Zum Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers nach Handelsvertretergrundsätzen; kein Anspruch auf Überhangprovisionen

11 U 279/06 Urteil verkündet am 19. April 2007 OLG Celle Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers analog § 89 b HGB

Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil

[..]

Tatbestand

Die Klägerin macht als ehemalige Franchisenehmerin der Beklagten gegen diese unter anderem Provisions- und Ausgleichsansprüche in entsprechender Anwendung des Handelsvertreterrechts geltend.

Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung „cl…“ ein Internetportal, welches über verschiedene Regionen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Informationen anbietet. Den in diesen Regionen ansässigen Unternehmen wird die Möglichkeit eingeräumt, kostenpflichtig auf den jeweiligen Regionalseiten im Internet Werbung zu betreiben. Die Regionalseiten werden von den Franchisenehmern der Beklagten betreut, welche die Unternehmer ihrerseits akquirieren, mit diesen Verträge abschließen und hiermit ihre Einnahmen erzielen.

Am 14.04.2000 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Ehemann der Klägerin einen Systemmietvertrag. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten verpflichtete sich unter anderem zur Bereitstellung eines Webservers sowie zur Kundenverwaltung einschließlich der Überwachung des Zahlungsverkehrs. Dem Ehemann der Klägerin wurde das Recht eingeräumt, die Bezeichnung „cl… B…“ zu führen und das Gebiet „Stadt B…“ zu betreuen. Im Gegenzug behielt die Beklagte gemäß § 3 des Systemmietvertrags 35% der in jedem Monat erzielten Nettoerlöse ein, mindestens aber einen Betrag in Höhe von 1.750,– €. Der Jahresmindestumsatz wurde auf 20.000,– € festgesetzt. Für den Fall einer Unterschreitung sollte die Beklagte zur Kündigung des Vertrags berechtigt sein. Die Parteien vereinbarten ein Wettbewerbsverbot für die Dauer von einem Jahr nach Kündigung. Ebenfalls Bestandteil des Vertrags wurde das Franchisekonzept der Beklagten. Die von der Beklagten und der Klägerin gegenüber den Kunden verwendeten Geschäftsbedingungen sehen unter § 2 Abs. 5 vor, dass die Beklagte bei Ausscheiden eines Systempartners in die von diesem geschlossenen Verträge eintritt. Mit Wirkung vom 23.10.2003 trat die Beklagte für ihren Ehemann in den Vertrag ein. Mit Schreiben vom 30.08.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Vertrag nicht über den 31.12.2004 hinaus verlängern wolle.

Die Klägerin meint, dass sie nach Vertragsbeendigung analog § 87 HGB Auszahlung der Überhangprovision verlangen könne, soweit es um Geschäfte gehe, die vor Beendigung des Lizenzvertrags geschlossen, aber erst danach ausgeführt worden seien. Zur Vorbereitung dieses Anspruchs sei die Beklagte zur Erteilung eines Buchauszugs verpflichtet. Weiter sei die Beklagte aufgrund des vereinbarten Wettbewerbsverbots zur Zahlung einer Karenzentschädigung analog § 90a Abs. 1 Satz 3 HGB verpflichtet. Schließlich müsse die Beklagte einen Ausgleich analog § 89 b HGB zahlen. Die Beklagte werde auch zukünftig von der Akquisitionstätigkeit der Klägerin profitieren.

Die Beklagte ist der Ansicht, ein Anspruch auf Karenzentschädigung bestehe nicht. Hilfsweise erklärt sie die Aufrechnung mit einem Gegenanspruch in Höhe von 31.693,32 €. Die Klägerin sei gemäß § 3 des Systemmietvertrags verpflichtet gewesen, monatlich mindestens 1.750,00 € zu zahlen. Dieser Betrag sei zunächst nicht eingefordert worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg.

