Zum Anspruch eines Tankstellenpächters auf Buchauszug

23 U 103/07 Urteil verkündet am 7. Juli 2008 KG Ausgleichsanspruch, Provisionsabrechnung, Buchauszug und Bucheinsicht

Kammergericht
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]
hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, […], auf die mündliche Verhandlung vom 07.07.2008 durch […] für Recht erkannt:

Tenor

I. Das Schlussurteil des Landgerichts Berlin – 101 O 5/05 – vom 30. Mai 2007 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 9.227,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % für die Zeit vom 1. bis 30. September 2004 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Oktober 2004 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen auf 92.561,67 EUR in Höhe von 5 % vom 1. bis 30. September 2004 und von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins vom 1. Oktober 2004 bis 28. Juli 2005 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit nicht bereits durch Anerkenntnisteilurteil vom 18.07.2005 beschieden.

4. Die Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger zu 8,5 % und die Beklagte zu 91,5 % zu tragen.

II. Die Kosten des Berufungsrechtszuges haben der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jeder Schuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I. Der Kläger, Pächter der zunächst unter der Marke […] der Rechtsvorgängerin der Beklagten und ab September 2003 unter der Marke […] geführten Tankstelle, begehrt nach Kündigung seines Tankstellenpächtervertrages durch die Beklagte zum 31. August 2004 Abrechnung über die Einzelgeschäfte und einen Buchauszug, jeweils in Form der von ihm in die EDV-gestützte Kassenanlage eingegebenen Daten. In dem Berufungsrechtszug streiten die Parteien ferner über den nicht anerkannten Teil des Provisionsausgleichsanspruches, Zinsen und Kosten für den anerkannten Teil und die Kosten für den übereinstimmend für erledigt erklärten Antrag auf Rückgabe einer Bürgschaft, die Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger sicherte.

Die Parteien vereinbarten, dass der von dem Kläger zunächst mit der […] GmbH geschlossene Tankstellenpächtervertrag, auf den Bezug genommen wird (Anlage K 3), zwischen den Parteien fortbesteht. Nach dem Vertrag erhielt der Kläger eine nach Mengen gestaffelte, vom Verkaufspreis je Liter abhängige Provision für Kraftstoff, eine verkaufspreisabhängige Provision für Schmierstoffe und eine kombinierte feste und Umsatzprovision für Autowäschen. Zudem war für sogenannte Direktkunden der Beklagten, insbesondere Flottenkarteninhaber, ein Abschlag auf die Provision vereinbart. Die provisionspflichtigen Geschäfte wurden vom Kläger in eine EDV-Kassenanlage eingegeben, deren Daten im Prinzip durch die Beklagte abrufbar waren. Der Kläger konnte die Daten gesammelt nach Tag, Monat und Jahr ausdrucken; insoweit wird auf die Anlagen K 4 a) – c) Bezug genommen. Dabei bestimmte das Kassenpersonal durch die Eingabe eines entsprechenden Befehles, zu welchem Zeitpunkt die jeweilige Tagesregistratur abgeschlossen wurde. Seit der Mitte 2001 erfolgten Programmumstellung der Kassenanlage wurden die ab dann angefallenen Daten, soweit sie permanent speicherbar waren, vom Kläger im sogenannten ZIP-Format auf einer Diskette gespeichert. Sie sind nur nach Anwendung eines Entpackungsprogramms lesbar. Nicht zu den Daten gehören Kundennamen, die die Beklagte auch nicht durch die Datenüberspielung erfuhr.

Die Beklagte rechnete monatlich über die Provisionen mit mehreren Aufstellungen gemäß den Anlagen K 36 a – h bzw. B 12 – 15 und 19 – 21 ab, auf die Bezug genommen wird; diese Zusammenstellungen listen die Geschäftsvorfälle nicht einzeln, sondern kumuliert auf. Die Kassenanlage enthält außer den provisionspflichtigen sogenannten Agenturgeschäften auch noch die vom Kläger daneben betriebenen sogenannten Eigengeschäfte, insbesondere aus einem Ladenverkauf. An Hand der Namen bei Kreditkarten bzw. der Stammkundennummern bei den sogenannten Flottenkarten lassen sich Zahlen für wiederholte Geschäftsvorfälle desselben Karteninhabers ermitteln; insoweit wird auf die Anlagen K 7 a, K 29 und die aus der Anlage K 26 entwickelte Anlage B 9 Bezug genommen.

