Versicherungsmaklervertrag: Bestandspflegevergütung nach Kündigung eines Rahmenvertrages

415 O 53/05 Urteil verkündet am 5. September 2005 LG Hamburg Courtageanspruch des Versicherungsmaklers

Landgericht Hamburg
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.218,13 (i.W.: EURO zweitausendzweihundertachtzehn 13/100) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.07.2005 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, nach Ablauf eines Kalenderjahres gegenüber der Klägerin Bestandspflegevergütungen aus dem Versicherungsbestand gemäß der Anlage zu diesem Urteil (Anlage K 18) abzurechnen und zum 31.03. des Folgejahres auszuzahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. Jedoch werden der früheren Klägerin U. L. vertreten durch die Prozessbevollmächtigten der jetzigen Klägerin, die bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Rechtsstreit am 20.06.2005 als Folge der ursprünglich durch sie erhobenen Klage entstandenen Mehrkosten auferlegt.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Versicherungsmaklervertrag.

Die Beklagte und die ebenfalls zur V. Versicherungsgruppe gehörenden V. Deutsche Krankenversicherung AG, V. Deutsche Sachversicherung AG und A. Rechtsschutzversicherung AG verfügten in der ersten Hälfte der neunziger Jahre über einen Bestand an Versicherungsverträgen, die ihnen durch eine Firma A. & Partner als Versicherungsmaklerin vermittelt worden waren und von dieser betreut wurden. Als deren Firma erlosch, traf die Beklagte, welche die übrigen Gesellschaften ihrer Gruppe vertritt, zunächst mit einer Firma H. GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter der Mitgesellschafter der jetzigen Klägerin, J. B., war, eine Maklerprovisionsvereinbarung, die neben der Vermittlung von Neugeschäften auch die Betreuung des von A. & Partner vermittelten Bestandes betraf. Zum 23.11.1995 schuldete die H. GmbH der Beklagten die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen in Höhe von DM 61.542,95, wozu sie jedoch nicht mehr imstande war; sie meldete Konkurs an. J. B., der weiterhin für die V. Versicherungsgruppe als Makler tätig sein wollte und zu diesem Zweck ein neues Unternehmen unter der Bezeichnung B. gründete, und die Beklagte tragen daraufhin eine Vereinbarung, wonach er die Verbindlichkeiten der H. GmbH übernehmen sollte – die er in der Folgezeit auch, zumindest überwiegend, tilgte (Schecks Anlagen K 7a und 7b) – und die Beklagte im Gegenzug damit einverstanden war, dass B. die bisher von der H. GmbH vermittelten bzw. betreuten Versicherungsverträge übernahm. Im Mai 1996 gründete J. B. mit dem Ehemann seiner jetzigen Mitgesellschafterin, G. L., eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung „B. A. J. B. und G. L. Betreuung und Verwaltung von Versicherungsbeständen“. Mit Schreiben vom 23.05.1996 erklärte sich die Beklagte dieser Gesellschaft gegenüber

„… gern bereit, mit Ihnen eine Zusammenarbeit aufzunehmen. Die rechtliche Grundlage der Zusammenarbeit ist der § 93 HGB. Die Grundlagen unserer zukünftigen Zusammenarbeit ergeben sich aus der beiliegenden Courtagezusage und den dazugehörigen Anlagen. Sie übernehmen die Betreuung aller von der B. … vermittelten bzw. bisher betreuten Versicherungsverträge. Sie treten insoweit in alle Rechte und Pflichten der B. ein, d. h., sie haben auch nicht verdiente Vergütungen aus den von der B. vermittelten Versicherungsverträgen zurückzuzahlen. Dies gilt insbesondere auch für Vergütungen, die noch an die B. ausgezahlt wurden.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen. Dem Schreiben lag eine „Courtagezusage“ vom 21.05.1996 (Anlage K 3) bei sowie u. a. eine als „gültig ab: 01.04.1996“ bezeichnete „Zusatzregelung … – Bestandspflegecourtage -„, in der es u. a. heißt:
„1. Für die Betreuung der vermittelten Lebensversicherungen nach den Tarifen … wird eine Bestandspflegecourtage von 2 % der gezahlten Beiträge p. a. vergütet.

