Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 17.02.2014 – 19 W 43/13

19 W 43/13 Beschluss verkündet am 17. Februar 2014 OLG Köln

Oberlandesgericht Köln
Im Namen des Volkes
Beschluss

Tenor:

  1. Die Beschwerde der Beklagten vom 18.12.2013 gegen die in dem Beschluss des Landgerichts Köln vom 04.12.2013 – 18 O 175/12 – enthaltene Streitwertfestsetzung wird zurückgewiesen.
  2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit der am 16.05.2012 erhobenen Stufenklage hat der Kläger die Beklagten auf Auskunft und Zahlung eines Versicherungsvertreterausgleichs in Anspruch genommen.

In der Klageschrift hat er in der 1. Stufe zu Ziff. 1. angekündigt zu beantragen, die Beklagten zur Auskunft über die von Frau X im Zeitraum vom 01.11.2003 bis zum 10.11.2012 vermittelten dynamischen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, sowie hilfsweise zur Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 10.11.2010 zu verurteilen.

Als Klageanträge zu Ziff. 2. und 3. hat er für die 2. Stufe angekündigt zu beantragen, die Beklagten gegebenenfalls zu verurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern, sowie zur Zahlung eines Ausgleichsanspruches nach Erteilung der Auskunft, insoweit hilfsweise in einer von dem Gericht nach seinem Ermessen festzusetzenden Höhe.

Der Kläger hat einen Gerichtskostenvorschuss nach einem Streitwert von 50.000 EUR eingezahlt, und nach diesem Wert auch die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren berechnet.

In der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 hat der Kläger lediglich den Klageantrag zu Ziff. 1. gestellt.

Mit Teilurteil vom 31.07.2013 hat das Landgericht die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, dem Kläger die begehrte Auskunft zu erteilen. Im Anschluss an dieses Teilurteil haben die Beklagten die Auskunft am 07.10.2013 gegeben und anschließend einen sich hieraus ergebenden Ausgleichsanspruch in Höhe von        10.144,57 EUR an den Kläger ausgezahlt.

Die Parteien haben sodann den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Durch Beschluss vom 04.12.2013 hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt und den Gesamtstreitwert nach § 44 GKG auf 50.000 EUR, sowie den Streitwert für den Klageantrag zu Ziff. 1. auf 12.500 EUR festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die am 18.12.2013 erhobene und bei dem Landgericht am 19.12.2013 eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten, mit der sie die Festsetzung des Streitwertes auf insgesamt 10.114,57 EUR begehren. Zur Begründung haben die Beklagten ausgeführt, ein Gesamtstreitwert existiere nicht. Denn der Kläger habe lediglich den Klageantrag zu Ziff. 1, bestehend aus Haupt- und Hilfsantrag gestellt. Würden in einer Klage Haupt- und Hilfsantrag miteinander verbunden, würden deren Werte aber nicht zusammengerechnet, weil sie nicht nebeneinander, sondern allenfalls nur nacheinander in demselben Rechtsstreit anfallen könnten. Nach herrschender Meinung sei in diesen Fällen stets allein auf den Antrag mit dem jeweils höchsten Wert abzustellen, unabhängig davon, ob es sich bei ihm um den Haupt- oder den Hilfsantrag handele. Auch der Gebührenstreitwert der Stufenklage sei einheitlich und richte sich gemäß § 44 GKG nach dem im Wert höchsten Anspruch. Ende der Rechtsstreit vor der Zahlungsstufe, sei der Streitwert für das gesamte Verfahren nach der ursprünglichen Leistungserwartung zu bemessen. Das Interesse des Handelsvertreters an einer Durchsetzung seiner Rechte gemäß § 87 c HGB  bestimme sich nach einem Bruchteil des Wertes der Zahlungsforderung, welche der Handelsvertreter zu realisieren hoffe. Ein Gesamtstreitwert gemäß § 44 GKG i.H.v. 50.000 EUR sei daher in keinem Falle begründet, vielmehr sei allein eine Wertfestsetzung i.H.v. 10.114,57 EUR, dem geleisteten Ausgleichsanspruch, interessengerecht.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 20.12.2013 nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 68 Abs. 1 GKG a.F. statthafte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 04.12.2013 ist form- und fristgerecht erhoben, in der Sache indes nicht erfolgreich.

Das Landgericht hat den Streitwert für das Verfahren zutreffend auf insgesamt bis zu 50.000 EUR, und für die Verhandlungsgebühren der Prozessbevollmächtigten auf 12.500 EUR festgesetzt.

1.

Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 24.02.2003 – 19 W 5/03 (OLGR Köln 2003, 207 f.) entschieden hat, ist bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO gemäß § 44 GKG für die gerichtliche Verfahrensgebühr und die anwaltliche Prozessgebühr immer der höchste Streitwert der verbundenen Ansprüche, regelmäßig der Wert des Leistungsanspruches maßgebend.

Dabei ist in Bezug auf die Höhe des Leistungsanspruches auf die Vorstellungen des Klägers zu Beginn der Instanz abzustellen (Herget in: Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16 „Stufenklage“). Dies gilt nach richtiger Ansicht auch dann, wenn der Leistungsanspruch – wie hier – später im Verfahren selbst nicht weiter verfolgt oder nicht beziffert wird, mithin ein Fall der „stecken gebliebenen Stufenklage“ vorliegt  (vgl. die Entscheidung des Senats v. 13.07.2009 – 19 W 17/09 – juris; so auch OLG Celle, Beschl. v. 26.11.2008 – 15 WF 93/08, FamRZ 2009, 452), und auch dann, wenn das Gericht am Ende des Verfahrens von dem Wert des Leistungsbegehrens abweichende Erkenntnisse hat. Demnach können die Beklagten nicht mit Erfolg darauf verweisen, der Wert sei anhand des tatsächlich gezahlten Ausgleichs zu bemessen.

Denn bei der Stufenklage wird auch der noch nicht bezifferte Leistungsantrag anhängig und bei Zustellung rechtshängig (vgl. Senat v. 13.07.2009). Da zum Zeitpunkt der Klageeinreichung aber nicht feststeht, welchen Streitwert der Leistungsanspruch hat, ist dieser gemäß § 3 ZPO vom Gericht nach freiem Ermessen festzusetzen. Im Rahmen der danach gebotenen Schätzung sind die Vorstellungen des Klägers insoweit zu berücksichtigen, als er aufgrund seiner zur Begründung der Klage vorgebrachten Behauptungen objektiv gesehen Leistungen zu erwarten hat. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass der Streitwert sich nach dem Interesse des Klägers bestimmt, wobei die Bemessung dieses Interesses allerdings nicht im Belieben des Klägers steht, sondern nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen hat (Kammergericht, Beschl. v. 27.06.2006 – 1 W 386/05, JurBüro 2006, 594 f.)

Dagegen sind die Erkenntnisse des Gerichts am Ende der Instanz ohne Bedeutung für die Bewertung des noch zu beziffernden Leistungsantrages. Selbst bei einer nachträglichen Prüfung der für den Zeitpunkt der Klageeinreichung maßgeblichen Schätzung des Streitwerts eines unbezifferten Zahlungsbegehrens könnten die damals bestehenden Erwartungen des Klägers nicht anhand der im Prozessverlauf gewonnenen Einsicht korrigiert werden. Dies liegt auf der Hand in den Fällen, in denen sich nach Erteilung der Auskunft kein Zahlungsanspruch ergibt. Hier wäre – im Nachhinein – sowohl der Wert des Leistungsantrages als auch der Wert des den Leistungsantrages vorbereitenden Auskunftsantrages auf „Null“ festzusetzen, obwohl das Interesse des Klägers an der Führung des Prozesses nicht rückwirkend entfallen, sondern durch die Auskunft befriedigt worden ist (Kammergericht a.a.O.).

Vorliegend hat der Kläger den Wert seiner Stufenklage von Beginn an mit 50.000 EUR bezeichnet, so dass das Landgericht den Streitwert mit Recht in entsprechender Höhe festgesetzt hat. Auf die Tatsache, dass der Kläger in der Auskunftsstufe einen Haupt- und einen Hilfsantrag formuliert hat, kommt es dabei nicht an.

2.

Der Wert für Verhandlungs- und Beweisgebühren richtet sich hingegen nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen, wofür das jeweilige Prozessgeschehen maßgeblich ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 24.02.2003 und vom 13.07.2009, daneben OLG Köln, Beschluss vom 09.05.2005 -14 WF 21/05, FamRZ 2005,1847 ff.). Vorliegend sind sie demnach allein am Wert der in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 gestellten Anträge zu Ziff. 1 der Klageschrift, mithin der Auskunftsstufe zu bemessen. Derartige Vorbereitungsansprüche werden dabei regelmäßig mit einem Bruchteil des Leistungsanspruches beziffert, der von dem Landgericht gewählte Ansatz von 25 % des Leistungsbegehrens ist aus Sicht des Senates nicht zu beanstanden (vgl. auch Senat v. 13.07.2009). Auf den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges ist nicht abzustellen, weil über ihn nicht entschieden ist; ohnehin ergäbe sich insoweit aber auch kein abweichender Streitwert.24

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG a.F..

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Streitwert einer Stufenklage
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