Kündigung bei unzureichender Arbeitsleistung des Arbeitnehmers
2 AZR 386/03 Urteil verkündet am 3. Juni 2004 BAG Durchführung des Arbeitsverhältnisses, KündigungBundesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 19.6.2003 (LAG Hamburg, Urt. v. 19.6.2003 – 7 Sa 45/02) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigungen, einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung und einen Auflösungsantrag der Beklagten.
Der Kläger war seit dem 01.06.1999 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der jetzigen Beklagten, der P-GmbH (im Folgenden: Beklagte), als Business Development Executive (BDE) beschäftigt. Während des zweitinstanzlichen Verfahrens ist das Rubrum auf die jetzige Beklagte, die C-Consulting GmbH geändert worden. Es existiert ein in englischer Sprache abgefasster Arbeitsvertrag. Im ersten Jahr seiner Beschäftigung wurde dem Kläger neben seinem Festgehalt von jährlich 291.000,– DM brutto ein Provisionseinkommen in gleicher Höhe garantiert. Seit 01.10.2000 bezog der Kläger ausschließlich sein Festgehalt.
Die Beklagte beschäftigte in Deutschland neben dem Kläger einen weiteren Business Development Executive und sechs Berater. Sie unterhielt bis September 2001 in Deutschland nur eine Briefkastenadresse in F. Es gab keine Büroräumlichkeiten. Die Mitarbeiter der Beklagten gingen ihrer Arbeit entweder von zu Hause aus oder in Projekten beim Kunden nach.
Als Geschäftsführerin der Beklagten im Handelsregister eingetragen war B, die im englischen Unternehmen der Gesellschafterin der Beklagten, der P-(Europe)Ltd. (im Folgenden: P-Europe Ltd.), bis März 2000 als Leiterin der Personalabteilung für Gesamteuropa mit Arbeitsplatz in London tätig war. Ihre Nachfolgerin in dieser Position war L. Die Beklagte und die P-Europe Ltd. betätigen sich als Berater für Mittel- und Großunternehmen.
Mit Schreiben vom 18.10.2000, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30.04.2001 im Wesentlichen mit der Begründung, der Kläger habe bis zur Kündigung keinen einzigen Auftrag akquirieren können.
Mit einem weiteren Schreiben vom 22.03.2001 kündigte sie vorsorglich erneut zum 30.09.2001 und machte geltend, die Tätigkeit des Klägers sei nach wie vor völlig erfolglos geblieben.
Der Kläger trägt vor: Das Kündigungsschutzgesetz sei auf sein Arbeitsverhältnis anwendbar. Das Vorliegen eines Betriebs sei bei der gebotenen weiten Auslegung dieses Begriffs im Kündigungsschutzrecht zu bejahen. Die Beklagte habe in Deutschland einen einheitlichen Leitungsapparat mit B an der Spitze unterhalten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Kündigungsschutzgesetz sei nicht anwendbar. Sie habe in Deutschland keinen Betrieb unterhalten. Die gesamte Organisation und personelle Anbindung habe nicht in Deutschland, sondern mit der P Europe Ltd. in London stattgefunden. Das europäische Geschäft der P Gruppe sei einheitlich von den in London ansässigen Herren G (Präsident und Verkaufschef), T (Chef der Analysten) und C (Leiter der operativen Einsätze) sowie L als Personalleiterin gemanagt worden. Auch der Kläger habe wie alle anderen Business Development Executives in Europa ausschließlich direkt an G berichtet und sei direkt organisatorisch und personell bei G und L angesiedelt gewesen und habe von ihnen seine Weisungen erhalten. Die Kündigung vom 18.10.2000 sei aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt. Der Kläger habe keinen einzigen Auftrag akquiriert und damit trotz Abmahnung vom 02.07.2000 keine Leistungen mindestens mittlerer Art und Güte erbracht. Mindestens sei die Kündigung aus personenbedingten Gründen gerechtfertigt. Es müsse am Kläger liegen, wenn er nicht verkaufe, und nicht an ihrem Produkt. Schließlich sei die Kündigung auch betriebsbedingt gerechtfertigt, da es ihr aus Kostengründen nicht möglich sei, den Arbeitsplatz des Klägers aufrechtzuerhalten. Aus diesen Gründen sei auch die vorsorglich ausgesprochene Kündigung vom 22.03.2001 sozial gerechtfertigt. Der Kläger habe auch bis zu diesem Datum nicht ein einziges Projekt akquiriert. Jedenfalls sei der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag begründet. Eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger sei nicht mehr zu erwarten.
