Anspruch auf Provision; Anspruch auf Überlassung von Kundenadressen
10 AZR 282/01 Urteil verkündet am 7. August 2002 BAG Ansprüche bei und nach Vertragsende, Inhalt des ArbeitsvertragesBundesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. Januar 2001 – 13 (9) Sa 1198/00 aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Kundenadressen zur Verfügung zu stellen, über einen Auskunftsanspruch über durch Dritte vermittelte Abonnementsverträge und über die Feststellung, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger die auf Grund der Auskunft zu berechnende Vermittlungsprovision zu zahlen.
Der 1942 geborene Kläger ist seit dem Jahr 1988 bei der Beklagten als Abonnentenwerber beschäftigt.
Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 14. September/16. Oktober 1995 ist u. a. folgendes geregelt:
„§ 1
Hiermit stellen wir Sie ab dem 16.10.95 als Vertriebsvertreter für die Bezieherwerbung des K. ein.
Sie gelten als kaufmännischer Angestellter unseres Hauses.
§ 2
Ihre Aufgabe ist es, entsprechend unseren Anweisungen in einem festgelegten Gebiet neue Bezieher für den K. nach gegebenen Unterlagen zu werben.
In Ihrer Werbearbeit sind Sie an die Richtlinien des Verlags gebunden.
§ 3
Für jeden unterschriebenen Zwölf Monats Abschluss (Vollabonnement) zahlen wir Ihnen eine Einmalprovision nach folgender Staffelung:
1. bis 10. Auftrag 175,– DM ab 11. Auftrag 195,– DM Stimmt der neue Bezieher auf dem Bestellformular der Einziehung 50,– DM
der Bezugsgebühren im Rahmen des Lastschrifteinzugsverfahren zu,
so erhöht sich die vereinbarte Provision für diesen Auftrag um 800,– DM Im Jahresdurchschnitt garantieren wir Ihnen ein monatliches
Bruttoeinkommen von […] Plus oder Minusspitzen der einzelnen Monate werden dabei verrechnet.
…
§ 11
…
Kundenschutz wird Ihnen nur für ernsthafte Interessenten gewährt, die von Ihnen persönlich umworben werden. Hiervon ausgenommen sind Abbesteller des Vormonats, soweit sie Ihnen zur Bearbeitung ausgehändigt werden. Der Kundenschutz gilt sechs Wochen vom Tag der Bestätigung an.
§ 12
…
Zu Ihren vertraglichen Verpflichtungen gehören auch:
Arbeiten zur Vorbereitung der Werbetätigkeit, wie z. B. Ausschreiben der Werbekarten von Interessenten Ihres Werbebezirks, Arbeitsvermerke auf den Ihnen übergebenen Werbelisten sowie Ermittlungen zusätzlicher Werbeadressen und das individuelle Stecken von Werbezeitungen.
Das Ihnen übergebene Werbematerial ist sorgfältig und sachgemäß zu verwenden und ist bei Auflösung der Zusammenarbeit oder wenn Sie den Ihnen zugewiesenen Arbeitsbereich verlassen, um in einem anderen tätig zu werden, der Abteilung Bezieherwerbung in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben.
…
§ 15
Die Übernahme einer anderen Tätigkeit neben der für den Verlag M. ist ohne besondere schriftliche Genehmigung nicht gestattet. Für den Fall, dass Sie entgegen dieser Vereinbarung eine weitere Tätigkeit auch nur gelegentlich – ausüben, gilt dies als grober Verstoß gegen die getroffenen Vereinbarungen und berechtigt den Verlag M. zur fristlosen Auflösung des Vertrags.
Wir wollen Ihnen die Möglichkeit lassen, Aufträge, die Ihnen hin und wieder während Ihrer Tätigkeit für den K angeboten werden, anzunehmen. Sie sind jedoch verpflichtet, diese Aufträge über unsere Werbeabteilung weiterzuleiten. Die Abrechnung der Provision wird vom betreffenden Verlag direkt mit Ihnen vorgenommen.
…“
Mit Schreiben vom 24. August 1999 erhöhte die Beklagte die Provisionssätze für 12 Monats Abonnements für den ersten bis zehnten Auftrag auf 195,00 DM und ab dem elften Auftrag auf 222,00 DM. Weiterhin sagte sie „testweise bis 31.12.1999“ für halbjährliche und jährliche Einzugsermächtigungen eine erhöhte Provision von 75,00 DM zu.