3. Die Bestandspflegecourtage wird für das abgelaufene Kalenderjahr bis spätestens 31.03. des Folgejahres vergütet.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen. Schließlich trafen B. und die Beklagte eine ausdrückliche Vereinbarung über den von der B. bisher betreuten Bestand an Versicherungsverträgen mit folgendem Wortlaut:

„1. Die V. ordnet dem V. (i. e. B.) einen Bestand an Versicherungsverträgen zur Betreuung im Sinne der zwischen den Parteien geschlossenen Courtagezusage vom 22.05.1996 zu.

Die Courtagezusage ist insofern auch auf die zugeordneten Bestände anzuwenden.

2. Bereits an den Ursprungsvermittler bzw. den früheren Betreuer des zugeordneten Bestandes, B. gezahlte Vergütungen werden nicht erneut gewährt; dieses betrifft insbesondere bereits gewährte Abschlussprovisionen. Die Höhe der Vergütungen und die Stornohaftung richtet sich nach der Courtagezusage vom 22.05.1996 und den dazu gehörigen Provisionsbedingungen …“

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 8 verwiesen. Die aktuellen Bestandslisten stellte die Beklagte der B. A. zur Verfügung und rechnete in der Folgezeit Vermittlungs-, Folge- und Bestandspflegeprovisionen ab, und zwar auch Bestandspflegeprovisionen in der Sachversicherung.

Im Jahr 2000 trat an Stelle des G. L. dessen Ehefrau U. in die Gesellschaft ein, die nunmehr unter der Bezeichnung „J. B. & U. L. GbR“ bzw. „H.-J. B., U. L. GbR“ im Rechtsverkehr und gegenüber der Beklagten auftrat und mit dieser unter dem 07.02.2000 eine entsprechende Vereinbarung über die Zuordnung eines Bestandes an Versicherungsverträgen zur Betreuung und über eine Vermittlungs- und Bestandspflegecourtage traf (Anlagen K 13 und K 14). Die Beklagte rechnete daraufhin regelmäßig gegenüber der „J. B. & U. L. GbR“ ab (Beispiele Anlagen K 10a, K 10b, K 10c, K 12).

Parallel dazu stand die Gesellschafterin U. L., die frühere Klägerin, mit der Beklagten in gesonderter Vertragsbeziehung (Anlagen K 15 und K 16); die Gesellschafter agierten außerdem unter einer Firma „C. S. D.“ und vermitteln unter dieser Bezeichnung der V. Versicherungsgruppe neue Geschäfte. Die Beklagte wollte diese Vermittlungen jedoch nicht der Klägerin zurechnen und äußerte sich über den Umfang des Neugeschäfts unzufrieden. Unter dem 02.04.2004 schrieb sie an die Klägerin:

„… Da offensichtlich keine Möglichkeit besteht, dass Sie uns mit einer regelmäßigen ausreichenden Produktion bedienen können, kündigen wir hiermit den bestehenden Vertrag zum 31.10.2004.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 9 Bezug genommen.