Der Kläger hat sich gegen den zweitinstanzlich gestellten Auflösungsantrag gewandt.
Das ArbG hat nach den Anträgen des Klägers durch Teilurteil erkannt. Das LAG hat auf die Berufung der Beklagten nach Durchführung einer Beweisaufnahme das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom LAG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
A. Das LAG hat angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 18.10.2000 mit Ablauf des 30.04.2001 beendet worden. Das Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung, auch sonstige Unwirksamkeitsgründe seien nicht gegeben.
Die Anwendbarkeit der Vorschriften des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes sei nur gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 KSchG im Inland erfüllt würden. Die in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG geforderte Mindestanzahl beschäftigter Arbeitnehmer müsse in einem im Bereich der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Betrieb erreicht werden. Zur Auslegung des Betriebsbegriffs seien die vor allem im Betriebsverfassungsrecht entwickelten allgemeinen Grundsätze heranzuziehen. Entscheidend sei hiernach der einheitliche Leitungsapparat im Inland. Eine organisatorische Einheit scheide als Betrieb aus, wenn dort die Arbeitgeberfunktionen im Bereich der personellen und sozialen Mitbestimmung nicht zumindest im Kern ausgeübt würden. Die Beweisaufnahme habe nicht hinreichend ergeben, dass die Beklagte in Deutschland eine verwaltungsmäßige, arbeitstechnische Organisation mit einem einheitlichen Leitungsapparat betrieben hätte. Entscheidend sei die tatsächliche Ausübung von Leitungsmacht und nicht die formale Vertretungsbefugnis. Die Steuerung der personellen Aktivitäten sei von Funktionsträgern im Ausland, nämlich G und L, wahrgenommen worden. Mangels Nachweises eines in Deutschland existierenden Betriebs sei das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar. Die Kündigung vom 18.10.2000 verstoße auch nicht gegen § 242 BGB.
B. Dem folgt der Senat zumindest im Ergebnis. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde vom Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nicht erfasst.
I. Der Kläger war nicht in einem Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (hier und im Folgenden: in der zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigungen geltenden Fassung) beschäftigt, der nach § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 KSchG dessen Geltungsbereich unterfällt.
1. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG enthält ebenso wie das gesamte Kündigungsschutzgesetz keine Definition des Betriebsbegriffs. Für §§ 1, 15 und 17 KSchG wird weitgehend der Betriebsbegriff verwendet, den insbesondere das Betriebsverfassungsgesetz prägt. Nach der allgemein üblichen Definition ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt (BAG, AP BetrVG 1972 § 1 Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 5; NZA 01, 831 = EzA KSchG § 23 Nr. 23; v. Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 13. Aufl., § 23 Rdnr. 5; Etzel, in: KR, 6. Aufl., § 1 KSchG Rdnr. 133).
2. Mangels entgegenstehender Hinweise für eine unterschiedliche Bedeutung des Betriebsbegriffs in den einzelnen Vorschriften ist davon auszugehen, dass der Begriff im gesamten Kündigungsschutzgesetz einheitlich gebraucht wird (Bepler, AuR 97, 54, 57; Falder, NZA 98, 1254, 1257; Schmidt, NZA 98, 169, 172; Urban, Der Kündigungsschutz außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, S. 90 f.). Der Gesetzgeber unterscheidet in § 1 Abs. 1 KSchG zwischen „Betrieb“ und „Unternehmen“, so dass auch in § 23 Abs. 1 KSchG der Betriebsbegriff nicht mit dem des Unternehmens gleichgesetzt werden kann (Schmidt, NZA 98, 169, 172; Urban, S. 91). Das Festhalten am allgemeinen arbeitsrechtlichen Begriff des „Betriebs“ entspricht auch dem im arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz 1996 zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Frage diskutiert, ob an der Betriebsbezogenheit des Kündigungsschutzgesetzes festgehalten werden oder diese durch eine Unternehmensbezogenheit abgelöst werden sollte. Dennoch blieb der Gesetzeswortlaut des § 23 Abs. 1 Stz 2 KSchG auch nach der erneuten Änderung der Norm durch das am 01.01.1999 in Kraft getretene Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19.12.1998 (BGBl. I, 3843) unverändert (BAG, NZA 01, 831 = EzA KSchG § 23 Nr. 23; Gragert, NZA 00, 961, 963; Urban, S. 90).