Entscheidungsgründe

II. … Die Klägerin kann analog § 89 b HGB Zahlung eines Ausgleichs und analog § 90a HGB Zahlung einer Karenzentschädigung verlangen. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten führt nur teilweise zu einem Erlöschen dieser Ansprüche, sodass der Klägerin ein Zahlungsanspruch in Höhe von 1.775,55 € verbleibt.

Die Frage, ob die bei der Franchisegeberin verbleibenden Vorteile analog § 87 Abs. 1 HGB oder analog § 89 b HGB zu vergüten sind, ist zugunsten des Ausgleichsanspruchs zu beantworten.

1. Zutreffend hat das Landgericht das Bestehen etwaiger Ansprüche der Klägerin analog § 87 Abs. 1, 3 HGB für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verneint. Ob die Bestimmungen des Handelsvertreterrechts auf Franchisenehmer entsprechende Anwendung finden, ist stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Beim Franchising gestattet der Franchisegeber dem Franchisenehmer gegen eine entsprechende Vergütung die Nutzung einer Gesamtheit von Rechten an gewerblichem oder geistigem Eigentum zum Zweck des Weiterverkaufs von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen an Endverbraucher. Anders als im Handelsvertreterrecht erhält der Franchisenehmer allerdings keine Provision. Vielmehr wird er selbst Vertragspartner der Endverbraucher und ist seinerseits nur zur Entrichtung der Lizenzgebühr an den Franchisegeber verpflichtet.

Bereits dieser Gesichtspunkt begründet Zweifel, ob hier eine Vergleichbarkeit zwischen einem Handelsvertreter und einem Franchisenehmer besteht und Letzterem Rechte zugebilligt werden können, die den nachvertraglichen Provisionsansprüchen des Handelsvertreters entsprechen.

Hinzu kommt, dass der von der Klägerin in diesem Zusammenhang geltend gemachte Anspruch bereits von dem gleichfalls geltend gemachten Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB erfasst wird. Der gemäß § 89b HGB vom Unternehmer zu zahlende Ausgleich ist eine Abgeltung für die Provisionsverluste des Handelsvertreters. Nichts anderes begehrt die Klägerin aber bereits mit ihrem Anspruch analog § 87 Abs. 1 HGB. Im Ergebnis begehrt die Klägerin damit doppelte Erstattung ihrer mit der Vertragsbeendigung verbundenen Verluste, und zwar sowohl analog § 87 Abs. 1 HGB als auch analog § 89 b HGB. Die Frage, ob die bei der Beklagten verbleibenden Vorteile analog § 87 Abs. 1 HGB oder analog § 89b HGB zu vergüten sind, ist zugunsten des Ausgleichsanspruchs zu beantworten. Hierfür spricht nicht nur, dass § 89 b HGB auf diese Konstellationen zugeschnitten ist und aufgrund seines ausdifferenzierten Regelungsgehalts einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen ermöglich. Zu bedenken ist auch, dass die Anwendung des § 87 Abs. 1 HGB mit erheblichen praktischen Problemen verbunden wäre. So wäre bei einem Anspruch analog § 87 Abs. 1 HGB zu berücksichtigen, dass etwaigen Ansprüchen der Klägerin eine Gegenleistung der Beklagten in Form der technischen Realisierung unter anderem durch Bereitstellung eines Servers gegenüber steht. Diese wären von der Klägerin grundsätzlich zu vergüten. Dabei kann die Frage offen bleiben, ob sich ein etwaiger Anspruch der Beklagten auf 1.750,00 € monatlich bzw. 35% der Umsätze oder auf einen geringeren Betrag beläuft. Jedenfalls müssten Ansprüche der Klägerin einen entsprechenden Abzug erfahren.