Die vom Kläger bereits vor Beendigung seines Vertrages für diesen Zeitpunkt geforderte Auslgeichszahlung in Höhe der sogenannten Kappungsgrenze des § 89 b Abs. 2 HGB lehnte die Beklagte am 02.06.2004 ab. Der Kläger forderte eine entsprechende Zahlung erneut am 03.09.2004, wiederum ohne Betragsangabe, aber verbunden mit der Bitte um Endabrechnung der Provisionen. In der Klageschrift erklärte der Kläger ferner die Aufrechnung gegen unstreitige Gegenansprüche der Beklagten gegen ihn in Höhe von 1.507,08 EUR mit dem erststelligen Teilbetrag seines Ausgleichsanspruches. Die Klage wurde der Beklagten am 11. Februar 2005 unter Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens zugestellt. Am 25. Februar 2005 gab die Beklagte dem Kläger dessen Bürgschaft zurück; am gleichen Tag erkannte sie im Prozess die Klageforderung in Höhe von 92.561,67 EUR an. Sie erklärte ihrerseits die Aufrechnung mit weiteren Gegenansprüchen für ein Handbuch zur Kassenanlage, das der Kläger in einer älteren Version erhalten hatte und das die Beklagte wegen Nichtrückgabe durch den Kläger in neuerer Version für den Nachfolgepächter zu 47,56 EUR angeschafft hatte. Die weitere Aufrechnungserklärung bezog sich ferner auf den Umsatzsteueranteil für ein beschädigtes WC-Schloß von 12,60 EUR, obwohl die Beklagte diese Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen konnte. Die Beklagte hatte ferner inzwischen eine Gutschrift über 116,– EUR erteilt.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe die Daten für die einzelnen Geschäftsvorfälle bei einer dritten Gesellschaft archiviert und könne sie reaktivieren. Er ist der Meinung gewesen, die Beklagte habe nicht kumuliert abrechnen dürfen, da eine Prüfung ihrer Abrechnung mit den einzelnen Geschäftsvorfällen wegen deren großer Anzahl für den Kläger unzumutbar sei. Die Einzelgeschäftsvorfälle müsse die Beklagte auch deshalb benennen, weil er die Daten der Kunden, soweit diese verfügbar gemacht werden könnten, für die Berechnung seines Ausgleichsanspruches bei Vertragsende benötige. Die kumulierte Abrechnung sei in der vorliegenden Form für ihn auch nicht durch elektronischen Abgleich mit den Diskettendaten des Kassenbestandes vergleichbar, schon weil er nicht über ein entsprechendes Auswertungsprogramm verfüge. Sie seien aus verschiedenen Gründen auch nicht mit den Monatsberichten, die das Kassensystem erstellte, vergleichbar. Aus den selben Gründen habe er auch Anspruch auf einen Buchauszug. Als Ausgleichsbetrag hat er die Kappungsgrenze nach § 89 b Abs. 2 HGB geltend gemacht, die (für alle provisosonspflichtigen Geschäftsarten zusammen) unstreitig 103.180,46 EUR beträgt; zur Berechnung wird auf S. 15 f der Klageschrift Bezug genommen. Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Berechnung des Ausgleichsanspruches nach § 89 b Abs. 1 HGB würde zu einem darüber hinaus schießenden Betrag führen. Dabei seien folgende Parameter zu Grunde zu legen: Für Kunden, mit denen die Beklagte keine Vorteile aus einer weiteren Geschäftsverbindung habe, sei lediglich ein Anteil von 11 % abzuziehen. Dies ergebe sich aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Allenbach aus dem Jahre 2002; insoweit wird auf die Anlagen K 10 a und b Bezug genommen. Als Ausgleich dafür, dass der Ausgleichsanspruch sofort in voller Höhe fällig wird, hat er zunächst einen Abzinsungsprozentsatz von 5 zugestanden, den er nach der ersten mündlichen Verhandlung auf 3 reduzierte. Einen Abzug für die sogenannte Sogwirkung der Bezinmarke hat er nicht für gerechtfertigt gehalten.

Die Beklagte sei, da sie bereits vor Vertragsende die Zahlung des Ausgleichsanspruchs in Höhe der Kappungsgrenze abgelehnt habe, so zu behandeln, als habe sie sich von vornherein in Verzug befunden. Deshalb müsse sie die auf ihr Anerkenntnis entfallenden Kosten tragen.

Die Parteien haben den klägerischen Antrag auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde übereinstimmend für erledigt erklärt mit wechselnden Kostenanträgen. Nach Erlass eines Teilankenntnisurteiles über 92.561,67 EUR, das die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehielt, hat der Kläger zuletzt die Klageanträge gemäß dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Berlin – 101 O 5/05 – vom 30. Mai 2007 gestellt, auf das Bezug genommen wird. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat behauptet, die Daten der einzelnen Geschäftsvorfälle nur für jeweils 6 Monate gespeichert zu haben. Sie hat ihre Abrechnung für ordnungsgemäß gehalten.

Einzelgeschäftsdaten hätten nicht mitgeteilt werden müssen, insbesondere nicht lediglich für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs notwendige Daten. Auch schulde sie nicht eine bestimmte Form der Abrechnung. Einen Anspruch auf den Buchauszug habe der Kläger schon deshalb nicht, weil er alle noch verfügbaren Daten von der Diskette abrufen könne. Hilfsweise hat die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Herausgabe des Kassenjournals geltend gemacht.

Zur Berechnung des Ausgleichsanspruches bemängelt sie, dass der Kläger diesen für alle Arten der provisionspflichtigen Geschäfte (Kraftstoffe, Schmierstoffe, Wäsche) einheitlich berechne. Der Anteil der Kunden, aus deren Geschäftsbeziehung die Beklagte auch nach Pachtende des Klägers Vorteile habe, sei primär tankstellenbezogen zur ermitteln. Es seien nur solche Kunden zu berücksichtigen, die mindestens 12 x im Jahr an der Tankstelle des Klägers tankten. Die Beklagte bemängelt, dass in die Auswertung nicht die Inhaber von EC-Karten einbezogen wurden, gesteht jedoch zu, dass diese Karteninhaber nicht namentlich erfasst wurden. Zu der Allensbach-Umfrage aus dem Jahre 2002 könne sie sich mangels Überlassung eines Exemplares nicht äußern. Außerdem sei bei der Bemessung des Ausgleichsanspruches ein Abzug von 10 % für die Sogwirkung der Benzinmarke zu machen.

Mangels Berechnung des Ausgleichsanspruches durch den Kläger vor Klageerhebung sei sie nicht in Verzug geraten; sie schulde weder Zinsen, noch müsse sie für den anerkannten Teil der Klageforderung die Kosten tragen.

