Auskunftsanspruch des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter

21 Sa 390/22 Urteil verkündet am 1. Dezember 2022 LArbG Berlin-Brandenburg Ansprüche bei und nach Vertragsende, Wettbewerbsverbot und Konkurrenzverbot

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Im Namen des Volkes
Urteil

1. Handelsvertreter*innen haben nach § 86 Absatz 1 HGB jeden Wettbewerb zu unterlassen, der geeignet ist, die Interessen ihrer Geschäftsherr*innen (Unternehmer*innen) zu beeinträchtigen. Verstoßen sie dagegen, machen sie sich schadensersatzpflichtig.

2. Zur Vorbereitung der Geltendmachung eines solchen Schadensersatzanspruches hat der oder die Unternehmer*in nach Treu und Glauben (§ 241 Absatz 2 BGB) einen

Anspruch auf Auskunft, wenn der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung besteht und ein Schaden wahrscheinlich ist.

3. Um den Verdacht zu belegen, darf der oder die Unternehmer*in die Namen der Kund*innen, die aus seiner oder ihrer Betreuung ausgeschieden sind, sowie die Art der betroffenen Verträge in das gerichtliche Verfahren einführen und das Gericht

diese Angaben verwerten. Dem steht weder das Recht der Kund*innen auf informationelle Selbstbestimmung noch das Datenschutzrecht entgegen.

4. Der Anspruch auf Auskunft umfasst alle Angaben, die für eine Bezifferung des Schadens, zumindest aber für dessen Schätzung nach § 287 ZPO notwendig sind. Soweit dies auch Angaben über Kund*innen des oder der Handelsvertreter*in

erfordert, die zuvor von dem oder der Unternehmer*in betreut worden sind, steht dem deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das Datenschutzrecht ebenfalls nicht entgegen.

5. Darüber hinaus haben Handelsverterter*innen – unabhängig von einer Vertragspflichtverletzung – dem oder der Unternehmer*in im Rahmen ihrer Berichtspflicht nach § 86 Absatz 2 HGB und § 666 BGB Auskunft über alles zu

geben, was für die Geschäftstätigkeit erforderlich ist. Das umfasst alle Auskünfte zu den Umständen, die für weitere Abschlüsse von Bedeutung sind, einschließlich der allgemeinen Marktlage. Die Pflicht besteht auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses fort, soweit es um Umstände geht, die während der

Vertragslaufzeit entstanden sind. Sie findet ihre Grenze dort, wo die Auskunft für den oder die Unternehmer*in keine Bedeutung hat, oder für den oder die Handelsvertreter*in unzumutbar ist.

6. Handelsvertreter*innen sind aufgrund ihrer Berichtspflicht nicht gehalten, Auskünfte zu erteilen, die der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten dienen. Dies gilt zumindest dann, wenn das Vertragsverhältnis beendet ist und

der oder die Handesvertreter*in durch die Auskunft seine oder ihre berufliche Entwicklung gefährden würde. Unter diesen Umständen folgt ein Auskunftsanspruch auch nicht aus Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt einer nachvertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 242 oder § 241 Absatz 2 BGB).

7. Macht der oder die Unternehmer*in gegenüber einem oder einer Handelsvertreter*in einen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung von

Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des Konkurrenzverbotes geltend, umfasst der Streitgegenstand auch die aus dem Vertragsverhältnis folgenden Berichtspflichten.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen – das Teilurteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 10. Februar 2022 – 1 Ca 244/21 – teilweise abgeändert und – teilweise zur Klarstellung – wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen,

a) welche Finanzdienstleistungsprodukte, insbesondere Kapitalanlagen, Immobilien, Finanzierungen, Versicherungen, Bausparverträge und Beteiligungen der Beklagte selbst oder über Dritte in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 an Kunden/Versicherungsnehmer unter Umgehung der Klägerin vermittelt hat, wobei die Auskunft folgende Angaben zu enthalten hat:

aa) bei allen Produkten

– Name und Anschrift des Produktgebers,

– Name und Beschreibung des abgeschlossenen Produkts/der Investition,

– Antragsdatum,

– Datum des Vertragsabschlusses,

– eventuelle nach Antragstellungen erfolgende Änderungen am vermittelten Geschäft unter Angabe des Datums und des Grunds der Änderung,

