Untätigkeit eines Handelsvertreters, Kündigung, Heilung eines unzulässigen Teil-Urteils durch Zwischenfeststellungsklage

23 U 1036/17 Urteil verkündet am 26. Oktober 2017 OLG München Kündigung des Handelsvertretervertrags

Oberlandesgericht München
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

I. Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien seit 16.10.2008 begründete Handelsvertreterverhältnis weder durch den Kläger noch durch die Beklagte gekündigt wurde und unverändert derzeit fortbesteht. Im Übrigen ist der Kläger der eingelegten Anschlussberufung verlustig.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Landshut vom 13.01.2017, Az. 1 HKO 1833/14, berichtigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 26.10.2017, Az. 23 U 1036/17, wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Das soeben verkündete Endurteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO wie folgt zu Protokoll begründet:

Entscheidungsgründe

I.

1 Der Kläger, der nach seinem Vortrag in einem ungekündigten Handelsvertreterverhältnis zu der Beklagten steht, begehrt im Wege der Stufenklage die Abrechnung von Provisionen, die Erteilung eines Buchauszuges, die sich jeweils hieraus ergebenden Provisionen sowie einen Handelsvertreterausgleich, zudem fordert er die Zahlung von € 62.680,20.

2 Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO Bezug genommen wird, hat mit Teilurteil vom 13.01.2017, berichtigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 26.10.2017, Az. 23 U 1036/17, dem Antrag des Klägers auf Erteilung eines Buchauszuges seit dem 01.01.2011 vollumfänglich stattgegeben sowie den Zahlungsantrag in Höhe von € 47.600,– abgewiesen. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges.

3 Die Beklagte beantragt,

4 das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13.01.2017 teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an den Antragsteller einen Buchauszug über sämtliche Geschäfte, die zwischen der Beklagten und den Kunden nach der Anlage K L neu und K P seit dem 01.01.2011 zustande gekommen sind, sowie angebahnt oder ausgeführt wurden, hätten ausgeführt werden müssen zu erteilen, wobei der Buchauszug Auskunft über die folgenden Punkte zu geben hat:

5 1. Auftragsdatum und Auftragsnummer
2. Auftragsumfang mit Angabe der Warenart und Warenmenge (ggf. mit Artikelnummer), Stückpreise und Auftragswert
3. Einkaufspreis und Verkaufspreis der jeweiligen Ware
4. Datum, Nummer und Umfang der Auftragsbestätigung mit Angabe der Warenart und Warenmenge (ggf. mit Artikelnummer)
5. Datum und Umfang der Lieferung bzw. Teillieferungen
6. Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Rechnungsbetrag
7. Kunden mit genauer Anschrift (evtl. Kundennummer)
8. Höhe und Datum der Zahlungseingänge
9. Stadium der Ausführung der Geschäfte
10. Annullierungen, Nichtauslieferungen und Stornierungen nebst Angaben von Gründen
11. Retouren nebst Angaben von Gründen

6 Der Kläger beantragt,

7 die Berufung zurückzuweisen.

8 Ferner beantragt der Kläger:

9 Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien seit 16.10.2008 begründete Handelsvertreterverhältnis weder durch den Kläger noch durch die Beklagte gekündigt wurde und unverändert derzeit fortbesteht.

10 Die Beklagte beantragt,

11 den Zwischenfeststellungsantrag als unbegründet abzuweisen.

12 Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2017 und die gewechselten Schriftsätze der Parteien.

II.

13 Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Demgegenüber hat die Anschlussberufung des Klägers, mit der er die Feststellung beantragt, dass das seit 16.10.2008 begründete Handelsvertreterverhältnis zwischen den Parteien unverändert fortbesteht, in der Sache Erfolg.

14 1. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger besitzt gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87c Abs. 2 HGB, wie beantragt seit dem 01.01.2011.