Das Landgericht Berlin hat durch Schlussurteil vom 30. Mai 2007, das dem Kläger am 14. Juni 2007 zugestellt wurde, dem Kläger noch Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den anerkannten Betrag für die Zeit vom 11.02. bis 28.07.2005 zuerkannt und die Klage im Übrigen unter Kostentragung des Klägers insgesamt abgewiesen. Der Kläger habe weder Auskunft auf erneute Abrechnung noch auf einen Buchauszug, da die Beklagte ordnungsgemäß abgerechnet habe und der Kläger alle verfügbaren Einzelgeschäftsdaten auf der Diskette habe. Ein über den anerkannten Betrag hinausgehender Ausgleichsanspruch bestehe nicht; denn der Kläger habe nur für die Provisionen aus dem Kraftstoffgeschäft nachvollziehbar einen Prozentsatz dargelegt für die Geschäftsverbindungen, aus denen die Beklagte nach seinem Vertragsende noch Vorteile zieht. Die sich danach ergebende Summe bleibe, wenn man insoweit die vom Kläger angegebenen 11 % Schwund zu Grunde legt, ferner geschätzte 20 % Abwanderungsverlust jeweils zum Jahresanfang und einen Billigkeitsabzug in Höhe von 10 % wegen der Sogwirkung der Benzinmarke macht, bei der vorzunehmenden Abzinsung von 5 % unter dem anerkannten Betrag. Vor Klageerhebung habe sich die Beklagte nicht in Verzug befunden und daher keinen Klageanlass gegeben, weshalb der Kläger auch die auf den anerkannten Teilbetrag entfallenden Kosten tragen müsse. Dies gelte auch für den erledigten Antrag auf Freigabe der Bürgschaft, da die Gegenforderung der Beklagten durch Aufrechnung erst mit der Klagezustellung erloschen sei.

Mit der am 09.07.2007 eingelegten, nach einmonatiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 11.09.2007 begründeten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge mit der Maßgabe fort, dass er Zahlung über insgesamt (einschließlich des Teilurteils) in Höhe von 101.789,38 EUR beantragt, den Zinssatz auf 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz erhöht und wegen der Zahlungsstufe des Stufenklageteils Zurückverweisung beantragt. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien vertiefen in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Vorbringen.

II. Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet.

1. Zutreffend hat das Landgericht Berlin die Klage auf Provisionsabrechnung nach Einzelgeschäften und Erteilung eines Buchauszuges abgewiesen.

Dem Kläger steht der Abrechnungsanspruch nach § 87 c Abs. 1 Satz 1 HGB nicht mehr zu, da dieser durch die monatlichen Abrechnungen der Beklagten nach § 362 BGB erfüllt wurde. Die monatlichen Abrechnungen erfüllen die Anforderung, dass daraus die Provisionen und die für die Provisionen vereinbarten Abzüge prüfbar dargelegt sind.

§ 87 c Abs. 1 Satz 1 HGB beschränkt die Abrechnung auf für die Provisionen wesentliche Informationen. Dies entspricht auch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 86/653/EWG vom 18.12.1986 (Amtsblatt L 382/1986 S. 17, im Folgenden: Richtlinie), und zwar sowohl in der deutschen als auch in der englischen und französischen Sprachfassung. Der Wortlaut der Richtlinie ist in allen drei Sprachfassungen (stellvertretend für den germanischen, romanischen und angelsächsischen Rechtskreis) eindeutig; auch der Kläger zeigt insoweit keine Gründe auf, die vernünftige Zweifel daran ließen, dass die Auslegung anders vorgenommen werden könne. Aus diesem Grunde (vgl. Lenz/Borchardt, EGV Art. 234 Rdnr. 46 f.) bedurfte die Entscheidung dieser Frage auch nicht der Vorlage an den EUGH gemäß Art. 234 EGV. Insbesondere braucht die Abrechnung daher nicht Informationen zu enthalten, die nur für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs (insbesondere zur Bestimmung des Anteiles der Geschäftsvorfälle, aus denen die Beklagte nach Vertragsbeendigung mit dem Kläger weiterhin Vorteile ziehen wird) relevant sind.

Die Berechnung der Provisionen richtet sich nach § 6 des Vertrages, § 1 Abs. 1 des Vertragsnachtrages zu Kreditkarten und § 7 des Vertragsnachtrages zur Waschanlage. Die dafür erforderlichen Informationen sind in den monatlichen Abrechnungen der Beklagten nach Muster der Anlagen B 12 – B 15 (entsprechend K 36 a-c und f-h) und B 19-21 enthalten:

Für die Provisionsberechnung nach § 6 Abs. 1 des Vertrages zwischen den Parteien (Grundlagenprovision für Kraftstoff) bedarf es der Angabe der verkauften Literzahlen unter Berücksichtigung der Gesamtabgabemenge. Hierüber rechnete die Beklagte in der Anlage B 13 mit einem Gesamtbetrag ab, wobei die Anlage B 12 diesen nach den einzelnen Warenqualitäten aufschlüsselte. Die kumulierte monatliche Abrechnung reicht insoweit, denn sie war ausreichend durch die dem Kläger überlassene EDV-gesteuerte Kassenanlage und deren Monatsauswertung (vgl. Anl. K 4 b) prüfbar. Die Angabe des Einzelverkaufspreises bedurfte es schon deshalb nicht, weil die Provision ausschließlich von der Literzahl abhängt. Dass die Abrechnung der Beklagten an den Monatsenden jeweils um 0.00 Uhr endet, die monatsweise Abrechnung der Kasse jedoch teilweise nach späteren Zeiten (z.B. 5.45 Uhr), hindert die Prüfbarkeit nicht. Denn laut Klägervortrag war der Abrechnungsschlusszeitpunkt für die EDV-Kasse vom Kassenpersonal selbst beeinflussbar und hätte, wenn es dem Kläger auf die uhrzeitgenaue bessere Vergleichbarkeit angekommen wäre, in den Nächten der Monatsübergänge auf 0.00 Uhr gelegt werden können. Dass dies der Kläger bzw. sein Personal nicht tat, liegt im Verantwortungsbereich des Klägers und nicht der Beklagten und ist daher kein Argument gegen die Prüfbarkeit der Abrechnung. Dass zum Monatswechsel um 0.00 Uhr in die Abrechnung bereits gezapfte Mengen an Kraftstoff eingingen, die noch nicht bezahlt und von der Kasse daher nicht mehr in die Zusammenstellung des abgelaufenen Monats aufgenommen waren, differieren, ist so geringfügig, dass dies die Prüfbarkeit ebenfalls nicht hindert. Für diese wenigen Einzelfälle hätte der Kläger die Prüfbarkeit herstellen können, in dem er am Monatswechsel um 0.00 Uhr beendete Tankvorgänge, die noch nicht bezahlt waren, sich zur besseren Vergleichbarkeit der Abrechnungen mit dem Monatsausdruck der Kasse notierte. Dass die Monatsabrechnungen der Beklagten von den monatlichen Journalauswertungen der Kasse abwichen und deshalb eine Einzelaufstellung notwendig machten, um die Unterschiede herauszufinden, hat der Kläger bereits nicht dargelegt. Soweit er Abweichungen beanstandet, ergeben sich diese im Verhältnis zu seinen eigenen Aufstellungen mit der Anl. 4 c, die nicht die Abrechnung, sondern das EDV-Journal der Kasse darstellt.