Allerdings ließe sich dieser Abzug nicht auf der Basis des ursprünglichen Vertragsverhältnisses berechnen, denn die Beklagte erbrächte ihre Gegenleistung nicht allein gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber dem ihr nachfolgenden Franchisenehmer, sodass die Kosten verteilt werden müssten. Die hiermit verbundenen Probleme wurden noch verstärkt, wenn die mit der Klägerin und die mit ihrem Nachfolger geschlossenen Systemmietverträge inhaltlich nicht identisch sein sollten:
Die analoge Anwendung von § 87 HGB würde darüber hinaus aber auch eine Aufteilung der vom Nachfolger der Klägerin erzielten Umsätze erfordern, denn auch dieser könnte die von den übernommenen Altkunden gezahlten Beträge jedenfalls teilweise für sich beanspruchen. Wollte man insoweit eine Verteilung vornehmen, müsste bei jedem Altkunden entschieden werden, ob die (ggf. jährliche) Fortsetzung des Vertrags auf die Bemühungen der Klägerin oder auf die Anstrengungen ihres Nachfolgers zurückzuführen sind bzw. inwieweit der Verbleib des Kunden der Klägerin oder ihrem Nachfolger zuzuschreiben ist. Eine solche Abgrenzung ist aber regelmäßig bereits nach kurzer Zeit weitgehend ausgeschlossen. Auch dies spricht gegen eine analoge Anwendung des § 87 Abs. 3 HGB auf den vorliegenden Fall.

Die Klägerin kann auch keine Auskunft verlangen im Zusammenhang mit einem etwaigen Anspruch auf Zahlung analog § 87 Abs. 3 HGB. Der Anspruch eines Handelsvertreters auf Zahlung einer Überhangprovision kommt für Geschäfte in Betracht, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden und die auf eine Vermittlungsleistung des Handelsvertreters zurückgehen. Eine entsprechende Anwendung dieser Norm scheidet bei einem Franchisenehmer aber aus, denn die Charakteristik dieses Vertragstyps ist gerade, dass die Verträge nicht zwischen den Kunden und dem Prinzipal, sondern zwischen dem Kunden und dem Franchisenehmer zustande kommen. Die vergütungspflichtige Tätigkeit von Handelsvertreter und Franchisenehmer unterscheidet sich insoweit grundlegend, sodass eine Analogie der für den Handelsvertreter maßgeblichen Bestimmungen für den Franchisenehmer nicht in Betracht kommt.

Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB zu.

2. Zutreffend hat das Landgericht der Klägerin dem Grunde nach einen Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB zuerkannt. Der in Höhe von 29.468,87 € bestehende Anspruch ist allerdings durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten wieder erloschen.
Die Klägerin ist ähnlich einem Handelsvertreter in die Absatzorganisation der beklagten Franchisegeberin eingegliedert.

a) Dem Franchisenehmer steht bei Beendigung des Vertragsverhältnisses gegen den Franchisegeberein Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 89 b HGB zu, wenn er ähnlich einem Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Franchisegebers eingegliedert und verpflichtet ist, diesem bei Beendigung des Vertragsverhältnisses den Kundenstamm zu überlassen (vgl. OLG Dresden, OLGR Dresden 03, 298, 302). Beides hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht, sodass insoweit auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen werden kann.

Der Ausgleichsanspruch scheitert auch nicht an § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB. Insbesondere ergeben sich aus dem Vortrag der Beklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin für ein Konkurrenzunternehmen tätig wurde …

Berechnung des Ausgleichsanspruchs

b) Die Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs beläuft sich auf 29.468,87 €.

Bei der Berechnung des Handelsvertreterausgleichs ist im Hinblick auf die dem Prinzipal verbleibenden Vorteile gemäß § 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB grundsätzlich nicht auf die tatsächliche Entwicklung abzustellen, sondern eine auf den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bezogene Prognoseentscheidung vorzunehmen (vgl. BGH, NJW 98, 71, 75). Nachträgliche Entwicklungen dürfen regelmäßig nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie bei Vertragsschluss bereits vorhersehbar waren. Auch auf der Grundlage des erstinstanzlichen Beklagtenvortrags war am 31.12.2004 aber noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit erkennbar, dass von den 109 (ehemaligen) Kunden der Klägerin nur 43 einen neuen Vertrag mit anderen Franchisenehmern der Beklagten abschließen würden.