Auch das BVerfG hat die Anknüpfung des Kündigungsschutzgesetzes an den allgemeinen Betriebsbegriff in der Entscheidung zur so genannten Kleinbetriebsklausel (BVerfGE 97, 169, 184 f. = NZA 98, 470) im Ergebnis nicht beanstandet (BAGE 101, 321 = NJW 02, 3349 = NZA 02, 1147; BAG, NZA 01, 831).
3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (NZA 99, 590 = AP KSchG 1969 § 23 Nr. 20 = EzA KSchG § 23 Nr. 20; BAG, NZA 01, 831 = EzA KSchG § 23 Nr. 23; BAGE 101, 321 = NJW 02, 3349 = NZA 02, 1147) ist der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz regelmäßig nicht unternehmens-, das heißt arbeitgeberübergreifend ausgestaltet. Der Senat hat die Annahme eines ausnahmsweise arbeitgeberübergreifenden Kündigungsschutzes stets davon abhängig gemacht, dass sich zwei oder mehrere Unternehmen zur gemeinsamen Führung eines Betriebs zumindest konkludent rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (BAG, NJW 02, 3349 = NZA 02, 1147). Dabei ist zwischen konzernrechtlicher Weisungsbefugnis und betrieblichem Leitungsapparat zu unterscheiden. Die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebs setzt einen einheitlichen betriebsbezogenen Leitungsapparat voraus. Konzernrechtliche Weisungsmacht kann zwar bis zur Betriebsebene durchschlagen. Sie erzeugt jedoch für sich gesehen noch keinen betriebsbezogenen Leitungsapparat (BAG, NJW 02, 3349 = NZA 02, 147; BAG, NZA 99, 932 = AP KSchG 1969 § 23 Nr. 21 = EzA KSchG § 23 Nr. 21).
Diese Rechtsprechung des BAG zum Betriebsbegriff i. S. des § 23 Abs. 1 KSchG und zum ausnahmsweise unternehmensübergreifenden Kündigungsschutz im Gemeinschaftsbetrieb hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 322 UmwG bestätigt. Indem der Gesetzgeber sich in § 322 Abs. 2 UmwG der Konstruktion einer Fiktion („gilt … als Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzrechts“) bedient hat, hat er zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er den Fall eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen an sich nicht mehr vom Normgehalt des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG umfasst sieht (BAG, NZA 99, 590 = AZR 459/97 AP KSchG 1969 § 23 Nr. 20 = EzA KSchG § 23 Nr. 20).
4. Der räumliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Das Kündigungsschutzgesetz gilt damit vorbehaltlich von Sonderregelungen des Gemeinschaftsrechts nur für Betriebe auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG müssen somit im Inland erfüllt werden (BAGE 86, 374 = NJW 98, 1661 = NZA 98, 141).
II. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ist das LAG ohne revisiblen Rechtsfehler auf Grund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, das Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung, weil der Kläger nicht i. S. von § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG in einem Betrieb der Beklagten in Deutschland beschäftigt gewesen sei.