Für die Berechnung der in § 6 Abs. 2 des Vertrages zwischen den Parteien vereinbarte Verringerung der Provision für Dieselkraftstoff und sonstige Leistungen ohne Tabakwaren, die an sogenannte Direktkunden verkauft wurde, bedurfte es der Angabe der Litermenge des verkauften Dieselkraftstoffes bzw. des Wertes der sonstigen Verkäufe und der Karte des jeweiligen Direktkunden. Die Beklagte rechnete hier (verbesserungsfähig, aber noch prüfbar) in ihrer Monatsabrechnung gemäß Anl. B 13 wie folgt ab. Sie berechnete unter dem Datum des Monatsletzten unter der Rubrik „Kraftstoff“ dem Kläger zunächst den Preis des ausgelieferten Kraftstoffes, wobei bereits für alle Tankvorgänge die volle Provision nach § 6 Abs. 1 des Vertrages abgezogen worden war. Sie zog hiervon alle erfolgten Kartenzahlungen (in der Anl. B 13, gegliedert nach Kartentyp und Tag) als Erfüllungsleistungen ab. Ebenso zog sie die monatlich kumulierten und unter dem Monatsletzten ausgewiesenen Beträge der sogenannten Flottenkarten ab. Die letztgenannten Beträge ergaben sich aus einer gesonderten Abrechnung für den jeweiligen Flottenkartentyp (vgl. Anl. B 14 a-c bzw. K 36 a-b), die ihrerseits die in § 6 Abs. 2 des Vertrages vereinbarte Verminderung der Grundprovision aus § 6 Abs. 1 enthielten. Damit zog die Beklagte in ihrer Abrechnung den Minderungsbetrag nach § 6 Abs. 2 nicht für Kreditkarten ab. Es kann daher dahin stehen, ob die Beklagte hierzu nach § 6 Abs. 2 des Vertrages, der Kreditkarten ausdrücklich erwähnt, berechtigt wäre oder nicht. Maßgeblich für die Prüfung der Abrechnung ist die erfolgte Abrechnung, unabhängig davon, ob die Beklagte dem Kläger dadurch höhere Provisionsansprüche zubilligte, da dies nicht zu Lasten des Klägers ginge. Für den abgerechneten Minderbetrag nach § 6 Abs. 2 auf die sogenannten Flottenkarten sind die dafür relevanten Daten aus den Anl. B 14 a-b bzw. K 36 a-e erkennbar, nämlich alle Einzelgeschäfte. Auch insoweit war die Abrechnung prüfbar mit der monatlichen Zusammenstellung der EDV-Kasse, da diese die entsprechenden Geschäfte mit den Flottenkundenkarten auch kumuliert auswarf.

Die in § 6 Abs. 3 des Vertrages zwischen den Parteien vereinbarte Provision für Schmierstoffe war von der Differenz zwischen Verbraucher und Wiederverkaufspreis abhängig; die entsprechenden Daten finden sich in der Anlage B 20 wieder und waren ebenfalls mit der monatlichen Zusammenstellung der EDV-Kasse vergleichbar.

Die ebenfalls zur Provisionsabrechnung gehörende Verminderung der Provision bei Kreditkarten um das sogenannte Disagio nach § 1 Abs. 1 des Vertragsnachtrages Kreditkarte berechnete sich nach dem Verkaufspreis bei Kraftstoff und Tabakwaren und nach dem marktüblichen Satz bei Eigengeschalten, wobei die Beklagte auch insoweit einen Prozentsatz von 0,6 zu Grunde legte, dessen Marktüblichkeit zwischen den Parteien nicht streitig ist. Auf Grund der Zugrundelegung desselben Zinssatzes entfällt eine Notwendigkeit zur Differenzierung der verschiedenen Einzelgeschäfte, da die Berechnungsmethode jeweils gleich ist, nämlich immer vom Verkaufspreis. Aus diesem Grunde bedurfte es nicht einer Angabe der Einzelgeschäfte; dies nimmt das KG auch im Urteil 2 U 20/05 vom 30.11.2006 an, soweit (dort: bei Barzahlung) die Provision ausschließlich nach Umsatzmengen berechnet wurde (Teil 1 I 2 b). Auch die Summe aller mit Kreditkarten getätigten Einzelgeschäfte war prüfbar, da in den Monatsaufstellungen des EDV-Journals ausgewiesen.