Letztmalig rechnete die Beklagte gegenüber der Klägerin zum 03.01.2005 ab, schließend mit einem Saldo zugunsten der Klägerin in Höhe von EUR 2.218,13 (einschließlich einer „Bestandspflegevergütung Sach“ in Höhe von EUR 363,80) und wies eine Stornoreserve in Höhe von EUR 4.372,95 aus. Stornierungen, die zu Provisionsrückzahlungen über diesen Betrag hinaus führen, werden, wie unter den Parteien unstreitig ist, nicht eintreten. Der Bestand an Versicherungen, die zuletzt von der Klägerin betreut wurden, ergibt sich aus der Anlage K 18.
Der Rechtsstreit ist durch eine Klage der Gesellschafterin U. L. eingeleitet worden, die zunächst behauptet hat, der Mitgesellschafter J. B. sei im Jahre 2004 ausgeschieden. Sie hat ursprünglich Zahlung aus der Provisionsabrechnung per 15.12.2004 verlangt, und daneben Feststellung der künftig weiterhin bestehenden Verpflichtung der Beklagten zur Abrechnung und Zahlung von Bestandspflegevergütung. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.06.2005 hat – vor Antragstellung – ihre Prozessbevollmächtigte zu Protokoll einen Parteiwechsel auf Klägerseite zugunsten der jetzigen, gleichfalls von ihr vertretenen, Klägerin erklärt; die Beklagte hat widersprochen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe die bestehenden Vereinbarungen nicht mit Wirkung für die ihr übertragene Bestandspflege kündigen können.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 2.218,13 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem aktuellen Diskontsatz seit dem 14.01.2005 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte zukünftig weiterhin verpflichtet ist, Bestandspflegevergütungen gegenüber der Klägerin aus dem am 23.05.1996 übertragenen Versicherungsbestand, wie er sich aus den Listen „Verträge mit der VoFü (LV)“, lfd. Nr. 1 bis Nr. 316, beginnend mit … und endend mit …, ausgewiesenes jährliches Beitragsvolumen EUR 316.273,02, und „Verträge mit der VoFü (Sach)“, lfd. Nr. 317 bis Nr. 687, beginnend mit … und endend mit …, ausgewiesenes jährliches Beitragsvolumen EUR 41.656,03, ergibt, abzurechnen und einmal monatlich die Guthaben auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 20.06.2005 (Bl. 31 ff. der Akte) und vom 15.08.2005 (Bl. 43 f. der Akte) ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die von der jetzigen Klägerin weiter verfolgte Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Der im Verhandlungstermin vom 20.06.2005 erklärte Parteiwechsel ist wirksam. Das Verfahren bei Parteiänderung orientiert sich zwar an § 263 ZPO, jedoch nur, soweit schutzwürdige Interessen der Gegenpartei dies verlangen. Daher bedarf der Parteiwechsel auf Klägerseite nicht stets der Einwilligung des Beklagten, sondern nur, wenn zuvor mündlich verhandelt worden ist, weil das Ausscheiden des alten Klägers einer Klagrücknahme gleichkommt und § 269 Abs. 1 daher analog anzuwenden ist. Im Termin vom 20.06.2005 sind jedoch keine Anträge gestellt worden.

Entgegen vereinzelt anzutreffender Meinungen bedarf es zur Formwirksamkeit der Parteiänderungen auch nicht der Zustellung eines Schriftsatzes. Die Erklärung kann vielmehr gemäß § 261 Abs. 2, 1. Alt., ZPO ebenso gut in der mündlichen Verhandlung abgegeben werden. Schutzwürdigen Interessen der Gegenpartei wird dadurch genügt, dass sie sich nicht sogleich einlassen muss und Vertagung verlangen kann. Eine Vertagung hat im Streitfall stattgefunden.

Daher war das Aktivrubrum entsprechend dem Klägerwechsel zu ändern, der sich nun lediglich noch im Kostenpunkt analog § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu Lasten der bisherigen Klägerin auswirkt.

Der neu formulierte und gestellte Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Klägerin hat, nachdem die Beklagte ihre Verpflichtung zur Abrechnung und Vergütung von Bestandspflegeprovision ernstlich bestreitet, ein Interesse an alsbaldiger Feststellung, ob diese Verpflichtung fortbesteht. Eine bessere Rechtsschutzmöglichkeit, etwa eine Leistungsklage, steht der Klägerin zur Zeit nicht zu Gebote. Ob nach § 259 ZPO eine Leistungsklage auf künftige Leistung, die auch nur die Abrechnungspflicht erfassen könnte, zulässig wäre, kann offen bleiben; eine solche Klage beseitigt jedenfalls das Feststellungsinteresse nicht (vgl. BGH NJW 86, 2507).

