Trunkenheitsfahrt, Entzug der Fahrerlaubnis – außerordentliche Kündigung

7 W 52/04 Beschluss verkündet am 22. September 2004 OLG Stuttgart Kündigung des Handelsvertretervertrags

Oberlandesgericht Stuttgart
Im Namen des Volkes
Beschluss

In dem Rechtsstreit
[…]
wegen Feststellung
hier: sofortige Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von […] beschlossen:

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 25. August 2004 – 14 O 274/04 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, § 127 Abs. 2 ZPO. In der Sache hat sie indes keinen Erfolg.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Neben den Leistungsanträgen Ziff. 3 und 4 sind zwar auch die Feststellungsanträge Ziff 1 und 2 gemäß § 356 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Frage des Fortbestehens des Handelsvertretervertrages ist für die Leistungsanträge Ziff. 3 und 4 vorgreiflich. Die Vorgreiflichkeit macht das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich. Es genügt die bloße Möglichkeit, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis weitere Ansprüche zwischen den Parteien erwachsen (BGH NJW 77, 1637; ZIP 99, 447).

Die zulässigen Klaganträge Ziff. 1 bis 4 sind in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Die Feststellungsanträge sind unbegründet, da der Vertrag aufgrund der fristlosen Kündigung der Antragsgegnerin vom 07.04.2004 wirksam beendet wurde.

Die Auskunfts- und Zahlungsanträge sind ebenfalls unbegründet.

Soweit sie Verträge betreffen, die bis zum 07.04.2004 abgeschlossen wurden, sind die Auskunfts- und Zahlungsansprüche durch – unstreitige – Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

Soweit sie Verträge nach Zustellung der fristlosen Kündigung vom 07.04.2004 betreffen, bestehen die Ansprüche nicht, da dem Antragsteller gem. § 8 (1) des Vertrags nur Provisionen für solche Geschäfte zustehen, die während der Dauer des Vertragsverhältnisses der Parteien abgeschlossen werden, aber der Vertrag aufgrund der fristlosen Kündigung der Antragsgegnerin vom 07.04.2004 wirksam beendet wurde.

Das Landgericht hat aus den zutreffenden Gründen die Formwirksamkeit der Kündigungserklärung bejaht. Der Senat nimmt hierauf Bezug.

Die fristlose Kündigung ist auch gem. § 14 (3) des Handelsvertretervertrages wirksam, da für die Antragsgegnerin ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung bestand.

§ 14 (3) des Vertrags entspricht inhaltlich dem § 89 a Abs. 1 Satz HGB, weshalb die Rechtsprechung hierzu herangezogen werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB gegeben, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann (BGH VersR 03, 856; WM 01, 1031 = VersR 01, 370).

Das Landgericht hat diese Voraussetzungen zu Recht bejaht. Der Senat nimmt auf dessen Ausführungen Bezug. Die Einwände des Antragstellers in der sofortigen Beschwerde vom 10.09.2004 sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen.
Der Senat berücksichtigt hierbei die Gesichtspunkte, dass der Antragsteller bereits seit 1981 erfolgreich für die Antragsgegnerin tätig war und die Vertretertagung vom 16./17.02.2004 nur eine interne Veranstaltung darstellte.

Der Senat unterstellt ferner, dass die stationäre Therapie des Antragstellers zum Ende des Jahres übereinstimmend verschoben werden sollte und dass der Antragsteller Personen zur Verfügung hat, die ihn während der Zeit ohne Fahrerlaubnis – wie bereits im Jahr 1999 – fahren werden.

Ausschlaggebend ist, dass in der wiederholten Trunkenfahrt des Antragstellers vom 05.04.2004 eine derartige Störung des Vertrauensverhältnisses der Parteien liegt, die es der Antragsgegnerin unzumutbar erscheinen ließ, das Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten fortzusetzen.

Durch diese Trunkenheitsfahrt trotz der schriftlichen Abmahnung vom 08.03.2004 hat der Antragsteller der Antragsgegnerin berechtigten Anlass zu der Erwartung gegeben, dass er seine Alkoholkrankheit nicht unter Kontrolle habe und deshalb auch seine vertraglichen Verpflichtungen zukünftig nicht erfüllen könne.

Die Antragsgegnerin durfte annehmen, dass hierdurch erhebliche geschäftliche Nachteile für sie entstehen könnten. Dies gilt umso mehr, als die Vororderzeit bevorstand, die mit einer erhöhten Reisetätigkeit des Antragstellers verbunden war.

Nachdem die Wirksamkeit der Kündigung zum Zeitpunkt deren Erklärung zu beurteilen ist, bleibt der neue Vortrag des Antragstellers ohne Berücksichtigung, wonach der seit dem Vorfall vom 05.04.2004 nicht mehr trinke und sich seiner Krankheit gestellt habe. Hierzu hätte er spätestens nach der Abmahnung vom 08.03.2004 Anlass gehabt.

Nach alledem hat das Landgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht, § 574 ZPO.

Schlagwörter
wichtiger Grund (12) Trunkenheitsfahrt (2) Störung des Vertrauensverhältnisses (1) Führerscheinentzug (2) Feststellungsinteresse (3)