Kündigung eines Handelsvertretervertrages, Voraussetzungen für den Ausschluss des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB

6 U 1313/06 Urteil verkündet am 22. März 2007 OLG Koblenz Ausgleichsanspruch, Kündigung des Handelsvertretervertrags

Oberlandesgericht Koblenz
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[..]
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch [..]
auf die mündliche Verhandlung vom 01.03.2007 für Recht erkannt:

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.08.2006 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz teilweise abgeändert und das Urteil insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.269,03 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % vom 01.08.2003 bis zum 21.08.2003 sowie 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2003 zu zahlen.

Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Kläger zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 auferlegt. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 7/15 und die Beklagte 8/15.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I. Der Kläger, der als Handelsvertreter für die Beklagte tätig war, verlangt von dieser eine Ausgleichszahlung nach § 89 b HGB.

Die Beklagte kündigte das Handelsvertreterverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 28.05.2003 zum 31.07.2003. Die Parteien streiten darüber, ob die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgte, sowie über die Höhe des möglichen Ausgleichsanspruchs.

Der Kläger hat den von ihm geltend gemachten Ausgleichsanspruch mit 37.270,49 EUR beziffert.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen angemessenen Ausgleich nach § 89 b HGB, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 25.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003, zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, sie sei zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen, da der Kläger seine vertraglichen Pflichten als Handelsvertreter nicht erfüllt habe. Hilfsweise hat sie mit einem Zahlungsanspruch aufgerechnet, den sie aus einer vertraglichen Einstandsverpflichtung des Klägers herleitet.

Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 4.574,80 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor, das Landgericht habe es verfahrenswidrig unterlassen, über seinen Vortrag zur Höhe der Klageforderung Beweis zu erheben. Gegen den Ausgleichsanspruch, den er nunmehr mit 21.337,83 EUR beziffert, stehe der Beklagten eine aufrechenbare Gegenforderung nicht zu, da der von ihm zu zahlende Einstand sich im Hinblick auf die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses verringert habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger 21.337,59 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 22.08.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat Anschlussberufung eingelegt und angekündigt zu beantragen,

1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen;

2. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, ein Ausgleichsanspruch bestehe nicht, weil die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt sei. Zudem seien ihr durch die Tätigkeit des Klägers keine zusätzlichen Stammkunden zugeführt worden.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die Anschlussberufung zurückgenommen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden (bis Bl. 113 GA) Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte über den bereits zugesprochenen Betrag von 4.574,80 EUR hinaus einen Anspruch auf Zahlung weiterer 4.694,23 EUR als Ausgleich gemäß § 89 b HGB.

Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses einen angemessenen Ausgleich (§ 89 b Abs. 1 HGB). Dieser Anspruch ist nicht gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen. Denn die Kündigung des Vertrages erfolgte nicht aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Klägers. Unabhängig davon, ob ein solcher Grund vorlag, wie die Beklagte behauptet, kann diese sich bereits deshalb nicht darauf berufen, weil die von ihr unter dem 28.05.2003 ausgesprochene Kündigung jedenfalls nicht aus diesem Grund erfolgte.

Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung an, dass der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nur dann nach § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen ist, wenn die Kündigung durch den Unternehmer auf einen wichtigen Grund gestützt wird. Die in der Rechtsprechung bislang vertretene Rechtsansicht (z.B. BGH NJW 67, 2154; so wohl auch noch BGH NJW 00, 1866, 1868), wonach die Kündigung nicht wegen dieses Grundes zu erfolgen brauche, ist mit Art. 18 lit. a EG-Richtlinie 86/653/EWG (Handelvertreterrichtlinie) nicht vereinbar. Diese Bestimmung lautet:

„Der Anspruch auf Ausgleich oder Schadensersatz nach Art. 17 besteht nicht,

a) wenn der Unternehmer den Vertrag wegen eines schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters beendet hat, das aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine fristlose Beendigung des Vertrages rechtfertigt;

b) …

c) …“

Anders als nach dem Wortlaut von § 89 b Abs. 3 HGB ist also Voraussetzung für den Ausschluss des Ausgleichsanspruchs nicht nur, dass ein Sachverhalt vorlag, welcher eine außerordentliche Kündigung rechtfertigte, sondern dass die Kündigung gerade wegen dieses Sachverhalts ausgesprochen wurde. In richtlinienkonformer Auslegung des § 89 b HGB ist deshalb Ursächlichkeit des wichtigen Grundes für die Kündigung zu verlangen (so u.a. Baumbach / Hopt, HGB, 32. Aufl., § 89 b Rdnr. 66; Küstner / Thume, Hdb. d. gesamten Außendienstrechts, 7. Aufl., Rdnr. 1309). Dies trifft auf die von der Beklagten erklärte – ordentliche – Kündigung nicht zu.