15 1.1. Es kann offen bleiben, ob der Erlass eines Teilurteils durch das Landgericht vorliegend zulässig war (§ 301 ZPO), da das Landgericht, soweit angegriffen von der Beklagten, zwar über den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges seit 01.01.2011 entschieden hat, jedoch nicht über den zugleich seitens des Klägers gestellten Antrag auf Abrechnung der Provisionen für die Zeit ab 01.01.2012. Ein Verstoß gegen § 301 ZPO ist als wesentlicher Verfahrensmangel von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 12.04.2016 – XI ZR 305/14 -, BGHZ 210, 30-48, Rn. 28). Die Gefahr einander wiedersprechender Entscheidungen aufgrund einer materiell-rechtlichen Verzahnung (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 11.04.2017 – VI ZR 576/15 -, Rn. 10, juris) entfällt jedenfalls aufgrund des in der Berufungsinstanz seitens des Klägers gestellten Zwischenfeststellungsantrages, wonach er die Feststellung begehrt, dass das seit 16.10.2008 begründete Handelsvertreterverhältnis zwischen den Parteien unverändert fortbesteht.

16 1.1.1. Der Zwischenfeststellungsantrag des Klägers (§ 256 Abs. 2 ZPO) hinsichtlich des unveränderten Fortbestands des Handelsvertreterverhältnisses ist zulässig und begründet.

17 1.1.1.1. Der genannte Zwischenfeststellungsantrag wurde in der Berufungsinstanz wirksam erhoben. Die Geltendmachung des gegenständlichen Zwischenfeststellungsantrages als Klageerweiterung ist nur im Rahmen einer Anschlussberufung, § 524 Abs. 1 Satz 1 ZPO möglich. Die Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

18 Der in erster Instanz obsiegende Kläger – wie vorliegend – muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Berufung der Gegenseite anschließen, wenn er eine Klageerweiterung vornehmen oder neue Ansprüche einführen und sich damit nicht nur auf die Abwehr der Berufung beschränken will. Danach ist auch im Fall der Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO die Einlegung einer Anschlussberufung erforderlich. Lediglich wenn in der Berufungsinstanz gemäß § 264 Nr. 3 ZPO ohne Änderung des Klagegrundes statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer späteren Veränderung ein anderer Gegenstand gefordert und mit dem nunmehr geltend gemachten Antrag nicht mehr verlangt wird als bereits erstinstanzlich zuerkannt, ist die Einlegung einer Anschlussberufung entbehrlich (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2015 – VII ZR 145/12 -, Rn. 28 f., juris).

19 Ein Fall des § 264 Nr. 3 ZPO ist vorliegend nicht gegeben. Der Zwischenfeststellungsantrag hinsichtlich des Fortbestandes des Handelsvertreterverhältnisses stellt vorliegend eine zulässige Anschlussberufung dar.

20 Ein Anschlussrechtsmittel braucht nicht als solches bezeichnet zu sein, in dem Schriftsatz muss aber klar und eindeutig der Wille zum Ausdruck kommen, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils zugunsten des Rechtsmittelbeklagten zu erreichen (BGH, Urteil vom 03.11.1989 – V ZR 143/87 -, BGHZ 109, 179-191, Rn. 34). In dem Zwischenfeststellungsantrag (Schriftsatz des Klägers vom 20.09.2017, Bl. 218 f. d.A.) ist die konkludente Erhebung einer Anschlussberufung zu sehen. Die insofern maßgebliche Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2015 – VII ZR 145/12 -, Rn. 31, juris), die vorliegend bis zum 09.10.2017 lief, hat der Kläger eingehalten.

21 1.1.1.2. Der Zwischenfeststellungsantrag ist zulässig, insbesondere sind die besonderen Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO erfüllt. § 256 Abs. 2 ZPO gilt auch im Berufungsverfahren (§ 525 ZPO) und ist eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzung (BGH, Urteil vom 25.10.2007 – VII ZR 27/06 -, Rn. 10, juris). Zwischen den Parteien ist streitig, wie lange das Handelsvertreterverhältnis zwischen den Parteien andauert und inwieweit es durch eine Kündigung des Klägers beendet wurde, so dass vorliegend ein konkretes Rechtsverhältnis in Streit steht.