Entgegen den Bedenken der Beklagten ist der Feststellungsantrag jetzt auch bestimmt genug. Sie kann anhand des Antrages, dessen Formulierung sich mit der Bestandsliste Anlage K 18 deckt, genau erkennen, über welche Versicherungsverträge sie hinsichtlich der Bestandspflegeprovision abrechnen und diese bei Fälligkeit auszahlen soll. Wenn und soweit sich in diesem Bestand etwas ändert – etwa aufgrund des Ablaufs einer Versicherung, einer Kündigung oder eines auf Seiten eines Versicherungsnehmers neu eintretenden Maklers – kann sie dies in der Abrechnung ohne weiteres berücksichtigen.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ist der Hauptforderung nach in vollem Umfang, hinsichtlich des Zinsanspruchs nur teilweise begründet. Vorab ist hierzu festzustellen, dass die Beklagte aufgrund § 2 Nr. 5 der Courtagezusage vom 21.05.1996 nicht nur wegen der ihr zuzurechnenden Lebensversicherungen, sondern auch wegen der übrigen Sparten anspruchsverpflichtet ist; sie hat darin nämlich eine befreiende Schuldübernahme zugunsten der anderen Versicherer ihrer Gruppe erklärt.

Der Anspruch auf die abgerechnete Provision ist nach §§ 93 ff. HGB, 652 ff. BGB in Verbindung mit der Courtagezusage nebst Anlagen vom 21.05.1996/07.02.2000 begründet. Mit der Abrechnung vom 03.01.2005 hat die Beklagte ein Saldoanerkenntnis abgegeben, das sie grundsätzlich zur Zahlung verpflichtet. Allerdings wäre, auch wenn eine ausdrückliche Regelung in der Courtagezusage fehlt, die Beklagte nur insoweit zur Zahlung verpflichtet, als die nach § 4 Nr. 2 der Courtagezusage gebildete Stornoreserve nicht ausreichen würde, um ihren Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Provisionsvorschüsse zu sichern. Die Stornoreserve in der ausgewiesenen Höhe ist jedoch, wie die Klägerin unwidersprochen vorträgt, auskömmlich.

Der Anspruch auf Verzugszinsen ist jedoch erst ab Zustellung des den entsprechenden Zahlungsantrag zugunsten der jetzigen Klägerin enthaltenden Schriftsatzes vom 11.07.2005 begründet, §§ 286 Abs. 1 Satz 2 BGB; ein früherer Verzugseintritt etwa durch Mahnung ist nicht ersichtlich. Auch unter dem Gesichtspunkt der Fälligkeitszinsen, §§ 352, 353 HGB, besteht kein Zinsanspruch, weil für das Gericht nicht ersichtlich ist, ab wann der Abrechnungssaldo fällig geworden ist. Dies geschah nicht zwangsläufig durch die Abrechnung selbst. Vielmehr bedurfte es der zusätzlichen Voraussetzung, dass sich die Stornogefahr auf den Anspruch nicht mehr auswirken konnte. Hiervon ist, nachdem die Klägerin für diesen Punkt zuvor keinen Vortrag gehalten hat, erst aufgrund und mit ihrer Mitteilung in dem in dem neuen Antrag enthaltenen Schriftsatz auszugehen, wonach die vorhandene Stornoreserve ausreiche. Wegen des früheren Zinsbeginns ist die Klage daher teilweise abzuweisen.

Überwiegend begründet ist auch der Feststellungsantrag.