Schließlich enthielt die gesonderte Provisionsabrechnung für den Waschbereich (Anlage B 19) die für die Berechnung der Provision nach § 7 des Nachtrages zur Waschanlage notwendigen Parameter der Preise, die ebenfalls monatlich kumuliert im EDV-Journal zusammen gefaßt wurden.

Auch ein Anspruch auf Buchauszug nach § 87 Abs. 2 HGB steht dem Kläger nicht zu. Er ist gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, da der Beklagte dem Kläger nicht mehr Daten liefern kann, als dieser auf der Diskette (in gepacktem Zustand) bereits hat (vgl. Feetzen WM 85, 213, 215). Der Kläger darf auf die bei ihm befindlichen Daten schon deshalb verwiesen werden, weil der von ihm begehrte Buchauszug der Kontrolle der Abrechnung dient und kein Selbstzweck ist. Die Kontrolle der Abrechnung kann ebenso gut wie mit dem Buchauszug mit dem bei dem Kläger befindlichen Daten erfolgen. Die auf der Diskette des Klägers folgenden Daten stellen die von ihm selbst erhobenen Daten der Geschäftsvorfälle dar. Mehr Daten hat auch die Beklagte nicht: Insbesondere hat sie unstreitig nicht die Namen der Kreditkarteninhaber durch ihre Abrufe von der Kasse des Klägers erhalten. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Beklagte die Inhaber der eingesetzten Flottenkarten ermitteln könne, sind dies keine bestehenden Daten; die Klage auf einen Buchauszug nach § 87 c Abs. 2 HGB erfaßt aber nur bestehende Daten und keine gesonderten Auskünfte. Der Kläger hat die Daten auch in zumutbarer Form, nämlich gepackt (wegen des großen Volumens). Dies ist zulässig, soweit sie – wie hier – mit einem – gängigen Entpackungsprogramm („winzip“) entpackt werden können. Die Lieferung eines Auswertungsprogramms, das einen Vergleich des Buchauszuges mit der Abrechnung der Beklagten ermöglicht, ist nicht von der Pflicht der Beklagen nach § 87 c HGB erfaßt und hat daher bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Form der vorhandenen Daten außer Betracht zu bleiben. Auch zu § 87 c Abs. HGB (und dem entsprechenden Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie) gelten die obigen Ausführungen zur Begrenzung des Zweckes auf Daten, die für die Provisionsabrechnung erforderlich sind.

2. Das angefochtene Urteil hat im Ergebnis zu Recht den unbezifferten Zahlungsantrag der Stufenklage abgewiesen. Der Rechtsstreit war insoweit nicht auf Antrag des Klägers gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO an das Landgericht Berlin zurück zu verweisen, um ihm nach Rechtskraft der Entscheidung über den Auskunftsanspruch Gelegenheit zur Bezifferung zu geben (so grds. BGH, LM § 254 ZPO Nr. 3). Aus prozessökonomischen Gründen kann bei Ablehnung des Auskunftsanspruches dann sogleich über den Zahlungsanspruch mit entschieden werden, wenn dieser keine Grundlage mehr hat (vgl. Zöller, ZPO § 254 RNr. 14). Der Kläger hat auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung erklärt, zusätzliche Ansprüche nur bei der begehrten Auskunft durch die Beklagte oder dann beziffern zu können, wenn der EuGH die Berechnung des Ausgleichsanspruches an einem anderen Maß als den entgangenen Provisionen zulässt. Der erste Fall kann, da die vorliegende Entscheidung jedenfalls vom Kläger nach §§ 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO nicht mehr angefochten werden kann, nicht mehr eintreten; der zweite Fall betrifft nicht den Provisionszahlungsanspruch. Damit ist kein Fall ersichtlich, in dem der Kläger den Zahlungsteil seiner Stufenklage noch über das bereits Erhaltene hinaus beziffern könnte.

3. Dem Kläger steht über die anerkannten 92.561,67 EUR Ausgleichszahlung hinaus noch ein weiterer Zahlungsanspruch in der Hauptsache auf 9.227,71 EUR zu, den das Landgericht Berlin zu Unrecht abgewiesen hat. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf 103.180,46 EUR gemäß § 89 b Abs. 1 und 2 HGB, der (nach unstreitiger Berechnung) den Durchschnitt der Provisionseinkünfte des Klägers der letzten fünf Vertragsjahre darstellt. Hiervon sind die gezahlten 92.561,67 EUR sowie der durch die Aufrechnung des Klägers erloschene erststellige Teilbetrag von 1.507,08 EUR in Abzug zu bringen und die danach erteilte Gutschrift der Beklagten von 116,00 hinzu zu addieren.

Der sich nach § 89 b Abs. 1 HGB ergebende Betrag für den Ausgleichsanspruch des Klägers als Handelsvertreter würde den oben genannten Betrag nach § 89 b Abs. 2 HGB überschreiten. Dabei kann dahinstehen, ob zu Lasten des Klägers die Berechnung des Ausgleichsanspruchs für Kraft- und Schmierstoff einerseits und für Wäsche andererseits getrennt erfolgen muss, da selbst bei der für den Kläger ungünstigeren getrennten Berechnungsweise der Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 HGB den Kappungsbetrag von 103.180,46 EUR überschreitet:

Wegen der Schwierigkeiten der Ermittlung der erheblichen Vorteile, die ein Tankstellenverpächter aus der Geschäftsverbindung mit vom Tankstellenpächter geworbenen neuen Kunden auch nach Beendigung des Pachtvertrages erzielt, auf Grund des Charakters des Massengeschäfts lässt der BGH die Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO in der Weise zu, dass die Provisionen mit allen (nicht nur neu geworbenen) Kunden kumuliert werden, die mindestens 4 x im Jahr Kunden der Tankstelle sind (BGH, BB 07, 2475 Rdnrn. 25 und 42 nach Juris). Auch insoweit kann dahinstehen, ob bereits 2 weitere Geschäfte (also insgesamt 3) mit einem Kunden innerhalb eines Jahres reichen. Auch kann dahinstehen, ob der Prozentsatz dieser sogenannten Stammkunden , wie der Kläger meint, auf Grund einer statistischen Auswertung des Instituts Allensbach von 2002 mit 11 % anzugeben ist, da auch die Daten für die konkrete Tankstelle einen Ausgleichsanspruch des Klägers über der Kappungsgrenze ergeben. Dabei dürfen die Stammkundenanteile, die durch namentlich bekannte Kartenkunden erreicht werden, hochgerechnet werden, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei den übrigen, nicht namentlich zuzuordnenden Zahlungen kein anderes Verhältnis zwischen Lauf- und Stammkunden besteht (BGH, a.a.O. Rdnr. 28).

Die Berechnung des Ausgleichsanspruches selbst hat das Landgericht Berlin zutreffend in der Weise vorgenommen, dass es ausgehend von der Provision des letzten Vertragsjahres den Prozentsatz berechnet hat für Geschäfte, aus denen die Beklagte aus der Geschäftsverbindung nach Pachtende erhebliche Vorteile hat, davon einen nach § 287 ZPO zulässig (BGH a.a.O. Rdnr. 50) auf 200 % innerhalb von 5 Jahren geschätzten Anteil abwanderungsbereinigt zu Grunde gelegt, diesen abgezinst und Billigkeitsüberlegungen angestellt hat.

Zu den Einsatzzahlen gelten folgende näheren Erwägungen:

Bei den Provisionen, die auf Kraft- und Schmierstoffe entfallen, ist ein Stammkundenanteil von 79,6 % zu Grunde zu legen. Dieser ergibt sich aus den Berechnungen der Klageschrift (S. 20) in Verbindung mit der Anlage K 7 a für Kunden, die mindestens 4 x pro Jahr an der Tankstelle des Klägers tankten (wobei gemäß § 287 ZPO angesichts des vernachlässigenswerten Umfanges des Schmierstoffgeschäftes als Nebengeschäft zum Tankvorgang die Provisionen für Kraft- und Schmierstoffe zusammen gefasst werden können). Angesichts der von den Parteien vorgetragenen Daten zu Stammkundenanteilen, die sich aus der Abrechnung bzw. den Kassenunterlagen für die konkrete verpachtete Tankstelle entnehmen lassen, ist, sofern eine Hochrechnung daraus möglich ist, diese wegen der größeren Genauigkeit grundsätzlich statistischen Erwägungen vorzuziehen (BGH, a.a.O. Rdnr. 28). Sie ist hier möglich: Als Ausgangspunkt kommen neben der Anlage K 7 a, die die namentlich ermittelbaren Inhaber von Kredit- und Flottenkarten erhält, noch die Aufstellungen nach der Anlage K 29, die jedoch nur die Inhaber von Flottenkarten enthält und die aus der Anlage K 26 entwickelte Anlage B 9 in Betracht. Letztere enthält, über die Anlage K 7 a hinausgehend auch diejenigen Kredit- und Flottenkarten, denen kein Namen zugeordnet werden konnte, sondern nur die Kartennummer. Da heutzutage zumindest im Kreditkartenbereich wegen der mit den Kreditkarten teilweise verbundenen Nebenfunktionen nicht unüblich ist, dass eine Person mehr als eine Kreditkarte hat, müssten die Daten aus den Anlagen K 26/B 9 noch um einen Korrekturfaktor ergänzt werden, der der Tatsache Rechnung trägt, dass Karten mit verschiedenen Nummern tatsächlich derselben Person zuzuordnen sind und daher durch die Kumulation erst die Grenze zum Stammkunden von mindesten 4 Geschäftsvorfällen pro Jahr überschritten wird. Erwartungsgemäß liegt daher der sich aus den Anl. K 26 bzw. B 9 ergebende Anteil von Geschäftsvorfällen von mindestens 4 pro Jahr (mit 62 %) unter dem sich aus der Anlage 7 a ergebenden Anteil.

Deshalb ist es vorzugswürdig, gleich von der Anl. K 7 a auszugehen. Dass hierin die EC-Karten nicht erfasst sind, wie die Beklagte bemängelt, liegt daran, dass deren Inhaber, wie von der Beklagten selbst zugestanden, nicht namentlich vom Kassensystem erfasst werden.

Anhaltspunkte dafür, dass die nicht namentlich erfassten Geschäftsvorfälle ein wesentlich anderes Verhältnis zwischen Stamm- und Laufkunden aufweisen, sind nicht ersichtlich. Zwar mögen, wie die Beklagte einwendet, die namentlich bekannten Kunden je Tankvorgang eine überdurchschnittlich große Literzahl abnehmen, jedoch folgt hieraus nichts für eine Abweichung des Verhältnisses zwischen Stamm- und Laufkunden, das von der getankten Zahl von Litern je Tankvorgang unabhängig ist. Die Tatsache, daß Anlage K 7a keine Barzahlungskunden enthält, die – im Gegensatz zu den in der Anlage enthaltenen Flottenkarten-Kunden – wegen der fehlenden Markenbindung tendenziell häufiger Tankstellen der Konkurrenz nutzen werden, wird bereits dadurch etwas aufgewogen, dass durch die geringere Durchschnittstankmenge von Barzahlern angenommen werden kann, dass diese im Gegenzug häufiger tanken werden. Zudem ist eine Hochrechnung bereits dann zulässig, wenn daraus trotz der Unsicherheitsfaktoren genauere Daten zu erwarten sind als bei Zugrundelegung von nicht auf die einzelne Station bezogenen Umfragen. So liegt es im Fall der durch mögliches unterschiedliches Tankverhalten von Barzahlern und Flottenkartenkunden verursachten Ungenauigkeit, denn im Fall der Umfrageauswertung fehlt es bereits an Zahlen dazu, wie hoch an der jeweiligen Tankstelle der tatsächliche Anteil der Flottenkartenkunden ist.