22 Das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses muss für die Entscheidung der Hauptklage vorgreiflich sein (Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 256 ZPO Rn. 25). Dies ist der Fall, da die Dauer des Handelsvertreterverhältnisses maßgeblich für den geltend gemachten Buchauszug, die Abrechnung sowie den Provisionsanspruch ist.

23 1.1.1.3. Dieser Zwischenfeststellungsantrag des Klägers ist auch begründet. Das zwischen den Parteien seit 16.10.2008 begründete Handelsvertreterverhältnis (§ 84 HGB) besteht mangels Kündigung unverändert fort, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Rügen der Berufung der Beklagten hiergegen greifen nicht.

24 1.1.1.3.1. Nach den von der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts war der Kläger nach Absprache mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten, Herrn F., ab 16.10.2008 als Handelsvertreter für die Beklagte tätig.

25 1.1.1.3.2. Eine Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses durch den Kläger ist nicht erfolgt.

26 1.1.1.3.2.1. Entgegen der Ansicht der Beklagten stellt die E-Mail des Klägers vom 15.11.2011 (Anlage K3) keine Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses dar. In dieser E-Mail an den Geschäftsführer der Beklagten erklärte der Kläger, dass er sich entschieden habe, das aktive Tagesgeschäft einzustellen, aber seine Kunden und die akquirierten Kontakte weiter bearbeiten wolle. Er führte weiter aus, dass beide wie versprochen in Kürze klären würden, wie das im Einzelnen aussehen würde. Zudem forderte er den Geschäftsführer der Beklagten auf mitzuteilen, ob er noch mit ihm zusammenarbeiten wolle und in welcher Form.

27 Eine ausdrückliche Kündigungserklärung ist dieser E-Mail (Anlage K3) nicht zu entnehmen.

28 Entgegen der Ansicht der Beklagten führt auch die Auslegung der vorgenannten E-Mail nicht zu der Annahme einer Kündigungserklärung. Insofern meint die Beklagte (Berufungsbegründung S. 2, Bl. 200 d.A.), dass der Kläger ausdrücklich davon spreche, das aktive Tagesgeschäft einzustellen und es sich daher nicht erschließe, wie das Landgericht bei der Auslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben keine Kündigung habe annehmen können.

29 Eine Kündigung als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ist so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Bei der Auslegung ist auf den Empfängerhorizont und seine Verständnismöglichkeit abzustellen. Der Empfänger darf der Erklärung allerdings nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen. Entscheidend ist im Ergebnis der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden (Ellenberger in Palandt, BGB, 76. Aufl., § 133 Rn. 9 m.w.Nw.).

30 In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich die Bekundung des Klägers in der E-Mail vom 15.11.2011, er beabsichtige, das aktive Tagesgeschäft einzustellen, unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes der E-Mail nicht als Kündigungserklärung hinsichtlich des Handelsvertretervertrages auslegen.

31 Eine Kündigungserklärung muss eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet werden soll (Emde in Staub, HGB, 5. Aufl., § 89 Rn. 47; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 89 Rn. 15). Eine derartige eindeutige Erklärung lässt sich der E-Mail vom 15.11.2011 nicht entnehmen. Der Angabe des Klägers, dass er sich entschieden habe, das aktive Tagesgeschäft, d. h. die Akquise neuer Kunden, einzustellen, ist keine einseitige Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu entnehmen. Aus dem Gesamtkontext ist ersichtlich, dass es eine Formulierung seiner Vorstellungen zu der weiteren vertraglichen Beziehung der Parteien darstellt, insbesondere indem der Kläger ausführt, dass beide wie versprochen in Kürze klären würden, wie das im Einzelnen aussehen würde. Ein eindeutiger Wille, den Handelsvertretervertrag insgesamt nicht mehr zu wollen, geht daraus nicht hervor. Das Vorbringen des Klägers, keine Neuakquise mehr durchführen zu wollen, stellt vorliegend den Vorschlag für die Vereinbarung einer Vertragsänderung und ggf. die Ankündigung einer Vertragsverletzung dar, jedoch keine Kündigungserklärung. Vielmehr ist schon aus dem Betreff der genannten E-Mail („Vorab-Info, alles weitere in Kürze“, s. Anlage K3) klar, dass der Kläger lediglich eine Diskussionsgrundlage angeboten hat.