Die Beklagte schuldet der Klägerin weiterhin ungeachtet ihrer Kündigung Bestandspflegecourtage entsprechend den getroffenen Zusatzvereinbarungen vom 21.05.1996/07.02.2000 (Anlagen K 5 bzw. K 13). Diese Regelungen betreffen zwar ausdrücklich nur die Lebensversicherung. Nachdem de Beklagte allerdings jahrelang regelmäßig auch für die Betreuung der Versicherungsnehmer in der Sachversicherung Provisionen abgerechnet und gezahlt hat, diese also den Lebensversicherungsverträgen gleichbehandelt hat, kann hieraus nur auf eine – mindestens konkludente – Einbeziehung auch der übrigen Versicherungssparten in die Bestandspflegecourtageregelung geschlossen werden.

Unerheblich ist des Weiteren, dass in den Zusatzregelungen unmittelbar nur die Betreuung der vermittelten Lebensversicherungen angesprochen wird. Aufgrund der gesamten vertraglichen Regelungen im Anschluss an die „Übertragung“ der Versicherungsverträge auf die Klägerin, insbesondere aus dem Schreiben vom 23.05.1996 (Anlage K 2), ist nämlich zu folgern, dass die Parteien diejenigen Verträge, die bis dahin die B. betreute, den von der Klägerin vermittelten neuen Geschäfte hinsichtlich der Betreuung gleichstellen wollten. Anders wäre nicht zu erklären, dass die Beklagte der Klägerin bestätigte, auch die Betreuung dieser Verträge zu übernehmen, und dass die Anlage K 8 nicht nur die Vermittlungsprovisionen, sondern auch die Betreuungsprovisionen zwischen der B. und der Klägerin ausdrücklich zeitlich abgrenzt.
Dem entspricht es, dass die Beklagte sämtliche Versicherungsverträge, wie sie in der Anlage K 18 aufgeführt sind – die von der Beklagten selbst stammt -, hinsichtlich der Betreuung seit deren Übernahme durch die Klägerin vergütet hat.

Durch ihre Kündigung vom 02.04.2004 konnte sich die Beklagte dieser Pflicht nicht einseitig entziehen. Die Frage, wer die Versicherungsverträge künftig betreut, steht nämlich außerhalb ihrer Rechtsmacht. Deswegen geht auch die Bemerkung der Beklagten in dem Schreiben vom 06.10.2004 (Anlage K 11), sie habe sich entschlossen, der Klägerin „die Bestände nicht zu überlassen“, an der Rechtslage vorbei. Die Beklagte hat nämlich in dem von ihr selbst formulierten Regelwerk, durch das die Zusammenarbeit der Parteien begründet wurde, ausdrücklich festgehalten, dass die Klägerin „selbständiger Handelsmakler gemäß §§ 93 ff. HGB“ sei und die Beklagte sich auf eine andere Rechtsstellung der Klägerin als die eines Versicherungsmaklers nicht berufen werde. Im Zusammenhang mit der vereinbarten Übernahme des bis dahin von der B. bzw. zuvor von H. und noch früher von A. & Partner vermittelten und betreuten Versicherungen bedeutet dies, dass die Beklagte anerkannt hat, die Klägerin so zu behandeln, als habe diese sämtliche Verträge in ihrer Funktion als Versicherungsmakler vermittelt. Der Versicherungsmakler kann nun in einem Vertragsverhältnis allein zum Versicherungsnehmer stehen, dessen treuhänderischer Sachwalter er ist. In diesen Fällen ist aber der Versicherer, so er denn die vermittelten Verträge abschließt, zur Zusammenarbeit mit dem Makler verpflichtet (vgl. Prölss/Martin/Kollhosser. Rn. 23 nach § 48). Denn es steht ihm zwar frei, vermittelte Verträge nicht abzuschließen, im Fall des Abschlusses ist er jedoch – kraft Handelsbrauch allein – verpflichtet, die Abschlussprovision zu zahlen und bei entsprechender vertraglicher Gestaltung, die sein Rechtsverhältnis zum Makler verstärkt (Kollhosser a.a.O., Rn. 22), auch das Bestandspflegegeld (vgl. Kollhosser, a.a.O. Rn. 35). Hierbei ist zu beachten, dass der Makler die Bestandspflege nicht im Auftrag und im Interesse des Versicherers erbringt, sondern dem Versicherungsnehmer zur Betreuung verpflichtet ist. Es ist allein Sache der Versicherungsnehmer zu entscheiden, ob sie ihre Verträge von einem Makler und ggf. von welchem Makler betreuen lassen wollen. Es ist daher von den Versicherungsnehmern zu entscheiden, ob sie etwa einen Maklerwechsel vornehmen.