Das Kündigungsschreiben vom 28.05.2003 hat folgenden Wortlaut:

„- wie bereits telefonisch mit Ihnen besprochen, kündigen wir das mit Ihnen bestehende Vertragsverhältnis fristgerecht zum 31.07.2003.
Die Gründe für die Beendigung der Zusammenarbeit sind Ihnen bekannt.
Wir bedauern, dass das Vertragsverhältnis mit Ihnen nach so relativ kurzer Zeit beendet werden muss und wünschen Ihnen für die Zukunft mehr Erfolg mit Ihren Handelsvertretungen.“

Hieraus ergibt sich nicht, dass die Kündigung mit einem Fehlverhalten des Klägers begründet würde. Welche Gründe für die Beendigung der Zusammenarbeit dem Kläger ggf. mündlich mitgeteilt wurden, ist dem Kündigungsschreiben nicht zu entnehmen und wird auch von der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Kündigung nicht auf einen wichtigen Grund gestützt wurde, so dass der Ausgleichsanspruch nicht nach § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen ist.

Abgesehen davon ist aber auch nicht dargetan, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung bestanden habe. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. der §§ 89 a Abs. 1 Satz 1, 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB ist gegeben, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann (vgl. z.B. BGH NJW-RR 06, 755, 756). Der Vortrag der Beklagten lässt solche Umstände nicht erkennen. Spricht der Unternehmer – wie hier – eine ordentliche Kündigung aus, ohne zum Ausdruck zu bringen, dass er eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses eigentlich für unzumutbar halte, so gibt er damit regelmäßig zu erkennen, dass er den Vertragsverstoß des Vertreters nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass ihm die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar erschiene (vgl. BGH NJW 00, 1866, 1868). Anders ist auch der vorliegende Fall nicht zu bewerten. Aber selbst wenn unterstellt würde, das Verhalten des Klägers, welches nach dem Vortrag der Beklagten zu dem Gespräch vom 17.06.2002 zwischen einem ihrer Mitarbeiter und dem Kläger führte, könnte an sich eine fristlose Kündigung gerechtfertigt haben, so bedurfte es vor einer solchen Kündigung doch grundsätzlich einer Abmahnung (BGH NJW-RR 03, 981, 982). Eine solche war hier nicht entbehrlich, da die notwendige Vertrauensgrundlage durch das Fehlverhalten des Klägers ersichtlich nicht so schwer erschüttert war, dass sie nicht hätte wiederhergestellt werden können. Eine Abmahnung wurde zwar in dem Gespräch vom 17.06.2002 erklärt; die Beklagte trägt jedoch keine hinreichend konkreten Tatsachen dafür vor, dass der Kläger auch danach in einer Weise gegen seine Vertragspflichten verstoßen habe, die eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hätte. Der Vortrag, der Kläger habe die Beklagte auch in den folgenden Monaten nicht über die Kunden entsprechend informiert und habe praktisch keinen Kontakt zum Vertrieb der Beklagten gehalten, ist unsubstantiiert und wäre deshalb einer Beweisaufnahme nicht zugänglich.

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs hat das Landgericht zutreffend mit 9.269,03 EUR festgestellt. Hierzu wird auf die Ausführung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die vom Kläger in erster Instanz benannten Zeugen waren nicht zu vernehmen, da der unter Beweis gestellte Vortrag nicht ausreichend substantiiert ist. Auf den ausführlichen Vortrag der Beklagten zur Tätigkeit des Klägers hat dieser bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung lediglich durch Vorlage einer Aufstellung der angeblich von ihm geworbenen Kunden und der jeweils getätigten Umsätze erwidert, ohne darzulegen, auf welche Weise er die Kunden geworben haben will. Ein solcher Vortrag wäre aber erforderlich gewesen, nachdem die Beklagte zu jedem einzelnen Kunden konkrete Tatsachen für ihre Auffassung vorgetragen hatte, dass die Tätigkeit des Klägers nicht ursächlich für die Abschlüsse gewesen sei bzw. zu keiner bleibenden Umsatzsteigerung geführt habe. Der Vortrag des Klägers und die Beweisangebote waren daher unbeachtlich. Der ergänzende Vortrag in den Schriftsätzen des Klägers vom 21.07. und 01.08.2007 durfte nicht mehr berücksichtigt werden, da die Schriftsätze nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht worden sind und nicht gemäß § 283 ZPO vorbehalten waren (§ 296 a ZPO).

