraussetzung des Verjährungsbeginns ist somit – ebenso wie nach § 199 Abs. 1 BGB – die Fälligkeit des Anspruchs. Diese Voraussetzung hat die Beklagte nicht dargetan, worauf bereits in der Verfügung vom 07.04.2016 (Bl. 135/136 d. A.) hingewiesen wurde.

34 Die Fälligkeit des Anspruchs auf Buchauszug setzt die Fälligkeit des Provisionsanspruchs voraus (BGH, Urteil vom 11.07.1980, I ZR 192/78). Der Anspruch auf Buchauszug entsteht nicht (erst) bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, sondern wird bei der Abrechnung fällig (BGH, Urteil vom 29.10.2008, VIII ZR 205/05, juris Tz. 28). Voraussetzung für den Beginn der Verjährung ist eine vollständige und abschließende Abrechnung über die provisionspflichtigen Geschäfte in einem bestimmten Zeitraum (OLG Oldenburg, Urteil vom 04.04.2011, 13 U 27/10, juris Tz. 66f.).

35 Dass sie solche abschließenden Abrechnungen unter Berücksichtigung der Regelungen in § 9 Nr. 2 und 3 des Handelsvertretervertrages erteilt hätte, hat die Beklagte nicht behauptet. Auch auf den entsprechenden Hinweis argumentiert sie lediglich, die Klägerin habe monatliche Abrechnungen erhalten (Seite 2 des Schriftsatzes vom 11.05.2016, Bl. 142 d. A.), ohne auf die Regelung des § 9 Nr. 2 und 3 des Handelsvertretervertrages einzugehen. Die beispielhaft vorgelegte Abrechnung vom 10.10.2013 (Anlage B 3) enthält jedoch keine Angaben dazu, dass das vermittelte Vertragsverhältnis die Stornohaftungszeit bereits überdauert hat (vgl. Seite 6 f. des Schriftsatzes der Beklagten vom 22.07.2014, Bl. 23 f.)

36 Die Voraussetzungen für eine Verjährung gemäß §§ 195, 199 BGB sind somit ebenfalls nicht dargetan.

37 6. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 und § 543 Abs. 2 ZPO.

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Zumutbarkeit (2) widerspruchslose Hinnahme von Abrechnungen über mehrere Jahre (1) Voraussetzung für den Beginn der Verjährung (1) Verjährung (8) Provisionsanspruch (26) Inhalt des Buchauszuges (2) Handelsvertreter (37)