Im Jahre 1998 erzielte der Kläger einen Bruttoverdienst von 95.344,38 DM, im Jahre 1999 einen solchen von 76.826,48 DM.
Die Beklagte führte und führt in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang Werbeaktionen durch, aus denen sie Namen und Anschriften von Personen gewinnt, die sich möglicherweise für den Bezug des K. interessieren.
Der Kläger hat behauptet, seit Beginn seiner Tätigkeit im Jahre 1988 sei ihm wie den übrigen Bezieherwerbern das Adressmaterial aus den von der Beklagten durchgeführten Werbeaktionen in seinem zugewiesenen Gebiet vollständig und unmittelbar zur Erstbearbeitung zur Verfügung gestellt worden. In den Jahren bis 1998 habe die Beklagte mehrmals im Jahr Werbeaktionen durchgeführt, z. B. im Frühjahr, zum Karneval, zu Weihnachten und bei Olympiaden. Nach diesen Werbeaktionen seien ihm von dem Bereichsleiter ca. 150 bis 180 Adressen zur Verfügung gestellt worden. Seit 1999 erhalte er nur noch 15 bis 20 Anschriften pro Jahr, und zwar zur Nachbearbeitung. 95 % würden von dem Call Center der Firma D. bearbeitet bzw. von der Beklagten zur Bearbeitung dorthin gegeben. Die erheblichen Einkommenseinbußen beruhten darauf. In seinem Bezirk habe zuvor nur nach vorheriger Absprache mit ihm und den jeweiligen Bezirksvertretern eine Nachbearbeitung durch eigene Werbekolonnen der Beklagten stattgefunden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit stelle eine betriebliche Übung dar, die seinen Arbeitsvertrag gestaltet habe. Zwar sei ein Gebietsschutz nicht ausdrücklich vereinbart, jedoch auf Grund der faktischen Zuweisung des jeweiligen Bezirks an ihn und die Untersagung, in anderen Bezirken tätig zu sein, tatsächlich begründet worden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger das durch von ihr in seinem Werbebezirk veranlasste Werbeaktionen gewonnene Adressmaterial möglicher Zeitungsabonnenten jeweils zur Erstbearbeitung zur Verfügung zu stellen;
2. der Beklagten aufzugeben, dem Kläger Auskunft über die im Vertriebsbereich 21 (K) von Januar bis Dezember 1999 durch das Call Center der Firma D. vermittelten Abonnementverträge zu erteilen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger die entsprechend der Auskunft gemäß Ziffer 2 zu berechnende Vermittlungsprovision zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, sie habe schon vor 1990 ihren Handelsvertretern und seit einiger Zeit auch dem Call Center einen Teil der aus der Werbeaktion gewonnenen Adressen überlassen, nämlich dann, wenn der jeweilige Bezieherwerber aus Kapazitätsgründen nicht zur zeitnahen Bearbeitung in der Lage gewesen sei. Der Provisionsrückgang sei im wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich die Zahl der festen Zeitungsabonnenten generell in der Größenordnung von 20 % rückläufig bewegt habe. Sie ist der Ansicht, eine betriebliche Übung könne aus dem vom Kläger behaupteten Verhalten nicht entstanden sein. Ein Bindungswille sei in einem Bereich, der seinem Schwerpunkt nach der Organisation des Betriebes zuzurechnen sei, nicht anzunehmen. Im Arbeitsvertrag der Parteien sei bewusst nicht die vom Kläger nunmehr begehrte Spezifizierung vorgenommen worden.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, da sie noch nicht zur Entscheidung reif ist.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Es hat unterstellt, dass die Beklagte in der Vergangenheit Werbeaktionen in dem vom Kläger behaupteten Umfang durchgeführt und ihm das daraus gewonnene Adressmaterial zur Erstbearbeitung zur Verfügung gestellt hat. Jedoch folge aus dem Arbeitsvertrag der Parteien kein entsprechender Anspruch. Eine betriebliche Übung bzw. eine Konkretisierung des Arbeitsvertrages sei nicht festzustellen. Der Kläger habe das Verhalten der Beklagten nicht so auffassen dürfen, dass diese sich ihm gegenüber habe verpflichten wollen, auch in Zukunft bestimmtes Adressmaterial nur ihm oder vorrangig ihm zur Verfügung zu stellen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages bestehe nur ein sehr begrenzter Kundenschutz. Der Kläger verlange aber einen Gebietsschutz und gehe sogar noch darüber hinaus. Angesichts der klaren vertraglichen Absprache habe der Kläger das Verhalten der Beklagten nach Treu und Glauben nicht dahin auffassen dürfen, dass ihm für die Zukunft ein Gebietsschutz eingeräumt werden sollte. Wenn die Beklagte danach frei gewesen sei, in dem dem Kläger zugewiesenen Gebiet andere Bezieherwerber einzusetzen, so habe sie erst recht nach ihrem Ermessen darüber befinden dürfen, ob sie Werbeaktionen durchführe und wem sie das so gewonnene Adressmaterial zur Verfügung stelle. Die Anträge zu 2 und 3 seien unbegründet, da keine positive Vertragsverletzung festzustellen sei. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, in dem dem Kläger zugewiesenen Gebiet nicht das Call Center der Firma D tätig werden zu lassen. Die §§ 87 Abs. 2, 65 HGB böten keine Grundlage für einen Auskunfts- und Zahlungsanspruch, da kein Gebietsschutz bestehe.
B. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zwar zu folgen, mit ihnen allein kann aber die Klage nicht abgewiesen werden. Es ist weiterhin zu überprüfen, ob die Beklagte bei dem vom Kläger behaupteten Verhalten die Grenzen des billigen Ermessens i. S. d. § 315 BGB verletzt hat. Wäre dies der Fall, könnten die Ansprüche begründet sein.
I. Die Anträge sind zulässig. Bei dem Antrag zu 1 handelt es sich um einen auf die Zukunft gerichteten Leistungsantrag. Er enthält zwei Elemente, nämlich die Zurverfügungstellung des beschriebenen Adressmaterials und weiterhin das Recht zur Erstbearbeitung.
Die Anträge zu 2 und 3 stellen eine Stufenklage dar, die nach § 254 ZPO zulässig ist. Danach kann mit der Klage auf Rechnungslegung eine Zahlungsklage verbunden werden. Der Begriff der Rechnungslegung geht weiter als die im bürgerlichen Recht ausdrücklich geregelten Rechenschaftspflichten. Darunter fällt „jede Auskunftserteilung“, die auf entsprechender, durch Gesetz und Vertrag begründeter Rechtspflicht beruhend, in verständlicher, der Nachprüfung zugänglicher Kundgebung der Tatsachen besteht, nach denen sich die Ansprüche bemessen (RG 09.01.1903 – III 316/02 RGZ 53, 252, 254). In Abweichung vom Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist es damit zulässig, die Angabe der herauszugebenden Leistung nach Rechnungslegung zu bestimmen. Maßgeblich für den Vorbehalt ist allein, ob der Kläger ohne Erteilung der geforderten Auskünfte die nähere Bestimmung nicht vornehmen kann (BAG 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 – BAGE 96, 274). Ohne die Angabe der durch das Call Center der Firma D. vermittelten Abonnementsverträge kann der Kläger seine in Ziff. 3 begehrte Vermittlungsprovision nicht berechnen und den Antrag zu 3 nicht auf einen – zulässigen – bezifferten Klageantrag umstellen.
II. Ob die Klageanträge begründet sind, hängt davon ab, ob die Beklagte verpflichtet war und ist, den Kläger bei seiner Vertriebstätigkeit in der Weise zu unterstützen, daß er die von ihm beschriebenen Arbeitsgrundlagen erhält und als erster verwerten darf.
1. Das Landesarbeitsgericht hat einen vertraglichen Anspruch auf die begehrte Herausgabe von Adressmaterial zur Erstbearbeitung zu Recht verneint. Aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. Dem Kläger ist zwar vertragsgemäß ein „festgelegtes Gebiet“ zugewiesen worden (Vertriebsbereich 21 (K), jedoch folgt daraus noch nicht, dass alle in diesem Bereich wohnenden potentiellen Kunden nur vom Kläger zu umwerben wären. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass sich aus dem sehr eingeschränkten Kundenschutz in § 11 Abs. 2 des Arbeitsvertrages im Gegenteil ergibt, dass ein Gebietsschutz gerade nicht gewollt war.
Weiterhin folgt zwar aus § 2, wonach der Kläger neue Bezieher „nach gegebenen Unterlagen“ zu werben hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Unterlagen zur Verfügung zu stellen, soweit dies der Verfolgung des Vertragszwecks dient, daraus folgt aber nicht, dass sie verpflichtet wäre, ihm sämtliche den Vertriebsbereich betreffenden Unterlagen zu übergeben und ihm so die Chance der Abschlüsse allein zu verschaffen.