1. Die Beklagte unterhielt im Kündigungszeitpunkt in Deutschland schon keinen Betrieb i. S. von § 23 KSchG. Der Betriebsbegriff knüpft an die organisatorische Einheit an. Eine betriebliche Struktur setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbstständig ausgeübt wird. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden. All dies trifft nach dem Ergebnis der vom LAG durchgeführten, umfangreichen Beweisaufnahme auf die Beklagte nicht zu. Sie bestand lediglich „auf dem Papier und fungierte wie ein Angestellter ohne Entscheidungsspielräume“ (vgl. dazu Windbichler, ArbeitsR im Konzern, S. 196; Hanau, ZFA 90, 130). In F. hatte die Beklagte nur einen Briefkasten, der es nicht einmal sicherstellte, dass sie dort alle Zustellungen des Gerichts im vorliegenden Verfahren erreichten. Ein dort vorgehaltener, von einer Servicefirma betriebener Telefonanschluss war ausdrücklich als „customer service freephone“ bezeichnet, also für die Kunden, nicht die Business Development Executives der Beklagten bestimmt. Auch die Geschäftsführerin der Beklagten hatte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine nennenswerte Leitungsfunktion im operativen Geschäft. Die gesamte Organisation blieb in Händen der englischen Muttergesellschaft, die „Briefkasten“-Firma in Deutschland wies keinerlei betriebliche Struktur auf.
2. Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, welche Sachverhaltsgestaltungen mit Auslandsberührung denkbar sind, die die Annahme eines im Inland gelegenen Betriebs möglicherweise schon bei geringfügig ausgebildeten betrieblichen Strukturen zulassen, wenn nur hinsichtlich der Arbeitnehmerzahl der Schwellenwert des § 23 KSchG erreicht ist. Die Feststellungen des LAG, insbesondere über die fehlende Vernetzung der in Deutschland für die Beklagte tätigen Arbeitnehmer untereinander, trägt jedenfalls dessen Annahme, die Beklagte habe als bloße Briefkastenadresse in Deutschland keinen Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes unterhalten.
3. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, die Beklagte sei in Deutschland allein auf Grund der mit den acht Arbeitnehmern abgeschlossenen Arbeitsverträgen als Betrieb i. S. von § 23 KSchG anzusehen oder es sei insoweit allein auf ihre Stellung als Vertragsarbeitgeber dieser Arbeitnehmer abzustellen gewesen, scheitert die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes jedenfalls daran, dass die Beklagte den Kläger nicht „beschäftigt“ hat, wie dies § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG voraussetzt. Nach den Feststellungen des LAG war der Kläger allein bei der englischen Mutterfirma „beschäftigt“: Auf deren Briefbogen ist der Arbeitsvertrag unterzeichnet worden. Gegenüber den Kunden trat der Kläger als Vice President der Mutterfirma auf. Er benutzte deren Briefbogen, leitete die Schreiben mit „London, (folgt Datum)“ ein, benutzte Visitenkarten, die nur auf die Mutterfirma hinwiesen. Er war, was seine Arbeitsleistung anbelangt, voll in die englische Mutterfirma integriert. Dort wurden seine Personalangelegenheiten und sozialen Angelegenheiten geregelt. Von dort erhielt er seine Weisungen. Mit der deutschen GmbH in F. hatte er, abgesehen von der Tatsache, dass er mit dieser formell seinen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte, nach den Feststellungen des LAG praktisch nichts zu tun.
4. Die Revision macht demgegenüber im Wesentlichen geltend, der Beklagten seien Handlungen und Strukturen der P-Europe Ltd. zuzurechnen gewesen und daraus ergebe sich, dass der Kläger in einem inländischen Betrieb beschäftigt gewesen sei. Eine solche Sichtweise widerspricht dem Territorialprinzip. Besteht im Inland lediglich eine Briefkastenfirma, die ohne jegliche betriebliche Struktur nur einige Arbeitsverträge hält, so kann die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nicht allein daraus hergeleitet werden, dass an Sachverhalte außerhalb des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes angeknüpft wird und diese dem inländischen Unternehmen zugerechnet werden.
III. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers die Anwendbarkeit des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes unterstellt, kann dies der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Dann ist die Kündigung, wovon das LAG im Ergebnis allerdings lediglich unter Prüfung des § 242 BGB zutreffend ausgeht, nicht als sozialwidrig anzusehen. Schon im Zeitpunkt der ersten Kündigung war das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in dem Arbeitsverhältnis der Parteien derart nachhaltig gestört, dass die Kündigung nicht als sozialwidrig i. S. von § 1 Abs. 2 KSchG anzusehen ist. Dies kann der Senat selbst entscheiden, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt insoweit feststeht.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats (NZA 04, 784) kann die Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer wegen Minderleistung nach § 1 Abs. 2 KSchG als verhaltensbedingte oder als personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Eine längerfristige deutliche Unterschreitung der durchschnittlichen Arbeitsleistung kann ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer weniger arbeitet als er könnte. Eine personenbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn bei einem über längere Zeit erheblich leistungsschwachen Arbeitnehmer auch für die Zukunft mit einer schweren Störung des Vertragsgleichgewichts zu rechnen ist.
2. Im Prozess hat der Arbeitgeber dabei im Rahmen der abgestuften Darlegungslast zunächst nur die Minderleistung vorzutragen. Ist dies im Prozess geschehen, so muss der Arbeitnehmer erläutern, warum er trotz unterdurchschnittlicher Leistungen seine Leistungsfähigkeit ausschöpft bzw. woran die Störung des Leistungsgleichgewichts liegen könnte und ob in Zukunft eine Besserung zu erwarten ist. Abstrakte Vorgaben, wie lange der Arbeitgeber die völlige Erfolglosigkeit eines mit der Akquisition von Aufträgen befassten Arbeitnehmers hinzunehmen hat, können dabei regelmäßig nicht gemacht werden, dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
3. Danach ist die Beklagte hinsichtlich der Minderleistung des Klägers ihrer Darlegungslast in vollem Umfang nachgekommen. Sie hat nicht nur vorgetragen, dass der Kläger während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses erheblich weniger Aufträge akquiriert hat als vergleichbare andere Arbeitnehmer. Nach ihrem Vorbringen ist der Erfolg des Klägers vielmehr gleich null gewesen. Wenn es nach dem Vorbringen des Klägers nach seiner Freistellung zu einem Geschäftsabschluss gekommen ist, den der Kläger nicht den Bemühungen des von der Beklagten benannten anderen Arbeitnehmers, sondern den von ihm geführten Gesprächen zurechnet, so lag dieser Abschluss und lagen auch die vom Kläger geführten Gespräche im Wesentlichen geraume Zeit nach Ausspruch der Kündigung. Hinsichtlich des Kündigungsgrundes ist aber auf den Kündigungszeitpunkt abzustellen. Auch das Vorbringen des Klägers zu den Bemühungen, zu einem Geschäftsabschluss mit der Firma N zu gelangen, spricht eher gegen den Kläger. Wenn hier unstreitig der Kläger erst nach Vorverhandlungen anderer Arbeitnehmer möglicherweise Erfolg versprechend eingeschaltet worden ist, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass der Kläger unstreitig selbstständig in dem erheblichen Zeitraum bis zur Kündigung keinen einzigen Geschäftsabschluss getätigt hat. Es kann auch keine Rede davon sein, dass das Gehalt des Klägers – wie dieser offenbar meint – lediglich für das Führen von Kundengesprächen vereinbart worden ist, ohne dass es darauf ankäme, ob der Kläger auch nur einen einzigen Geschäftsabschluss tätigt. Schon die Provisionsvereinbarung in erheblicher Höhe und die Vereinbarung einer Garantieprovision für eine gewisse Anlaufzeit in Höhe eines Anteils des offenbar erwarteten Geschäftsvolumens lassen erkennen, dass die Parteien bei Vertragsschluss vom Erfolg des Klägers, nicht von seiner Erfolglosigkeit ausgegangen sind.
4. Im Rahmen der abgestuften Darlegungslast war es Sache des Klägers, mögliche Gründe für seine Erfolglosigkeit zu nennen. Diese mussten einen Anhaltspunkt dafür bieten, ob das Schwergewicht der Minderleistung auf verhaltensbedingten, personenbedingten oder sogar betriebsbedingten Gründen lag. Bei einer völligen Erfolglosigkeit im Akquisitionsgeschäft, wie sie beim Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zu verzeichnen war, war allerdings von vornherein davon auszugehen, dass in dem Arbeitsverhältnis der Parteien das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachhaltig gestört war. Es war hier außerdem zu berücksichtigen, dass nach der Lebenserfahrung, wie die Beklagte zutreffend geltend macht, eine erfolglose Werbung bei einem Kunden den zusätzlichen Nachteil hatte, dass für einen gewissen Zeitraum nicht einmal ein anderer Mitarbeiter der Beklagten bei diesem Kunden Erfolg versprechend vorstellig werden konnte.