Auf eine etwaige Übernahme durch andere Franchisenehmer kommt es aber auch nicht entscheidend an; denn der Beklagten war eine Vertragsfortführung mit den ehemaligen Kunden der Klägerin im eigenen Namen möglich.

Zwar wird das Franchiserecht im Gegensatz zum Handelsvertreterrecht dadurch geprägt, dass nicht das Verhältnis zwischen dem Kunden und dem Prinzipal bestimmender Maßstab ist, sondern das Verhältnis zwischen Kunde und Franchisenehmer. Wird dementsprechend der Franchisevertrag beendet, erlischt damit auch gleichzeitig die vertragliche Bindung des Kunden.

Im vorliegenden Fall sehen die von der Klägerin verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 2 Abs. 5 jedoch vor, dass bei einem Ausscheiden des Systembetreuers die Beklagte (automatisch) in den Vertrag mit dem Kunden eintritt und die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Kunden übernimmt.

Diese Regelung ist auch wirksam. Zwar unterfällt eine Bestimmung gemäß § 309 Nr. 10 BGB dem absoluten Klauselverbot, wenn sie einen Wechsel des Vertragspartners aufseiten des Verwenders vorsieht. Das ist dann aber nicht der Fall, wenn der in den Vertrag eintretende Dritte – wie hier – namentlich bezeichnet wird.

Dementsprechend bestand entgegen der Auffassung der Beklagten keine Veranlassung, diejenigen Kunden abzuschalten, die sich bis zum 31.01.2005 nicht bei der Beklagten gemeldet und ausdrücklich die weitere Betreuung durch einen anderen Systempartner beantragt hatten. Hierzu war die Beklagte aufgrund ihres Eintritts in den Vertrag grundsätzlich auch nicht berechtigt. Wenn sich die Beklagte gleichwohl von den ehemaligen Kunden der Klägerin trennte, geht das nicht zulasten der Klägerin.

Aus den vorstehenden Gründen kommen auch die Erwägungen der Beklagten nicht zum Tragen, die Klägerin hätte ihre Kunden mitnehmen können, sodass für eine Anwendung des § 89b HGB kein Raum sei. Eine solche Möglichkeit bestand aufgrund des mit Beendigung des Franchisevertrags automatisch erfolgten Eintritts der Beklagten in sämtliche Kundenverträge gerade nicht. Unabhängig hiervon hat bereits das Landgericht darauf hingewiesen, dass eine etwaige Mitnahme von Kunden aufgrund des nachvertraglichen Konkurrenzverbots für die Klägerin wirtschaftlich sinnlos gewesen wäre.

Für die Berechnung der voraussichtlichen Verluste analog § 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB ist von den Provisionseinnahmen auszugehen, welche die Klägerin in den letzten 12 Monaten mit den von ihr geworbenen Neukunden erzielte (vgl. OLG Celle, OLGR Celle 00, 54, 55). Da die Klägerin für das von ihr betreute Gebiet unter Einbeziehung der von ihrem Ehemann geleisteten Vorarbeit als „Frau der ersten Stunde“ anzusehen ist, kann der Gesamtumsatz ohne Einschränkungen berücksichtigt werden.

Die Klägerin hat insoweit für das letzte Vertragsjahr eine Provision in Höhe von 28.038,94 € in Ansatz gebracht. Diesen Betrag hat die Beklagte nicht in Zweifel gezogen. Unter Berücksichtigung einer Abwanderungsquote von 20% ergibt sich folgende Berechnung:

Erstes Folgejahr 22.431,15 €
Zweites Folgejahr 17.944,92 €
Drittes Folgejahr 14.355,94 €
Viertes Folgejahr 11.484,74 €
Gesamt 66.216,75 €

Dieser Betrag ist abzuzinsen, wobei angesichts der Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren der vom Kläger zugrunde gelegte Wert von 15 % übernommen werden kann (vgl. BGH, NJW-RR 91, 481, 482). Hieraus folgt eine Reduzierung auf den Betrag von 56.284,24 €.

