Krankheit und Ausgleichsanspruch bei Eigenkündigung
Rechtstipp Ausgleichsanspruch, Kündigung des HandelsvertretervertragsKrankheit des Handelsvertreters: Wann besteht ein Ausgleichsanspruch bei Kündigung wegen Krankheit?
Ein Handelsvertreter, der selbst das Vertragsverhältnis beendet, hat grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die Kündigung aufgrund einer schwerwiegenden Krankheit erfolgt und eine Fortsetzung der Tätigkeit objektiv unzumutbar ist.
Ausgleichsanspruch bei Kündigung aus Krankheitsgründen
Gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. HGB bleibt der Ausgleichsanspruch erhalten, wenn der Handelsvertreter aus Krankheitsgründen kündigt und nachweisen kann, dass die Fortsetzung der Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Voraussetzung ist eine schwere, nicht absehbar endende Erkrankung, die die Tätigkeit nachhaltig unmöglich macht (BGH, Urt. v. 29.04.1993 – I ZR 150/91). Entscheidend ist eine objektive Beurteilung, die durch Gutachten belegt werden muss.
Einvernehmliche Vertragsauflösung als Alternative
Anstelle einer Eigenkündigung kann der Handelsvertreter mit dem Unternehmen eine einvernehmliche Vertragsauflösung unter Verweis auf die Erkrankung verhandeln. Dies ist eine rechtssichere Option, da der Ausgleichsanspruch in diesem Fall nicht ausgeschlossen ist.
Nachweispflicht des Handelsvertreters
Der Handelsvertreter trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für die krankheitsbedingte Unzumutbarkeit. Hierfür sollten folgende Beweise gesichert werden:
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Ärztliche Atteste und Sachverständigengutachten: Eine umfassende medizinische Begutachtung ist erforderlich. Privatgutachten oder Bescheinigungen eines Hausarztes haben lediglich Indizwirkung und sind nicht allein ausschlaggebend.
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Amtsärztliches Attest: Ein objektiver medizinischer Befund eines Arbeitsmediziners ist entscheidend. Der Arzt muss die spezifischen Anforderungen der Handelsvertreter-Tätigkeit berücksichtigen.
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Gerichtliches Beweissicherungsverfahren: Falls das Unternehmen den Krankheitsnachweis bestreitet, sollte ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hinzugezogen werden.
Wichtige Rechtsprechung und Indizien
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Die Krankheit muss so schwer sein, dass sie auch durch Ersatzkräfte nicht ausgeglichen werden kann.
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Weder eine anerkannte Schwerbehinderung noch eine Berufsunfähigkeit führen automatisch zur Unzumutbarkeit der Tätigkeit (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.05.2001 – 16 U 114/00).
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Die Unzumutbarkeit muss sich auf den konkreten Handelsvertretervertrag beziehen.
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Der Handelsvertreter kann den ausgleichserhaltenden Grund noch bis zu zwei Jahre nach Kündigung nachschieben.
Besonderheit: Handelsvertreter-GmbH
Eine GmbH als juristische Person kann grundsätzlich nicht aus gesundheitlichen Gründen kündigen. Wenn jedoch eine Ein-Mann-GmbH vollständig von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer abhängt, kann in Ausnahmefällen auf die natürliche Person abgestellt werden. Eine rechtssichere Lösung bleibt jedoch eine einvernehmliche Vertragsauflösung.
Fazit
Eine krankheitsbedingte Eigenkündigung kann nur dann zum Ausgleichsanspruch führen, wenn die Unzumutbarkeit der Tätigkeit gerichtsfest nachgewiesen wird. Eine einvernehmliche Vertragsauflösung ist oft die sicherere Alternative. Handelsvertreter sollten frühzeitig medizinische Gutachten einholen und gegebenenfalls ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren einleiten.