Für die Abzinsung gilt: Sie soll der Obergrenze des § 89 Abs. 2 Nr. 2 HGB, nämlich den den Kläger entgangenen Vorteilen, Rechnung tragen, da dieser Provisionen für die Zukunft nur zeitabschnittsweise erhielt. Als Abzinsungssatz wird die Rendite zu Grunde gelegt, die der Handelsvertreter mit dem sofort gesamt fälligen Ausgleichsanspruch erzielen könnte. Insoweit ist ein Prozentsatz von 5 zu Grunde zu legen, wie es die Beklagte in ihrer Klageerwiderung getan hat, da dieser vorweg vom Kläger in der Klage bei der Berechnung zugestanden wurde (§ 188 ZPO): denn der Kläger konnte sich hiervon nicht mehr nach der ersten mündlichen Verhandlung durch die Behauptung eines geringeren Abzinsungssatzes lösen, weil er entgegen § 290 ZPO nicht beweist, dass die Renditeerwartung von 5 % der Wahrheit nicht entspricht und durch einen Irrtum veranlasst wurde. Welche Berechnungsmethode für die Abzinsung zu Grunde zu legen ist, kann hier dahinstehen, da selbst mit dem für den Kläger ungünstigeren Berechnungssatz gemäß BGH-Urteil vom 06.08.1997 von 40,9619 48 (an Stelle der vom Kläger gewünschten 1,816 : 2) sich ein Ausgleichsanspruch oberhalb der Kappungsgrenze ergibt.

Auch kann dahin stehen, ob ein Billigkeitsabzug von 10 % wegen der Sogwirkung der Marken […] bzw. […] vorzunehmen ist, da auch bei der für den Kläger ungünstigeren Betrachtungsweise die Kappungsgrenze überschritten wird.

Für die Berechnung im Einzelnen gilt:

Im Bereich Kraft- und Schmierstoffe betrugen die Provisionen des letzten Vertragsjahres netto 52.857,77 EUR. Der Anteil der Geschäftsvorfälle mit dauerhaftem Vorteil für den Beklagten betrug 79,66 % hiervon, d. h. 42.106,50 EUR, in 5 Jahren unter Berücksichtigung der Abwanderung 200 % hiervon, d. h. 84.213,– EUR. Unter 5 prozentiger realer Abzinsung ergibt dies 76.103,29 EUR.

Für die Provisionen des Waschgeschäftes ergaben sich im letzten Vertragsjahr 23.844,47 EUR netto. Der Anteil der Beklagtenvorteile aus dauerhaften Geschäftsverbindungen ist hier mit 72,3 % anzusetzen (s. sogleich), was im Laufe von 5 Jahren unter Berücksichtigung der Abwanderung einen Betrag von 34.479,10 EUR, der mit 5 % real abgezinst 31.158,76 EUR ausmacht, zuzüglich der zuvor berechneten Summe der Provisionen aus Kraft- und Schmierstoffen insgesamt 107.262,05 EUR netto. Damit ergibt sich unabhängig von einem zehnprozentigen Billigkeitsabzug jedenfalls unter Hinzurechnung der Umsatzsteuer ein Gesamtausgleichsanspruch, der in jedem Fall höher ist als die Kappungsgrenze von 103.180,46 EUR brutto.

Der Anteil der ausleichspflichtigen Geschäfte für den Waschbereich kann ebenfalls aus der Anlage K 7 a ersehen werden. Unter Addition der dort genannten Waschvorgänge ergibt sich, dass die in der Anlage K 7 a genannten Kunden zu 72,3 % (nämlich bei 550 von 760 Waschvorgängen) mindestens 4 x pro Jahr Waschkunden des Klägers waren.

Der sich danach ergebende Zahlungsanspruch von 9.227,71 EUR ist nicht durch die Beklagtenaufrechnung gemäß § 387 BGB in Höhe von weiteren 60,16 EUR wegen Gegenansprüchen untergegangen. Weder steht der Beklagten gegen den Kläger Schadensersatz nach § 281 BGB wegen der fehlenden Herausgabe des ihm überlassenen Handbuches für die EDV-Anlage in Höhe von 47,56 EUR zu. Angesichts der Tatsache, dass das Handbuch eine nicht mehr an der ehemals vom Kläger gepachteten Tankstelle verwendete Programmversion für die Kasse betrifft, kann der Schaden nicht mit der Anschaffung eines Handbuches für die neue Version bemessen werden. Die Beklagte trägt auch keine sonstigen Angaben vor, die eine Schadensbemessung ermöglichten. Noch hat die Beklagte einen Anspruch auf 12,60 € in Höhe der Umsatzsteuer für eine Reparatur des WC-Schlosses, da sie vorsteuerabzugsberechtigt und ihm daher kein Schaden entstanden ist.

