Anforderungen an einen begründeten Anlass i.S. § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB
19 W 5/14 Beschluss verkündet am 20. März 2014 OLG Köln Ausgleichsanspruch, Kündigung des HandelsvertretervertragsOberlandesgericht Köln
Im Namen des Volkes
Beschluss
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 27.12.2013 in seiner Gestalt des Nichtabhilfehilfebeschlusses vom 25.02.2014 – 89 O 58/13 – wird zurückgewiesen.
Gründe
1 Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 i. V. m. §§ 567, 569 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 27.12.2013 in seiner Gestalt des Nichtabhilfehilfebeschlusses vom 25.02.2014 – 89 O 58/13 – ist unbegründet.
2 Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit der Begründung versagt, diese biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 Satz 1 ZPO, weil die zum Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs gem. § 89 b Abs. 1 HGB führenden Voraussetzungen des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB vorliegen und sich der Kläger insoweit nicht auf eine Ausnahmeregelung berufen könne. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde bleibt erfolglos.
3 Grundsätzlich führt die Eigenkündigung des Handelsvertreters, sei es als ordentliche oder als außerordentliche Kündigung, zum Ausschluss des Ausgleichsanspruchs, § 89 b Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 HGB. Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass ein Verhalten des Unternehmers begründeten Anlass zur Kündigung des Handelsvertreters gegeben hat. Der für diesen – eng auszulegenden – Ausnahmetatbestand darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte begründeten Anlass zur Eigenkündigung gegeben hat. Regelmäßig ist von einem solchen Anlass in Fällen auszugehen, in denen der Handelsvertreter zur fristlosen Kündigung des Vertrages gem. § 89a HGB berechtigt wäre (vgl. Keßler in: Heide/Schall, HGB, 2011, § 89b, Rn. 46). Es genügt auch, wenn der Handelsvertreter durch ein Verhalten – Tun oder Unterlassen – des Unternehmers in eine für ihn nach Treu und Glauben nicht haltbare Lage kommt, die noch nicht zur fristlosen Kündigung berechtigt hätte (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., 2010, § 89b, Rn. 57, 58). Der vom Landgericht gebildete Maßstab für die Voraussetzungen eines Verhaltens des Unternehmers, das zur Kündigung des Handelsvertreters berechtigten Anlass gegeben hat, ist zutreffend bestimmt. Es ist entscheidend, dass das Verhalten des Unternehmers einen vernünftigen, billig und gerecht denkenden Handelsvertreter unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls zur Kündigung veranlassen kann, weil ihm die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist (vgl. von Hoyningen-Huene in: Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., 2010, § 89b, Rn. 167).
4 Die vom Kläger im Klageentwurf benannten Umstände hätten den Kläger nicht zur fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages berechtigt; es werden insbesondere keine schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Unternehmers konkret dargelegt. Aber auch darüber hinaus sind die benannten Umstände nicht geeignet, einen begründeten Anlass für eine Eigenkündigung anzunehmen, weil eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht erkennbar ist. Auf die zutreffenden, nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Landgerichts im Zurückweisungsbeschluss wird ausdrücklich Bezug genommen. Auch die sofortige Beschwerde führt im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung.
5 Soweit der Antragsteller in der sofortigen Beschwerde auf eine Besprechung des Klägers mit der Geschäftsführerin am 18.02.2011 abstellt, um zu begründen, dass die Beklagte den Kläger bei der Akquise von Großkunden behindert habe, so mag dieser Umstand allerdings nicht mit der Begründung unberücksichtigt bleiben, er liege ungefähr 1 1/2 Jahre vor der Eigenkündigung des Klägers. Es kommt nicht auf die Ursächlichkeit der Umstände an, sondern nur darauf, dass sie Anlass waren für die Kündigung. Die Umstände müssen in der Eigenkündigung nicht genannt werden, sie können auch nachgeschoben werden und dies auch nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4 HGB (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O., § 89b, Rn 56). Aber selbst wenn dieser Vortrag zu berücksichtigen wäre und nicht unter dem
6 Gesichtspunkt einer erstmaligen Geltendmachung im Rahmen eines Rechtsstreits über das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs gem. § 242 BGB auszuschließen wäre, begründet er keine anlassbezogene Eigenkündigung. Grundsätzlich können zwar die Erschwerung der Tätigkeit des Handelsvertreters durch eine nachteilige Beeinflussung der wirtschaftlichen Grundlage oder sonstige missbräuchliche Behinderungen der Tätigkeit des Handelsvertreters geeignet sein, einen solchen Umstand zu begründen (vgl. Hoyningen-Huene, a.a.O., § 89b, Rn. 170). Es kann aber nicht festgestellt werden, dass anlässlich der Besprechung am 18.02.2011 die Beklagte versuchte, den Kläger bei Verkaufsaktivitäten gegenüber Großkunden derart zu beeinträchtigten, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dem Kläger nicht zumutbar war. Es kann nach der Einlassung der Beklagten zur Begrifflichkeit „Foodservice“, auf die sich die Erklärung der Beklagten bezog, gerade nicht angenommen werden, dass hier das Einzelhandels- oder Großhandelsgeschäft gemeint war, zumal das Protokoll vom 18.02.2011 gerade vorsieht, dass sich die Aktivitäten des Klägers auf Kundengruppen erstrecken sollten, die zu den von ihm nun selbst reklamierten Großkunden gehören. Selbst wenn aber hier von einer Behinderung der Tätigkeit auszugehen wäre, ist nicht ersichtlich, dass dies zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Vertragsbeziehung führte, zumal der Kläger das Protokoll ohne Einwände hierzu unterzeichnet und akzeptiert hat.