32 Der Beklagten kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie ausführt, dass der Handelsvertretervertrag jedenfalls konkludent durch das Schreiben des Klägers vom 15.11.2011 in Verbindung mit der faktischen Beendigung der Tätigkeit für die Beklagte beendet worden sei (Berufungsbegründung S. 3, Bl. 201 d.A.). Zwar kann grundsätzlich die Kündigung eines Handelsvertretervertrages formlos, also sogar konkludent erfolgen (OLG München, Urteil vom 26.01.2012 – 23 U 3798/11 -, Rn. 6, juris). Ein Erklärungswert bezüglich einer Kündigung lässt sich jedoch dem vorgenannten Schreiben auch durch Auslegung nicht entnehmen, wie ausgeführt. Hinzu kommt, dass aus bloßer Untätigkeit des Handelsvertreters – die im Übrigen vorliegend seitens des Klägers bestritten ist – nicht auf eine Kündigung des Vertrags geschlossen werden darf (vgl. Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 89 Rn. 32). Insofern ist auch nicht maßgeblich, ob der Kläger nach dem 15.11.2011 Mitteilungen nach § 86 Abs. 2 HGB vorgenommen hat.

33 Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 23.08.2017 (S. 3) ausführt, dass der Besuch des Klägers mit Herrn H. am 18.06.2012 bei dem Kunden der Beklagten B. W. zeige, dass der Kläger sein Handelsvertreterverhältnis beendet habe, ist weder aus dem Inhalt des Besuchsberichtes des Herrn H. (Anlage B1 bzw. BK1) noch dem Umstand, dass der Kläger dabei eine Visitenkarte von AlBK und keine von der Beklagten abgab, der eindeutige Rückschluss auf eine bereits erfolgte Kündigung möglich. Soweit die Beklagte in dem vorgenannten Schriftsatz darauf abstellt, der Kläger habe gegenüber Herrn H. geäußert, dass er mit MFG nicht mehr zusammenarbeiten wolle, stellt dies lediglich die (innere) Einstellung des Klägers gegenüber der Beklagten dar.

34 1.1.1.3.3. Unbeanstandet von der Berufung führt das Landgericht zutreffend aus, dass auch seitens der Beklagten keine Kündigung des Vertragsverhältnisses erfolgte.

35 1.1.1.4. Aufgrund dieses zulässigen und begründeten Zwischenfeststellungsantrages ist jedenfalls eine Heilung des ggf. unzulässigen Teilurteils des Landgerichts eingetreten. Die Gefahr der Widersprüchlichkeit in der Berufungsinstanz kann nämlich dadurch beseitigt werden, dass über die Vorfragen ein Zwischenfeststellungsurteil gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ergeht, durch das die Möglichkeit eines Widerspruchs zwischen dem Teilurteil und dem Schlussurteil ausgeräumt wird (BGH, Urteile vom 26.04.2012 – VII ZR 25/11 -, Rn. 13, juris und vom 28.11.2002 – VII ZR 270/01 -, Rn. 10, juris). Dies gilt entsprechend in der vorliegenden Konstellation, dass in der ersten Stufe sowohl ein Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs (§ 87 c Abs. 2 HGB) als auch auf Provisionsabrechnung (§ 87 c Abs. 1 HGB) hinsichtlich eines ab 01.01.2012 überschneidenden Zeitraums geltend gemacht werden. Die Frage des Bestandes und der Dauer des Handelsvertreterverhältnisses ist sowohl für die Entscheidung über die Erteilung eines Buchauszuges als auch über die Abrechnung von Provisionen entscheidungserheblich. Durch den diesbezüglichen, zulässigen und begründeten Zwischenfeststellungsantrag ist damit die Gefahr eines Widerspruchs beseitigt.

