Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen; Bestandspflegeprovision; Anruf zu Werbezwecken ohne Einwilligung

13 O 99/07 Urteil verkündet am 25. Juli 2007 LG Wiesbaden Versicherungsmaklerrecht

Landgericht Wiesbaden
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]
hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden durch […] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2007 für Recht erkannt:

Tenor

Dem Antragsgegner wird es im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 50.000,– EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise von Ordnungshaft verboten,

Verbraucher ohne deren Einwilligung zu Werbezwecken anzurufen oder dies zu versuchen.

Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Der Streitwert wird auf 10.000,– EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Verfügungskläger ist Versicherungsmakler und hat im Auftrag der jeweiligen Kunden der […] eine Reihe von Krankenversicherungsverträgen vermittelt. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Verfügungskläger und der […] ist inzwischen beendet. Der Verfügungskläger erhält aber noch Bestandpflegeprovisionen für die von ihm vermittelten fortbestehenden Verträge. Der Verfügungsbeklagte ist Bezirksdirektor der […] und hat verschiedene Kunden des Verfügungsklägers, die mit der […] Verträge abgeschlossen haben, nach Ausscheiden des Verfügungsklägers angerufen. Der Inhalt der Gespräche ist streitig.

Der Verfügungskläger ist der Ansicht, der Verfügungsbeklagte dürfe schon aus Rechtsgründen die von ihm an die […] vermittelten Kunden nicht ohne deren Einwilligung zu Werbezwecken anrufen. Er habe diesen Kunden angeboten, sie bevorzugt zu behandeln, namentlich im Leistungsfall durch die Einräumung besonderer Priorität eine schnellere Regulierung vorzunehmen. Er habe darüber hinaus Verträge zu neuen, angeblich besseren Konditionen angeboten. Er beantragt,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu verbieten,

a) Verbraucher ohne deren Einwilligung zu Werbezwecken anzurufen oder dies zu versuchen,

b) Versicherungsnehmern anzubieten, sie bevorzugt zu behandeln, namentlich im Leistungsfall durch die Einräumung besonderer Priorität eine schnellere Regulierung vorzunehmen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Er behauptet, er habe im Zuge einer Prüfung der Kundenzufriedenheit verschiedenste Kunden angerufen, darunter auch solche, die der Verfügungskläger der […] vermittelt hat. Dabei habe er aber lediglich gefragt, ob die Kunden mit den Leistungen des Verfügungsklägers zufrieden seien und ob sie sonst noch Fragen hätten. Hierbei sei wiederholt gefragt worden, wie die Leistungen der […] beschleunigt an die Kunden gelangen könnten und er habe demgemäß geantwortet, die Kunden könnten ihre Leistungsanträge auch unmittelbar an die […] richten, also ohne zuvor den Verfügungskläger einzuschalten.

Im übrigen wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und Anlagen und insbesondere die von ihnen vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung war zu erlassen, soweit dem Verfügungsbeklagten verboten wird, Verbraucher ohne deren Einwilligung zu Werbezwecken anzurufen oder dies zu versuchen. Ein solches Verhalten verstößt nämlich gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, wenn Telefonanrufe gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung stattfinden. So lag es hier wie die eidesstattliche Versicherung des […] und das Schreiben des […] vom 23.07.2007 ergeben. Aus der eidesstattlichen Versicherung ergibt sich, dass der Verfügungsbeklagte dem Herrn […] ein Angebot über geänderte Tarife zuzusenden versprach, wie er auch Herrn […] eine Tarifumstellung angeboten hat, die für diesen aber nicht in Frage kam. Dies ergibt der Brief […]. Zwar ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Telefonwerbung V (WRP 06, 603), dass eine Telefonwerbung gegenüber Privatkunden zulässig ist, wenn sie lediglich der Pflege eines bestehenden Vertragsverhältnisses dient, weil dann in der Regel von einer Einwilligung des Kunden ausgegangen werden kann. Das gilt aber nicht, wenn das bestehende Vertragsverhältnis nicht selbst gepflegt werden soll, sondern lediglich als „Aufhänger“ dafür benutzt wird, eine andere Leistung anzubieten. So lag es hier gegenüber […] und […], denen neue Tarife angeboten worden sind. Folglich war ein solches Verhalten durch einstweilige Verfügung zu untersagen.

Dagegen hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keinen Erfolg soweit dem Verfügungsbeklagten verboten werden soll, Versicherungsnehmern bevorzugte Behandlung anzubieten namentlich im Leistungsfall besondere Priorität einzuräumen und eine schnellere Regulierung vorzunehmen. Aus den eidesstattlichen Versicherungen ergibt sich nämlich nicht, dass der Verfügungsbeklagte solche Erklärungen zu Unrecht abgegeben hat. Vielmehr hat er lediglich darauf hingewiesen, dass bei einer Einreichung der Anträge unmittelbar an die […] die Laufzeit geringer ist als wenn die Einreichung über den Verfügungskläger geschieht. Mehr lässt sich den eidesstattlichen Versicherungen, die der Verfügungskläger überreicht hat, nicht entnehmen. Eine solche Aussage ist zutreffend, denn wenn der Umweg über den Verfügungskläger gespart wird, geht die Bearbeitung schneller, wie sich dem Zusammenhang von selbst ergibt. Schließlich kann der Verfügungsbeklagte nicht darauf hinweisen, er stehe mit dem Verfügungskläger nicht in Wettbewerb, weil er ja lediglich Mitarbeiter der […] ist, aber nicht selbst Versicherungsmakler. Ansprüche nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG richten sich nämlich nicht nur gegen den Unternehmer selbst, der seine Mitarbeiter zu wettbewerbswidrigen Handlungen anhält, sondern auch gegen die Handelnden selbst.
Das Vorliegen der Wiederholungsgefahr wird vermutet. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Besprechung(en) zur Rechtsprechung
Unzulässige Telefonwerbung
Schlagwörter
Werbeanrufe (2) Versicherungsmakler (25) Krankenversicherungsverträge (1) Einwilligung (3) Bestandspflegeprovision (4)