7 Wenn der Kläger in der Beschwerdebegründung weiterhin darauf abstellt, dass die Beklagte auf Frühlingsmessen in 2011 und 2012 bei S kostenlose Displays zur Verfügung gestellt habe, folgt daraus nicht, dass die Beklagte allen oder überwiegend ihren Kunden grundsätzlich kostenfrei Displays zur Verfügung stellte. Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass hier eine andere Situation gegeben war und eine Vergleichbarkeit zur Ausstattung aller Kunden mit Displays damit nicht verbunden war. Auch wenn sich die Beklagte im genannten Ausnahmefall bereit erklärt hat, kostenlos Displays zur Verfügung zu stellen, folgte aus der Weigerung im Fall des Kunden L/U, ein kostenloses Display zur Verfügung zu stellen, keine Behinderung des Klägers in seiner Akquisetätigkeit. Der Kläger wusste unstreitig von Beginn der Vertragstätigkeit an, dass grundsätzlich keine Displays zur Verfügung gestellt werden. Ein vertragswidriges oder sonst behinderndes Verhalten der Beklagten wird insoweit nicht dargelegt. Zutreffend kann insoweit eine Eigenkündigung des Klägers nicht durch die Beklagte veranlasst worden sein, worauf das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss hingewiesen hat. Jedenfalls fehlt es aber auch insoweit an der mangelnden Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nach Billigkeitsgesichtspunkten.
8 Im Nichtabhilfebeschluss hat das Landgericht auch aus zutreffenden Gründen die Ablehnung einer weiteren Gewährung von Rabatt als keinen hinreichenden Umstand für eine berechtigte, einen Ausgleichsanspruch nicht ausschließende Eigenkündigung angesehen. Dem Kläger war der Rabattrahmen bekannt. Das ist unstreitig und ergibt sich eindrucksvoll aus dem Protokoll der Besprechung vom 18.02.2011, Anlage K 24. Umstände, die darüber hinaus das Verhalten der Beklagten bei der Rabattgewährung gegenüber anderen Kunden (Fa. N oder anderen Internetfirmen) im Vergleich zu den vom Kläger gewonnenen Kunden als derart unbillig erscheinen lassen, dass – aus Sicht des Klägers – eine Fortsetzung des Vertrages nicht zumutbar erscheint, sind nicht ersichtlich. Einmalige abweichende Rabattgewährungen in Einzelfällen dürften dafür jedenfalls nicht ausreichen.
9 Soweit mit der Beschwerdebegründung auf die Werbung der Beklagten im Internet abgestellt wird und der Kläger daraus einen Anlass für eine Eigenkündigung begründen will, bleibt er erfolglos. Während er im Klageentwurf noch vorgetragen hat, ab Anfang des Jahres 2012 vertreibe die Beklagte ihre Produkte im Internet und habe für ihre Internetvertriebswege in Zeitungen etc. geworben, führt er in der Beschwerdebegründung aus, die Beklagte unterhalte erst seit Oktober 2012 eine Internetseite. Bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger habe die Beklagte keinen Internetauftritt gehabt. Allein die Widersprüchlichkeit dieses Vortrags steht der Darlegung einer Eigenkündigung aus begründetem Anlass entgegen. Abgesehen davon sind keine Anhaltspunkte vorhanden, aus denen eine in Bezug auf die Kunden des Klägers benachteiligende Werbung erfolgte, aus der auf eine Behinderung der Vertragstätigkeit des Klägers geschlossen werden könnte.
10 Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).