Unterlassungsanspruch wegen Verwendung von Kundendaten

3 HK O 2349/08 Urteil verkündet am 9. Februar 2009 LG Augsburg Pflichten des Handelsvertreters

Landgericht Augsburg
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]
hat das Landgericht Augsburg – 3. Kammer für Handelssachen durch […] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2008 für Recht erkannt:

Tenor

I. Dem Beklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr aufgezeichnete oder gespeicherte Daten von Kunden der Klägerin zu verwenden, die ihm in seiner Eigenschaft als Bausparkassenvertreter der Klägerin überlassen worden waren.

II. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,– (ersatzweise Ordnungshaft) und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

III. Der Beklagte hat an die Klägerin EUR 1.641,96 (in Worten: eintausendsechshunderteinundvierzig Euro und 96/100 Cent) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.05.2008 zu bezahlen.

IV. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,– EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch wegen der Verwendung von Kundendaten geltend.
Der Beklagte war vom 01.02.1993 – 31.07.2007 als Handelsvertreter – ausschließlich – für die Klägerin, eine Bausparkasse, tätig. Danach war der Beklagte als Handelsmakler tätig und hat dabei bis 12.08.2008 unter anderem auch mit der Klägerin zusammen gearbeitet.

Auch nach seinem Ausscheiden als Handelsvertreter bei der Klägerin war der Beklagte weiterhin in Besitz der Daten (Namen, Anschriften und Vertragsnummern) von Kunden, die er für die Klägerin geworben und betreut hatte.

Ab Oktober 2007 führte die Klägerin eine „Abrufscheck-Aktion“ durch, bei der bestimmte Kunden der Klägerin mit Schreiben wie dem „Muster von Oktober 2007“, wegen dem auf die Anlage B 3 Bezug genommen wird, dazu bewegt werden sollten, sich ihr Guthaben auszahlen zu lassen. Es waren dies Kunden mit Verträgen, deren steuerliche Bindungsfrist abgelaufen war und bei denen der Kunde nach Zuteilungsreife entweder das günstige Bauspardarlehen in Anspruch nehmen hätte können oder sich das Ansparguthaben mit einer rückwirkenden Bonusverzinsung hätte auszahlen lassen können.

Der Beklagte schrieb mit Schreiben vom März 2008, wegen dem auf die Anlage K 2 Bezug genommen wird, ca. 170 Kunden der Klägerin mit Hilfe der noch in seinem Besitz befindlichen Kundendaten an.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Kunden für die [..] Bausparkasse abwerben wollen.

Der Beklagte behauptet, er habe die Kunden über die Nachteile der „Abrufscheck-Aktion“ aufklären wollen, insbesondere darüber, dass bei Abruf des Guthabens der hohe Bonuszins verloren geht.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Verhalten des Beklagten verstoße gegen § 90 HGB und sei zudem eine unlautere Wettbewerbshandlung i. S. v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. 17 Nr. 2 UWG und i. V. m. § 4 BDSG.

Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben ihrer anwaltschaftlichen Vertreter vom 14.05.2008 abmahnen und zur Übernahme der durch die Abmahnung entstandenen Kosten in Höhe von 1.641,96 EUR bis zum 26.05.2008 auffordern. Insoweit wird auf die Anlage K 13 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

1. Dem Beklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr aufgezeichnete oder gespeicherte Daten von Kunden der Klägerin zu verwenden, die ihm in seiner Eigenschaft als Bausparkassenvertreter der Klägerin überlassen worden waren.

2. Dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,– (ersatzweise Ordnungshaft) und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

3. Der Beklagte hat an die Klägerin EUR 1.641,96 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.05.2008 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, er sei berechtigt gewesen, die Kunden der Klägerin mit Hilfe der in seinem Besitz befindlichen Kundendaten anzuschreiben und aufzuklären. Insbesondere habe die Klägerin bei ihrer Abrufscheck-Aktion den Kunden verschwiegen, dass bei Abruf des Guthabens der zum Teil sehr hohe Zinsbonus verloren geht.
Der Beklagte ist der Ansicht, er sei zum Kundenkontakt berechtigt gewesen, weil er als Makler auch nach seinem Ausscheiden als Handelsvertreter mit der Klägerin zusammen gearbeitet habe.
Er habe die Daten der angeschriebenen Kunden nicht von der Klägerin erhalten, sondern diese Kunden selbst im Rahmen seiner Handelsvertretertätigkeit für die Klägerin geworben, so dass es sich auch nicht um Kundendaten der Klägerin handele.
Schließlich sei er gegenüber den von ihm geworbenen Kunden, mit denen er ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt habe, zur Aufklärung verpflichtet gewesen, um diese vor dem unfreiwilligen Verlust ihres Zinsbonus zu bewahren.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3; 4 Nr. 11; 17 Abs. 2 Nr. 2; 8 UWG zu.
Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
Die Parteien sind seit dem Ausscheiden des Beklagten bei der Klägerin als Handelsvertreter und Aufnahme seiner Tätigkeit als Handelsmakler Mitbewerber i. S. v. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1; 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
Das Anschreiben der Kunden der Klägerin durch den Beklagten stellt eine Wettbewerbshandlung i. S. v. §§ 3; 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Selbst wenn der Beklagte nicht in erster Linie beabsichtigt haben sollte, die angeschriebenen Kunden konkret für eine andere Bausparkasse abzuwerben, sondern es ihm in erster Linie darauf ankam, auf die – von der Klägerin verschwiegenen – Nachteile der Abrufscheck-Aktion hinzuweisen, wäre dies eine Wettbewerbshandlung. Denn die gezielt den Kunden des Mitbewerbers gegenüber geäußerte Kritik an der Lauterkeit der Geschäftspraktiken des Mitbewerbers umfasst gleichzeitig auch die Förderung des eigenen Absatzes.
Die Wettbewerbshandlung des Beklagten ist unlauter i. S. v. §§ 3; 4 Nr. 11; 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Die Kundendaten, die der Beklagte während seiner Tätigkeit als Handelsvertreter für die Klägerin gesammelt hat, stellen ein Geschäftsgeheimnis der Klägerin i. S. v. § 17 Abs. 2 UWG dar, auch wenn die Daten durch die Vermittlungstätigkeit des Beklagten in den Bestand der Klägerin gelangt sind. Denn der Beklagte hat die Kunden nicht für seinen eigenen Geschäftsbetrieb akquiriert, sondern für das Unternehmen der Klägerin.
Der Beklagte hat sich die Kundendaten i. S. v. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG unbefugt verschafft und sie unbefugt verwertet.
Der Beklagte durfte auf die schriftlich niedergelegten Kundendaten, die er nach seinem Ausscheiden beider Klägerin noch in seinem Besitz hatte, nicht zurückgreifen (vgl. BGH vom 27.04.2006 – I ZR 126/03 m.w.N.).
Der Beklagte war auch nicht auf Grund seiner Maklertätigkeit für die Klägerin befugt deren Kundendaten zu benutzen. Denn das Einverständnis der Klägerin zum Kundenkontakt des Beklagten im Rahmen seiner Maklertätigkeit umfasst nicht das Recht die Kundendaten der Klägerin ohne deren Wissen und Wollen dazu zu verwenden, gegenüber den Kunden der Klägerin Kritik an deren Geschäftspraktiken zu üben.
Der Beklagte war auch nicht auf Grund eines besonderen Vertrauensverhältnisses und einer besonderen Verantwortung gegenüber den angeschriebenen Kunden befugt, die in seinem Besitz befindlichen Kundendaten der Klägerin dazu zu verwenden, um die Kunden anzuschreiben. Denn die Entscheidung über die Verwertung der Kundendaten stand alleine der Klägerin zu, die persönlichen Motive des Beklagten begründen keinen Rechtfertigungsgrund für den Eingriff in die Geschäftsgeheimnisse der Klägerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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