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals konkrete Tatsachen zu seiner werbenden Tätigkeit vorträgt, ist dieser Vortrag – unabhängig davon, ob er schlüssig ist – gemäß § 531 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Dieser Vortrag wird von der Beklagten bestritten. Dass die neuen Angriffsmittel nicht bereits in erster Instanz geltend gemacht worden sind, beruht auf einer Nachlässigkeit des Klägers. Es musste für ihn offensichtlich sein, dass er auf den mehr als zehn Seiten umfassenden Vortrag der Beklagten zu seiner Handelsvertretertätigkeit konkret zu erwidern hatte. Für den Kläger war ohne Weiteres erkennbar, dass die Ausführungen der Beklagten entscheidungserheblich waren und keinen Gesichtspunkt betrafen, der vom Gericht der ersten Instanz übersehen oder für unerheblich gehalten worden wäre. Es bedurfte deshalb auch keines besonderen Hinweises des Gerichts auf die Notwendigkeit zusätzlichen Vortrags.

Der Senat schließt sich den Feststellungen des Landgerichts hinsichtlich der zu berücksichtigenden Provisionsansprüche des Klägers in vollem Umfang an. Der Berechnung des Ausgleichsanspruches sind danach die vom Landgericht bezifferten Provisionsansprüche bezüglich der Kunden Al., Ar., H., M.-G., G., Hu., K., Ro., R., Sc., Sch., W. und Z. zugrunde zu legen. Nicht zu folgen ist der Auffassung der Beklagten, auch diese Kunden müssten unberücksichtigt bleiben, da sich nach Ausscheiden des Klägers gezeigt habe, dass es nicht zu nennenswerten Umsatzsteigerungen gekommen sei. Das Landgericht ist zu Recht nicht von der tatsächlichen Entwicklung der Geschäftsbeziehungen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger, sondern von der Prognose im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung ausgegangen.

Der Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB entsteht und wird fällig mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses. Grundlage seiner Berechnung kann somit nur eine zu diesem Zeitpunkt zu stellende Prognose sein, die sich als richtig oder unrichtig erweisen, aber nicht durch später eintretende Umstände ändern kann. Solche können deshalb nur dann in die Prognose einfließen, wenn sie im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits abzusehen sind. Von unvorhergesehenen tatsächlichen Entwicklungen kann die Höhe des bereits entstandenen Anspruchs dagegen nicht mehr beeinflusst werden (BGH NJW 98, 71, 75; Baumbach / Hopt, HGB, 32. Aufl., § 89 b Rdnr. 16). Dem entspricht es, dass nach einhelliger Meinung auch keine Partei Rückzahlungs- bzw. Nachzahlungsansprüche geltend machen kann, falls sich die Prognose nachträglich als unzutreffend erweist. Dass die negative Entwicklung der Vertragsbeziehungen mit den Kunden H., M.-G., G., K., Ro., R., Sc. und W. am 31.07.2003 voraussehbar gewesen wäre, ist dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen.

Bei Zugrundelegung der zu berücksichtigenden Provisionen der letzten 12 Monate in Höhe von 4.255,14 EUR ist gemäß der zutreffenden Berechnung des Landgerichts, auf welche noch einmal verwiesen wird, ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 9.269,03 EUR entstanden.

Von dem Ausgleichsanspruch ist die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung von 4.694,23 EUR aus der Einstandsverpflichtung des Klägers nicht in Abzug zu bringen.

Gemäß Ziff. 11 des Handelsvertretervertrages vom 02.01.2002 hatte der Kläger für den übernommenen Kundenstamm eine sog. Einstandszahlung in Höhe von 12.750,00 EUR zu entrichten, die in 36 Monatsraten durch Verrechnung mit der jeweils fälligen Provision zu erbringen war, wobei es sich nach dem Vertrag um die Rückzahlung eines Darlehens handeln sollte. Da der Vertrag nach 19 Monaten beendet wurde, kam es lediglich zur Zahlung von 6.729,17 EUR zzgl. MWSt. Die Beklagte hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung des Restbetrages. Dies ergibt sich aus der gebotenen Auslegung des Handelsvertretervertrages.

Sieht ein Handelsvertretervertrag – wie hier – im Hinblick auf die Tätigkeit des Vorgängers des Handelsvertreters eine Einstands- oder Ausgleichszahlung vor, die über eine gewisse Zeit nach und nach mit der Provision verrechnet werden soll, ohne dass geregelt ist, was insofern bei nur kurzer Dauer des Vertragsverhältnisses gelten soll, so enthält der Handelsvertretervertrag eine Lücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist (BGH MDR 68, 917, 918). In einem solchen Fall ist darauf abzustellen, welche Vorstellungen die Parteien mit der Einstandszahlung darüber verbanden, wie der Handelsvertreter die ihm eingeräumten Möglichkeiten wirtschaftlich nutzen könne, und ob sich diese Erwartungen während der Laufzeit des Vertrages verwirklichen ließen (vgl. BGH NJW 85, 58, 59). Danach ist im vorliegenden Fall der Vertrag dahin auszulegen, dass die monatlichen Leistungen auf den Einstand nicht über die tatsächliche Vertragsdauer hinaus zu zahlen sind.