2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch verneint, dass die Vertragspflichten der Parteien sich durch die vom Kläger behauptete Handhabung seit dem Jahre 1988 konkretisiert hätten. Dabei ist entgegen der Behauptungen der Beklagten in der Revisionsinstanz von der Feststellung des Landesarbeitsgerichts auszugehen, dass der Kläger bereits seit 1988 als Abonnentenwerber (und nicht bis 1995 als Fahrer) tätig war. Die Beklagte hat insoweit neue, nicht zu berücksichtigende Tatsachen vorgetragen. Es kann dahinstehen, ob das Institut der betrieblichen Übung hier einschlägig ist, da es sich nicht um „Vergünstigungen“ handelt, auf die ein Anspruch erworben werden kann, sondern um die Konkretisierung der jedem Arbeitsverhältnis innewohnenden Pflicht, den Vertragspartner bei der Erbringung der jeweiligen Leistungen zu unterstützen. Eine solche Pflicht besteht im Arbeitsverhältnis eines angestellten Provisionsvertreters insbesondere darin, diesen mit dem erforderlichen Werbematerial und den Arbeitsgrundlagen zu versorgen, so dass er in der Lage ist, die gewünschten Abschlüsse sachgerecht zu tätigen. Es ist denkbar, dass eine bestimmte Handhabung über elf Jahre hinweg die Vertragsbeziehungen konkretisiert hat. Dies kann aber dahinstehen, da die Arbeitsvertragsparteien durch den Abschluss des Arbeitsvertrages im Jahre 1995 ihre Vertragsbeziehungen neu geregelt und eindeutige Bestimmungen über – mangelnden – Gebiets- und Kundenschutz getroffen haben. Sollten bis zu diesem Zeitpunkt vertragliche Ansprüche bestanden haben, so wären entsprechende Abmachungen durch den schriftlichen Arbeitsvertrag abgeändert worden. Angesichts der detailreichen Regelungen des Arbeitsvertrages ist nicht davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien eine bestimmte Handhabung der Vergangenheit stillschweigend übernehmen wollten und es nur nicht für nötig hielten, sie schriftlich niederzulegen. Von einer bestimmten Handhabung in den drei vollen Kalenderjahren seit Arbeitsvertragsabschluss ist angesichts der klaren vertraglichen Regelungen nicht auf einen abweichenden vertraglichen Willen zu schließen. Danach hat die Beklagte das Recht behalten, ihren Vertrieb auch in dem dem Kläger zugewiesenen Gebiet anders zu organisieren, weitere Personen oder Gesellschaften einzusetzen und dem Kläger nach ihrem Ermessen Daten und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
3. Die vom Kläger behauptete Weitergabe der Werbeunterlagen an das Call Center stellt keine unzulässige Umgehung des Änderungskündigungsschutzes des § 2 KSchG 1969 dar. Eine solche kann vorliegen, wenn eine mögliche Vertragsgestaltung einen Eingriff in den durch die gesetzliche Änderungskündigungsschutzregelung geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses darstellt, wenn also die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers ihrem Inhalt oder Umfang nach in einer sich unmittelbar auf die Vergütung auswirkenden Weise geändert wird und damit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung betroffen ist (BAG 21.04.1993 – 7 AZR 297/92 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 34 = EzA KSchG § 2 Nr. 20 m.w.N.).
Bei der Zurverfügungstellung von Adressmaterial handelt es sich um eine Bestimmung zum Umfang der Arbeitspflicht. Die Übergabe von Kundenlisten beeinflusst den zu bewerbenden Kundenstamm und damit die zu bewältigende Arbeitsmenge. Wegen des überwiegend aus Provisionsanteilen bestehenden Gehalts hat diese erheblichen Einfluss auf die Verdienstchancen des Klägers, ähnlich wie dies bei der räumlichen Gestaltung eines Verkaufsgebiets der Fall sein kann. Nach den Behauptungen des Klägers ist infolge der Veränderungen sein Verdienst um ca. 20 % gesunken. Damit wird jedoch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung noch nicht grundlegend gestört, da weniger als 30 % des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind (vgl. BAG 13. Mai 1987 – 5 AZR 125/86 – BAGE 55, 275, 281). Bei einer provisionsabhängigen Vergütung ist es ohnehin typisch, dass Schwankungen eintreten. Treten sie in diesem Umfang durch vertragsgemäße Ausübung von Rechten ein, ist jedenfalls keine Umgehung des Änderungskündigungsschutzes anzunehmen.