Bei der Billigkeitsprüfung analog § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB sind personenbezogene Umstände außer Betracht zu lassen. Dementsprechend spielt die zwischenzeitlich erfolgte Verrentung der Klägerin keine Rolle (vgl. Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 8913, Rn. 34). Zwar kann eine Konkurrenztätigkeit noch vor Beendigung des Vertrags einen Ausgleichsanspruch mindern oder unter Umständen sogar ganz entfallen lassen (vgl. Hopt, a.a.O., Rn. 40). Im vorliegenden Fall rechtfertigen die möglicherweise gegebenen (geringen) Überschneidungen zwischen dem Gutscheinsystem „X …“ und der von der Beklagten unterhaltenen Internetplattform einen vollständigen Wegfall des Ausgleichsanspruchs allerdings nicht, sondern allenfalls eine gewisse Reduzierung. Erst ab einer Reduzierung von mehr als 50% würde aber die von der Klägerin in den letzten fünf Jahren durchschnittlich erzielte Provision unterschritten. Eine solche Reduzierung ist nach Auffassung des Senats jedoch auch unter Zugrundelegung des von der Beklagten behaupteten Wettbewerbsverstoßes nicht angemessen. Damit liegt der Anspruch immer noch über dem Deckelungsbetrag gemäß § 89 b Abs. 2 HGB, dessen Höhe sich unstreitig auf 29.468,87 € beläuft und der dementsprechend mit dem Ausgleichsanspruch gleichzusetzen ist.

Der Ausgleichsanspruch der Klägerin ist durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten erloschen.

c) Der Ausgleichsanspruch ist allerdings durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten wieder erloschen. Zutreffend hat das Landgericht den Gegenanspruch der Beklagten auf § 3 des am 14.04.2000 zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien geschlossenen Systemvertrags gestützt. Diese Vertragsbestimmung ist nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB nichtig. Soweit die Klägerin eine üble unangemessene Benachteiligung behauptet, ist weder eine krasse wirtschaftliche Benachteiligung der Klägerin, noch ein wirtschaftliches Übergewicht der Beklagten ersichtlich. Der zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossene Vertrag bestand bereits seit gut drei Jahren, als sich die Klägerin zum Eintritt entschloss. Ihr waren dementsprechend die wirtschaftlichen Risiken und die Erlösmöglichkeiten hinlänglich bekannt. Ebenfalls bekannt war ihr, dass monatlich ein Betrag in Höhe von mindestens 1.750,00 € an die Beklagte zu zahlen war. Wenn sie sich in Kenntnis dieses Umstandes gleichwohl zum Eintritt in den Vertrag entschloss, dann beruhte dies auf einer freien unternehmerischen Entscheidung. Eine etwaige, zu diesem Zeitpunkt bestehende und für die Beklagte erkennbare wirtschaftliche Not- oder Zwangslage ist nicht erkennbar und wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Ein – im Übrigen für die Annahme einer Sittenwidrigkeit allein ohnehin nicht ausreichendes – grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist gleichfalls nicht ersichtlich. Insbesondere kann ein solches Missverhältnis auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die Beklagte knapp 50% der von der Klägerin erzielten Umsätze einbehielt. In welchem Verhältnis Leistung und Gegenleistung stehen, war nach dem Systemmietvertrag in erster Linie vom erzielten Umsatz abhängig. Allein der Umstand, dass ein Franchisenehmer einen nur geringen Umsatz erzielt und dieser in einem ungünstigeren Verhältnis zur Mindestpauschale steht, kann noch nicht ein grobes Missverhältnis begründen. Ob das dann der Fall wäre, wenn bereits bei Vertragsschluss erkennbar ein höherer Umsatz nicht erzielbar ist, kann im vorliegenden Fall mangels entsprechender Anhaltspunkte offenbleiben.