Nach Ziff. 11 des Handelsvertretervertrages war der Kläger verpflichtet, den vereinbarten Einstand in monatlichen Raten zu zahlen, wobei es auf den Inhalt dieser Verpflichtung keinen Einfluss hat, dass im Vertrag des Weiteren bestimmt ist, der Einstand werde dem Kläger als Darlehen gewährt. Da die Zahlungen als Gegenleistung dafür zu erbringen waren, dass dem Kläger die Vorteile des gemäß Ziff. 1 Abs. 3 des Vertrages übernommenen Kundenstammes zugute kamen, und diese Vorteile sich zwangsläufig nicht vor Ablauf einer gewissen Vertragszeit in vollem Umfang auswirken konnten, führte eine Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf dieser Zeit zu einem Ungleichgewicht zwischen der vereinbarten Einstandszahlung und den damit abzugeltenden Vorteilen. Soweit die Beklagte geltend macht, die vereinbarte Einstandszahlung sei außergewöhnlich gering, ändert dies nichts daran, dass sie einen Ausgleich für alle Vorteile aus dem übernommenen Kundenstamm darstellen sollte, so dass bei Fortfall eines Teils dieser Vorteile einem entsprechenden Teil des Einstandes kein Vorteil gegenüberstand.

Der Zeitraum, in welchem der Einstand sich amortisieren sollte, ist gleichzusetzen mit dem Zeitraum von 36 Monaten, in welchem er gezahlt werden sollte. Daraus, dass die Parteien die Zahlungen auf diese Zeitspanne verteilten, ergibt sich nicht nur, dass sie bei Vertragsschluss eine Vertragsdauer von mindestens 36 Monaten zugrunde legten und für diesen Zeitraum von einer monatlich für den Kläger anfallenden Provision ausgingen, die die Rate von brutto 410,83 EUR jeweils um einen gewissen Betrag überschreiten würde. Vielmehr lässt sich dieser Vereinbarung auch entnehmen, dass die Parteien es für angemessen hielten, dass der Kläger einen solchen Anteil seiner Provision während der ersten drei Jahre an die Beklagte abführte, weil ihm erst in dieser Zeit die Vorteile in vollem Umfang zugute kommen würden, die sich aus dem übernommenen Kundenstamm ergaben.

Hätten die Parteien bei Vertragsschluss den Fall bedacht, dass es vor Ablauf der drei Jahre zu einer ordentlichen Kündigung kommen würde, so hätten sie bei der gebotenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Geschäftspartner vereinbart (§ 242 BGB; vgl. BGH NJW 04, 2449), dass eine entsprechend geringere Einstandszahlung zu erbringen sei (vgl. dazu BGH MDR 68, 917, 918 und NJW 85, 58, 59; OLG Stuttgart HVR Nr. 838; OLG Düsseldorf OLGR 01, 317, 318). Als sachgerechte Lösung bot sich dabei an, diese Zahlung auf den Anteil zu beschränken, der auf den bereits abgelaufenen Zeitraum entfiel. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch das so bald erfolgte Ausscheiden des Handelsvertreters in die Lage versetzt wurde, die Vertretung neu zu vergeben und sich dafür von dem neuen Handelsvertreter abermals eine Einstandszahlung versprechen zu lassen (vgl. dazu BGH MDR 68, 917, 918). Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung lässt der Sachverhalt durchaus erkennen, dass für die Beklagte nicht nur Veranlassung, sondern auch die Möglichkeit bestand, den Nachfolger des Klägers auf diese Weise in Anspruch zu nehmen, weil er wie dieser einen Kundenstamm übernahm. Die Beklagte hat daher keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung des restlichen Einstandsbetrages.

Der Klage war nach allem in Höhe von 9.269,03 EUR stattzugeben.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 352, 353 HGB, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren wie folgt festgesetzt:

Berufung, Klageforderung 12.068,80 EUR
Aufrechnungsforderung 4.694,23 EUR
Anschlussberufung 9.269,03 EUR
Gesamtbetrag bis zur Rücknahme der Anschlussberufung 26.032,06 EUR
nach Rücknahme der Anschlussberufung 16.763,03 EUR

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist vom Landgericht zutreffend auf 41.964,72 EUR festgesetzt worden.

Maßgeblich für den Wert der Klage ist nicht der im Antrag angegebene Mindestbetrag, sondern das Interesse des Klägers. Dieses hat er in der Klagebegründung genau beziffert.

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