Das Gericht verkennt nicht, dass die Praxis diese Rechtsverhältnisse anders betrachtet – wie es auch in den von den Parteien verwendeten Begriffen und Gedanken zum Ausdruck kommt, indem sie unterstellen, die Frage der „Überlassung“ von Versicherungsbeständen sei Angelegenheit des Versicherers und der Versicherungsnehmer sei bloßes Objekt der zwischen Makler und Versicherer getroffenen Vereinbarungen. Wünscht der Versicherer eine solche Gestaltung, so darf er sich allerdings keines Maklers bedienen, sondern muss einen Agenten einschalten, der nur ihm verantwortlich ist und nicht vorrangig dem Versicherungsnehmer. Die Beklagte hat dies ausdrücklich nicht gewollt.

Die Rechtslage ist im maßgeblichen Punkt keine andere, weil die Parteien ein „Doppelrechtsverhältnis“ begründet haben und dieses mit besonderen Vereinbarungen versehen haben (Matusche-Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, Rn. 289 ff.). Bei dieser Vertragsgestaltung treffen den Makler Interessenwahrnehmungspflichten zwar auch gegenüber dem Versicherer; diese sind jedoch geringer ausgeprägt als die entsprechende Pflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer (Matusche-Beckmann a.a.O. Rn. 299). Insbesondere steht es auch dann nicht im Belieben des Versicherers, über den Kopf der Versicherungsnehmer hinweg den Makler von dessen Betreuungstätigkeit, die er den Versicherungsnehmern schuldet, zu entbinden und ihm die hierfür zugesagte Courtage zu streichen. Der Maklerwechsel steht weiterhin nicht dem Versicherer, sondern nur dem Versicherungsnehmer zu.

Bei den vorausgegangenen Maklerwechseln waren allerdings die Versicherungsnehmer offensichtlich nicht in die „Übertragung“ ihrer Versicherungen eingebunden. Bei diesen früheren Vorgängen verhielt es sich aber auch so, dass die bisherigen Maklerfirmen erloschen, insolvent wurden oder von sich aus die Maklertätigkeit niederlegten. Die Klägerin ist aber nach wie vor bereit und in der Lage, die Versicherungsnehmer des von ihr bisher betreuten Bestandes weiterhin zu betreuen.

Mithin hat die von der Beklagten erklärte Kündigung nur Auswirkungen auf das Neugeschäft. Sie ist nunmehr frei zu entscheiden, ob sie von der Klägerin vermittelte Verträge abschließt und zur Zahlung der Provision dem Grunde und der Höhe nach nur entsprechend Handelsbrauch verpflichtet.

Die Kündigung des Courtageabkommens mag sich auch auf die Höhe der Bestandspflegecourtage beziehen. Die Beklagte hat der Klägerin allerdings in der Vergangenheit 2 % der Jahresprämie gewährt und könnte sich auf die branchenübliche Provision beschränken. Die Beklagte macht allerdings selbst nicht geltend, sie hätte Bestandspflegeentgelt über die übliche Höhe hinaus zugesagt.