Gegen die Annahme der Sittenwidrigkeit spricht auch, dass die von der Klägerin erworbene vorläufige Lizenz gemäß § 5 des Systemmietvertrag bei Erreichen eines Jahresumsatzes von 60.000,00 € in eine endgültige Lizenz umgewandelt worden wäre und die Beklagte der Klägerin etwaige Rückstände betreffend die Nachentrichtung der Mindestpauschale dann erlassen hätte.

Die Verpflichtung zur Zahlung der Mindestpauschale ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 89 b Abs. 4 HGB nichtig. Allein durch die in § 10 des Systemmietvertrags getroffene Stundungsabrede wird die Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs nicht in Frage gestellt (vgl. BGH, NJW 83, 1727, 1728). Der Klägerin ist zuzugeben, dass sich durch eine solche Stundungsabrede ein etwaiger Ausgleichsanspruch im Falle einer Aufrechnung auf Null reduzieren kann, wenn die gleichzeitig aufgebauten Rückstände den Ausgleichsanspruch betragsmäßig übersteigen. Auf spätere Entwicklungen kommt es bei der Beurteilung gemäß § 89 b Abs. 4 HGB aber nicht an. Maßgeblich ist allein, ob die ursprüngliche Vereinbarung als Umgehung des unabdingbaren gesetzlichen Ausgleichsanspruchs zu werten ist (vgl. OLG Celle, OLGR Celle 02, 86, 88). Hierfür liegen aber keine Anhaltspunkte vor. Unabhängig davon, dass die Parteien bei Vertragsschluss nicht von einer ständigen Unterschreitung des avisierten Umsatzes von 60.000,00 € im Jahr ausgehen mussten, ist auch hier wieder zu berücksichtigen, dass etwaige Rückstände bei erstmaligem Erreichen eines Umsatzzieles von 60.000,00 € im Jahr getilgt worden wären und in dem Fall bei einer Vertragsbeendigung der Ausgleichsanspruch ohne Einschränkungen hätte geltend gemacht werden können …

Dass sich die Rückstände auf 31.693,32 € belaufen, ist zwischen den Parteien unstreitig.

… der Anspruch auf Karenzentschädigung nur teilweise

3. Das Landgericht hat der Klägerin zutreffend eine Karenzentschädigung gemäß § 90 a HGB zugesprochen und hierbei die der Klägerin durch den Wettbewerbsverzicht erwachsenden Nachteile sowie die dem Unternehmer zukommenden Vorteile berücksichtigt (vgl. OLG München, OLGR München 01, 56, 57). Gerade im Hinblick auf die nach Auffassung der Klägerin nur eingeschränkte Möglichkeit eines Wettbewerbs ist der zugesprochene Betrag von 4.000,00 € nicht zu beanstanden und wird von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt.

Der Anspruch ist jedoch durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten teilweise wieder erloschen. Nach Verrechnung der Gegenforderung mit dem Ausgleichsanspruch ist noch ein Anspruch der Beklagten in Höhe von 2.224,45 € verblieben. Da sich die Hilfsaufrechnung der Beklagten auch auf die Karenzentschädigung erstreckt, ist diese um 2.224,45 € zu reduzieren. Der Klägerin verbleibt damit ein Anspruch in Höhe von 1.775,55 €.

Besprechung(en) zur Rechtsprechung
Zum Ausgleichsanspruch eines Franchisenehmers analog § 89 b HGB, zur Karenzentschädigung eines Franchisenehmers analog § 90 a HGB und zur Frage, ob ein Franchisenehmer Anspruch auf Überhangprovision gem. § 87 Abs. 1 HGB oder nachvertragliche Provision gem. § 87 Abs. 3 HGB hat
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