4. Dem Kläger stehen auf den zugesprochenen Zahlungsbetrag zur Hauptsache und den anerkannten Zahlungsteilbetrag Zinsen in Höhe von 5 % für die Zeit vom 1. bis 30. September 2004 und von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2004 (hinsichtlich der gezahlten 92.561,67 EUR nur bis zum Zahlungstermin am 28.07.2005) zu. Die fünfprozentigen Fälligkeitszinsen ergeben sich aus §§ 353, 352 Abs. 2 HGB, da die Parteien Kaufleute sind und der zwischen ihnen geschlossene Handelsvertretervertrag ein Handelsgeschäft darstellt. Der danach bestehende Verzugszinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1 und 2 BGB, 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 BGB, da sich der Beklagte mit dem Ausgleichsanspruch (erst) ab dem 1. Oktober 2004 schuldhaft in Verzug befand: Der Ausgleichsanspruch wurde mit Vertragsbeendigung fällig, d. h. spätestens am 1. September 2004 (vgl. Ebenroth, HGB, § 879 b Rdnr. 15 m.w.N., insbesondere Fußnoten 87 und 88). Zahlungsaufforderungen vor diesem Zeitpunkt stellen daher keine Mahnung dar. Die Mahnung wurde auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB dadurch entbehrlich, dass sich die Beklagte am 2. Juni 2004 weigerte, in jedem Fall einen Betrag in Höhe der Kappungsgrenze zu zahlen; dadurch lehnte sie nicht einen Ausgleichsanspruch generell ab, und ob der Kläger einen Anspruch in Höhe der Kappungsgrenze hatte, hing von den Provisionsverhätnissen zum Zeitpunkt des Vertragsendes ab, die zum 2. Juni 2004 noch nicht feststellbar waren. Die Beklagte geriet jedoch durch die Aufforderung des Klägers vom 3. September 2004, einen Ausgleichsbetrag in Höhe der (unbeziffeten) Kappungsgrenze zu zahlen und ihm Auskunft über die (zu deren Berechnung notwendigen) letzten Provisionen zu erteilen, in Verzug. Wie oben ausgeführt, besteht der vom Kläger am 3. Spetember 2004 angemahnte Anspruch, so dass die Mahnung nicht wegen Überhöhung unbeachtlich ist. Sie ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil der Anspruch noch nicht beziffert wurde. Denn ausreichend ist, wenn der Schuldner zur Auskunft verpflichtet ist, analog zur Stufenklage eine Mahnung über einen unbezifferten Anspruch, die mit dem zu dessen Berechnung erforderlichen Auskunftsanspruch verbunden wird, sofern die Berechnungsweise konkret angegeben ist (BGHZ 80, 269, Rdnr. 28 nach juris). Die in dem Klägerschreiben vom 3. September 2004 angegebene Berechnungsweise, nämlich der Hinweis auf die Kappungsgrenze des § 89 b HGB, war ausreichend konkret. Zur Berechnung der Kappungsgrenze nach § 89 b Abs. 2 HGB muss der Provisionsanspruch des letzten Vertragsjahre zugrunde gelegt werden. Über diesen war die Beklagte dem Kläger gemäß § 87 c Abs. 1 HGB auskunftspflichtig. Da § 87 c Abs. 1 Satz 2 HGB der Beklagten jedoch eine Zeitspanne für die Berechnung bis zum Monatsende zur Verfügung stellt und sie daher auch zu diesem Zeitpunkt die Berechnungsdaten für den vom Kläger angemahnten Zahlungsanspruch vorliegen haben muss, hat sie den Verzug nach § 286 Abs. 4 BGB erst ab dem 1. Oktober 2004 zu vertreten. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt den Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 HGB noch nicht berechnet hat. Die Berechnung dieses Anspruches ist keine Fälligkeitsvoraussetzung. Soweit die Beklagte darauf spekulierte, dass ein geringerer Ausgleichsanspruch als der in Höhe der von ihr selbst berechenbaren und angemahnten Kappungsgrenze eintrat, hindert dies ihren Verzugseintritt nicht, wenn – wie vorliegend – der fällige Anspruch tatsächlich in Höhe der Kappungsgrenze besteht und sich die Mahnung daher als zutreffend herausstellt. Denn der Beklagten ist es unbenommen, auch ohne eigene Verpflichtung dazu den fälligen Ausgleichsanspruch selbst zu berechnen, wozu sie durch ihren Zugriff auf das Kassensystem des Klägers sich die erforderlichen Daten auch selbst beschaffen konnte. Entsprechende Kontrollüberlegungen hätte sie ohnehin nach Vorlage einer Berechnung durch den Kläger vornehmen müssen, wenn sie dessen Daten nicht ungeprüft zu Grunde legen wollte. Sofern sie von dieser Möglichkeit wegen des zu großen Aufwandes Abstand nahm, ist dies ihre eigene Entscheidung, die den Verzugseintritt jedoch nicht hindert.

Die Höhe des Verzugszinses ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB, da keine der Parteien Verbraucher ist und da der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters äquivalent für seine Leistung der Erarbeitung eines Kundenstammes und damit (Palandt, BGB § 286 Rdnr. 27) eine Entgeltforderung darstellt (vgl. auch Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl./89 b RZ 2).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 91 a und 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat nicht gemäß § 93 ZPO die auf den anerkannten Klageanteil entfallenden Kosten zu tragen, da die Beklagte durch ihren Verzug Anlass zur Klage bot. Die Kostenentscheidung des Landgerichts Berlin für den übereinstimmend für erledigt erklärten Antrag auf Rückgabe der Bürgschaft ist zutreffend nach dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO:

Die Rückgabeforderung des Klägers war erst nach Wegfall des Sicherungszweckes, d. h. mit Erlöschen der Gegenansprüche der Beklagten begründet. Diese trat erst durch die vom Kläger in der Klage erklärten Aufrechnung, d. h. mit Klagezustellung am 11. Februar 2005 ein. Die Beklagte hat die Bürgschaftsurkunde innerhalb der ihr gesetzten Frist für eine Verteidigungsanzeige zurück gegeben. Soweit der Kläger meint, die Bürgschaft habe spätestens sechs Monate nach Vertragsende zurück gegeben werden müssen, läge dieser Zeitpunkt noch später (nämlich am 01.03.2005).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor.

Besprechung(en) zur Rechtsprechung
Zum Anspruch eines Tankstellenpächters auf Buchauszug
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