Die Beklagte beruft sich vorsorglich auf einen wichtigen Grund zur Kündigung der Verträge. In der Tat ist es denkbar, dass dem Versicherer die weitere Zusammenarbeit mit dem Makler nicht mehr zumutbar ist (vgl. Kollhosser, a.a.O. Rn. 24). Einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB vermag das Gericht allerdings in dem der Klägerin vorgeworfenen Verhalten nicht zu erkennen. Soweit die Beklagte damit unzufrieden ist, dass die Klägerin kein ausreichendes Neugeschäft mehr vermittelt habe, ist sie darauf hinzuweisen, dass den Versicherungsmakler – anders als den Agenten – keine Verpflichtung trifft, sich um Abschlüsse zu bemühen. Auch dies hat die Beklagte durch die Eingangsbestimmung der Courtagezusage (§ 1 Nr. 1) bestätigt.

Unerheblich ist auch, dass die jetzige Klägerin und ihre Mitgesellschafterin sich ursprünglich nicht sicher waren, wem die Ansprüche zustehen. Auch die Beklagte ist hier zunächst einem Irrtum unterlegen, bis ihr die Anlagen K 13 und K 14 präsentiert wurden. Schon gar nicht kann sie sich darauf berufen, der Gesellschafterwechsel sei ihr nicht angezeigt worden und für sie nicht hinnehmbar, hat sie doch jahrelang, ohne dies zu beanstanden, gegenüber der Klägerin in deren jetziger Zusammensetzung abgerechnet und sogar im Jahr 2000 einen Vertrag in Kenntnis des Gesellschafterbestandes mit ihr geschlossen.

Die Beklagte ist demgemäß verpflichtet, weiterhin über die Courtage abzurechnen und diese auszuzahlen, solange die Versicherungsverträge fortbestehen und solange die Klägerin für die Versicherungsnehmer als Makler tätig wird. Erst bei einem von den Versicherungsnehmern veranlassten Maklerwechsel wird, ggf. zeitanteilig, dem neuen Makler die Courtage zustehen (vgl. Matusche-Beckmann, Rn. 336 ff. a.a.O.). Die Beklagte wird sich auch nicht darauf berufen können, die Klägerin erbringe gar keine Betreuungsleistungen – diese Rüge bleibt allein den Versicherungsnehmern vorbehalten.

Der geltend gemachte Anspruch geht jedoch in seinen Modalitäten zu weit. Es ist nicht einmal monatlich abzurechnen und auszuzahlen. Nach den getroffenen Vereinbarungen entsteht die Abrechnungspflicht erst mit Beginn des folgenden Kalenderjahres und Zahlungen werden erst zum 31.03. des Folgejahres fällig.

Wegen des Mehrverlangens der Klägerin ist die Klage daher unbegründet und abzuweisen.

Die Kostenentscheidung im Verhältnis der Parteien zueinander folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, weil das Unterliegen der – jetzigen – Klägerin im Verhältnis zu ihrem Obsiegen geringfügig ist und keine Mehrkosten verursacht hat.

Der früheren Klägerin U. L. sind die bis zu ihrem Ausscheiden entstandenen unnützen Mehrkosten analog § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuerlegen. Das Gericht schließt sich hierbei der überwiegenden Meinung an, wonach nur die Mehrkosten – und nicht die Quote der gesamten bis zum Ausscheiden entstandenen Kosten – zu tragen sind. Die Mindermeinung (etwa Brandenburgisches OLG MDR 04, 842) hält es offenbar für unbillig, dass die Belastung des ursprünglichen Klägers lediglich mit den Mehrkosten bedeuten würde, dass er fast ohne Kostennachteil aus dem Prozess ausscheiden könnte und der ihm gegenüber im Kern gegebene Kostenerstattungsanspruch des Beklagten leer laufen würde. Das Gericht hält es umgekehrt für unbillig, dass der Beklagte, nur weil er zunächst vom Falschen in Anspruch genommen wurde, einen Teil der sonst allein von ihm zu tragenden Kosten erstattet bekommt. Seinen Interessen ist Genüge getan, wenn er die vermeidbaren Mehrkosten ersetzt bekommt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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