5. Nach dem unstreitigem Parteivorbringen und dem eigenen Vorbringen des Klägers ist davon auszugehen, dass die Kündigung jedenfalls nach § 1 Abs. 2 KSchG aus personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt war. Nach dem Vorbringen des Klägers liegen verhaltensbedingte Gründe für seine Erfolglosigkeit nicht vor. Er hat sich vielmehr ausreichend bemüht, durch zahlreiche Kundenbesuche zu Geschäftsabschlüssen zu gelangen. Geht man hiervon aus, und lässt dabei unberücksichtigt, dass die Haltung des Klägers, er sei nur zu Kundenbesuchen, nicht zum Erfolg verpflichtet gewesen, möglicherweise seine Tätigkeit nachteilig beeinflusst haben könnte, so war die Kündigung jedenfalls aus personenbedingten Gründen gerechtfertigt. Nach dem gesamten Verlauf des Arbeitsverhältnisses bis zum Kündigungszeitpunkt musste die Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger persönlich ungeeignet war, Geschäfte in einem Umfang zu akquirieren, der die an ihn gezahlten Bezüge auch nur annähernd rechtfertigen konnte. Aufgabe des Klägers war es, als einer der beiden Außendienstler in Deutschland beim Kunden die Geschäftsabschlüsse zu tätigen, die von den gleichfalls angestellten Unternehmensberatern abzuwickeln waren. Wenn der Kläger über einen längeren Zeitraum hinweg völlig erfolglos blieb, so hatte dies notwendigerweise nicht nur die Auswirkung, dass seinem Gehalt kein entsprechender Geschäftserfolg gegenüberstand. Weitere nachteilige Entwicklungen hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeiten für die anderen Arbeitnehmer etc. waren abzusehen. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich kein stichhaltiger Gesichtspunkt, der seine Erfolglosigkeit anders als durch eine fehlende persönliche Eignung erklären ließe. Der Kläger hat vielmehr selbst in einer mehrseitigen Ausarbeitung durchaus aufgezeigt, dass Geschäftsabschlüsse möglich waren. Sie sind jedoch vom Kläger bis zum Ausspruch der Kündigung nicht getätigt worden.
6. Die Beklagte hat auch lange genug zugewartet, ehe sie zum äußersten Mittel der personenbedingten Kündigung gegriffen hat. Schon nach der ganzen Vertragsgestaltung musste dem Kläger klar sein, dass sein Arbeitsplatz gefährdet war, wenn seinem Gehalt in erheblicher Höhe auch lange nach Beginn des Arbeitsverhältnisses kein entsprechender Erfolg gegenüberstand. Die Beklagte hat dem Kläger auch mit zwei E-Mails mit entsprechenden Leistungsvorgaben, durch die Änderung der Provisionsabrede und die in der Schulung in Atlanta aufgestellten Leistungsanforderungen hinreichend klargemacht, dass er mit einer Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zu rechnen hatte, wenn er weiter völlig erfolglos blieb. Dass der Kläger dies selbst so gesehen hat, ergibt sich aus der von ihm der englischen Muttergesellschaft vorgelegten detaillierten Aufstellung, welche Erfolge von ihm pro Quartal seiner Ansicht nach zu erzielen waren. Als diese Erfolge auch bis zum Kündigungszeitpunkt nicht, auch nicht in geringstem Umfang, eingetreten waren, konnte der Kläger vernünftigerweise von der Beklagten kein weiteres Zuwarten mehr verlangen. Auf Grund der erfolglosen Bemühungen des Klägers, zu irgendeinem Geschäftsabschluss zu gelangen, musste die Beklagte im Kündigungszeitpunkt davon ausgehen, dass die Erfolglosigkeit des Klägers anhalten würde. Diese Prognose ist auch durch die spätere Entwicklung nicht widerlegt, sondern eher verstärkt worden.