36 1.2. Die Berufung der Beklagten ist jedoch in der Sache unbegründet, da dem Kläger ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges seit dem 01.01.2011 zusteht, § 87c Abs. 2 HGB.

37 Hinsichtlich des zwischen den Parteien fortbestehenden Handelsvertreterverhältnisses wird auf die Ausführungen unter Ziff. 1.1.1.3 Bezug genommen.

38 Entgegen der Ansicht der Beklagten in der Berufungsbegründung (S. 3, Bl. 201 d.A.) ist das Verlangen des Klägers nach Erteilung eines Buchauszugs auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der Kläger macht vielmehr von dem ihm gesetzlich eingeräumten Recht gemäß § 87c Abs. 2 HGB Gebrauch. Ein Handelsvertreter, der von seinem Recht in vollem Umfang Gebrauch macht, handelt grundsätzlich nicht missbräuchlich (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 87c Rn. 13). Der von dem Kläger geltend gemachte Buchauszug dient gerade dazu, ihm die erforderlichen Informationen aus dem Geschäftsbereich der Beklagten während seines laufenden Handelsvertreterverhältnisses zu verschaffen, über die er selbst nicht verfügt. Darüber hinaus hängt der Anspruch nicht davon ab, ob für das nach § 87 (bzw. Vertrag) provisionspflichtige Geschäft auch ein konkreter Provisionsanspruch nach § 87a (bzw. Vertrag) entstanden ist; der Streit darüber ist im Anschluss an die Feststellung auszutragen, welche Geschäfte für die Provision überhaupt in Betracht kommen (vgl. Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 87c Rn. 13, BGH WM 89, 1074).

39 2. Soweit der Kläger ferner im Rahmen des Zwischenfeststellungsantrages (§ 256 Abs. 2 ZPO) in 2. Instanz die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagte die noch offenen Provisionen zu bezahlen hat (Schriftsatz vom 20.09.2017, Bl. 218 f. d.A.), hat er diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2017 nicht gestellt.

40 3. Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2017 ausgeführt hat, dass er (lediglich) anrege, in der Berufungsinstanz über den noch in erster Instanz anhängigen Antrag auf Provisionsabrechnung zu entscheiden, kommt dies vorliegend nicht in Betracht. Bei einer Berufung des Beklagten gegen ein Teilurteil – wie vorliegend – kann der Kläger nicht mit der Anschlussberufung erreichen, dass über den Teil des Anspruchs entschieden wird, der noch in 1. Instanz anhängig ist (BGHZ 30, 213). Jedoch darf das Berufungsgericht den in 1. Instanz noch anhängenden Teil des Rechtsstreits mitbescheiden, wenn das erstinstanzliche Gericht unzulässigerweise durch Teilurteil entschieden hat (Heßler in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 524 ZPO Rn. 20, BGH MDR 60, 219). Vorliegend ist eine Heilung jedoch bereits durch den Zwischenfeststellungsantrag des Klägers hinsichtlich des Fortbestandes des Handelsvertreterverhältnisses zwischen den Parteien eingetreten.

41 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Soweit der Kläger den Zwischenfeststellungsantrag gemäß Satz 2 bezogen auf die Feststellung der Provisionszahlungspflicht in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2017 nicht gestellt hat, wirkt sich dieser Antrag nicht streitwerterhöhend aus. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht erfüllt sind.

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