4. Die Art und Weise, wie die Beklagte die Zuweisung von Arbeitsmaterial konkretisiert und damit Verdienstchancen eröffnet, unterliegt jedoch einer Überprüfung auf die Einhaltung billigen Ermessens i. S. v. § 315 Abs. 1 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen im Rahmen des § 315 BGB, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat.
Der Kläger hat diesen Gesichtspunkt auch dadurch angesprochen, dass er vorträgt, seiner Ansicht nach sei die Beklagte nicht berechtigt, einseitig die Bedingungen der auf der Basis einer erfolgsbezogenen Vergütung tätigen Mitarbeiter zur Erlangung einer angemessenen Provision zu verschlechtern. Die insoweit vorzunehmende Billigkeitskontrolle ist in erster Linie Aufgabe der Tatsacheninstanzen, weil es bei ihr darum geht, die besonderen tatsächlichen Gegebenheiten eines Falles festzustellen und zu würdigen (BAG 13.05.1987 – 5 AZR 125/86 a.a.O.). Die hier zugrunde liegenden maßgeblichen Tatsachen sind zum größten Teil streitig. Der Senat ist daher nicht in der Lage, die Beurteilung selbst vorzunehmen. Zwar kann eine Verdienstminderung von ca. 20 % dafür sprechen, dass die Beklagte bei ihrer Leistungsbestimmung in Form der Zurverfügungstellung von Adressmaterial die Interessen des Klägers nicht angemessen berücksichtigt hat, zumal dem Kläger vertraglich das Recht verwehrt ist, anderswo Einkünfte zu erzielen. Es ist aber unklar, ob der Minderverdienst auf der anderen Organisation der Verteilung des Werbematerials beruhte oder auf den im gesamten Verlagswesen in den letzten Jahren zu verzeichnenden starken Einbußen. Weiterhin ist zu klären, welche sachlichen Gründe die Beklagte gegebenenfalls hatte und ob diese eine Verschlechterung der Verdienstmöglichkeiten des Klägers rechtfertigten.
Dies wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben, wobei die Partei, der das Recht zur Leistungsbestimmung zusteht, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, dass ihre Bestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB der Billigkeit entspricht (BAG 13.05.1987 5 AZR 125/86 – a.a.O.).
a) Das Landesarbeitsgericht wird hinsichtlich des Antrags zu 1, der auf die Zukunft gerichtet ist, die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung festzustellen haben.
b) Hinsichtlich der Anträge zu 2 und 3 kommt es auf die Verhältnisse im Jahr 1999 an.
Der in der ersten Stufe geltend gemachte Auskunftsanspruch kann bestehen. Er ist aber nicht schon deshalb begründet, weil der Kläger Abschlussprovisionen erhält. Zwar hat ein Arbeitnehmer, dem eine Provision zugesagt worden ist, entsprechend den §§ 65, 87 c HGB einen Anspruch auf Rechnungslegung über die von ihm zustande gebrachten Umsatzgeschäfte. Der Kläger verlangt aber Auskunft über solche Geschäfte, die nicht von ihm selbst vermittelt worden sind.
Der besondere Rechtsgrund für die Anerkennung einer Auskunftspflicht besteht darin, dass mit der Auskunftsklage der Bestand eines Leistungsanspruchs geklärt werden soll, sofern der Berechtigte die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs dem Grunde nach dargelegt hat (BGH 27.07.2000 – III ZR 279/99 – NZM 00, 1069). Dabei spielt es keine Rolle, ob die begehrte Zahlung der Provision nicht als Erfüllung eines Provisionsversprechens, sondern als Schadensersatz begehrt wird.
Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Schluss kommen, dass die Beklagte im Jahre 1999 die Grenzen ihres billigen Ermessens verletzt hat, als sie nicht dem Kläger, sondern der Firma D. das aus den Werbeaktionen gewonnene Adressmaterial übergab, hätte der Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe der ihm entgangenen Provisionen, wenn andernfalls er die Abschlüsse getätigt hätte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht außerhalb der gesetzlich oder vertraglich besonders geregelten Rechnungslegung ein Auskunftsrecht dann, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann (st. Rspr. 22.04.1967 – 3 AZR 347/66 – AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 12 = EzA GewO § 133 f Nr. 8; 21.11.2000 – 9 AZR 665/99 BAGE 96, 274 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil der Kläger nicht weiß, wieviele Abonnements die Firma D. in dem Kundenkreis vermittelt hat, der durch die übergebenen Adressenlisten aus den Werbeaktionen bestimmt wurde.
III. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten zu entscheiden.