– eventuelle nach Antragstellung vorgenommene Stornierung/Widerruf des vermittelten Geschäfts unter Angabe des Datums und des Grunds der Stornierung;

bb) bei Versicherungen zusätzlich

– Tarif und Sparte,

– Höhe des monatlichen bzw. jährlichen Beitrags,

– Laufzeit;

cc) bei Kapitalanlagen zusätzlich

– Höhe des vom Kunden investierten Betrages in die Kapitalanlage/Beteiligungssumme;

dd) bei Immobilien zusätzlich

– Höhe des Kaufpreises ohne Nebenkosten, Datum des notariellen Kaufvertrags;

b) bei welchen Kunden der Klägerin, der Beklagte selbst oder über Dritte, in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 die Kündigung, Beitragsfreistellung bzw. Beitragsreduzierung, den Widerruf oder eine anderweitige Auflösung eines über die Klägerin vermittelten Vertrages veranlasst hat, wobei die Auskunft folgende Angaben zu enthalten hat:

aa) bei allen Produkten

– Kundenname,

– Adresse des Kunden,

– Versicherungsscheinnummer/\/ertragsnummer,

– Angaben zur Art der veranlassten Änderung wie Kündigung, Betragsfreistellung bzw. -reduzierung, Widerruf oder anderweitige Auflösung;

bb) bei Versicherungen zusätzlich

– Tarif und Sparte;

cc) bei Immobilien zusätzlich

– Höhe des Kaufpreises ohne Nebenkosten;

c) welche Kunden der Klägerin der Beklagte in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 dazu veranlasst hat, die Betreuung durch die Klägerin zu beenden bzw. hierzu Hilfestellung geleistet hat und zwar unter Angabe des vollständigen Namens des Kunden.

2. Im Übrigen wird die Klage im Hinblick auf den Sachantrag zu I. (Auskunft) abgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 95 % und der Beklagte zu 5 % zu tragen.

III. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Auskunft und Schadensersatz wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit im Wege einer Stufenklage in Anspruch.

Die Klägerin ist eine Vermittlungsgesellschaft, die sich mit der Vermittlung von Kapitalanlagen, Bauspar- und Versicherungsverträgen, insbesondere Lebensversicherungsverträgen, sowie Investmentfonds und Immobilien, auch zu Kapitalanlagezwecken, befasst. Sie übt die Vermittlungstätigkeit als Handelsvertreterin im Sinne der §§ 84 ff. (fortfolgende) HGB (Handelsgesetzbuch) aus. Zur Durchführung ihrer Vermittlungsaufgaben bedient sich die Klägerin einer eigenen Außendienstorganisation. Deren Mitarbeiter*innen (Finanzdienstleister*innen) sind ihrerseits selbstständige Handelsvertreter*innen im Sinne der §§ 84 ff., 92 HGB. Die Finanzdienstleister*innen reichen das von ihnen vermittelte Geschäft bei der Klägerin ein, die dieses an ihre Produktpartner*innen weiterleitet, zu denen nur die Klägerin in vertraglichen Beziehungen steht. Kommt der vermittelte Vertrag zustande, erhält die Klägerin von ihren Produktpartner*innen eine Provision, die sie anteilig an die Finanzdienstleister*innen weiterleitet. Einen Teil der Provision behält die Klägerin als sogenannten Overhead ein. Dabei ist zwischen Abschlussprovisionen, die in der Regel für die erstmalige Vermittlung von Geschäften gezahlt werden, und Betreuungsprovisionen, die gezahlt werden, weil ein vermittelter Vertrag besteht und durch die Klägerin betreut wird, zu unterscheiden.

Der Beklagte war seit 1990 für die Klägerin aufgrund eines schriftlichen Mitarbeitervertrags vom 10. August/17. Dezember 1990 (Anlage K 1 des landgerichtlichen Anlagenbandes) als Finanzdienstleister und selbstständiger Handelsvertreter tätig. Nach Ziffer 6.2. des Mitarbeitervertrages war es ihm untersagt, während des Bestehens des Vertrages ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Klägerin in Konkurrenz zu dieser zu treten. Nach Ziffer 6.9 des Vertrages war er zur ständigen Pflege des von ihm vermittelten Bestandes verpflichtet. Mit Schreiben vom 25. Juni 2019 kündigte der Beklagte den Mitarbeitervertrag zum 31. Dezember 2019. Die Klägerin richtete daraufhin (vermutlich im Dezember 2019) ein Schreiben an die vom Beklagten betreuten Kund*innen, in dem sie zusätzlich zum Beklagten als ihrem persönlichen Ansprechpartner weitere Ansprechpartner*innen benannte (Blatt 220 der Akten). Seit dem 1. Januar 2020 ist der Beklagte als Versicherungsmakler und Finanzanlagenvermittler im Vermittlerregister registriert.

Nach einer von der Klägerin erstellten und zu den Akten gereichten Liste mit dem Namen der Kund*innen, der Partnergesellschaften, dem jeweiligen Produkt und dem Eingangsdatum der Mitteilung (Blatt 283 ff. der Akten) wurden der Klägerin von ihren Partnerunternehmen im Zeitraum zwischen April und Dezember 2019 in über 300 Fällen ein Betreuerwechsel der bisher von dem Beklagten betreuten Kund*innen angezeigt. Im Vergleich dazu wurden in der Zeit vom 7. Januar bis zum 16. Juni 2020 nur 46 Betreuerwechsel mitgeteilt. Bei einem Betreuerwechsel wird die Klägerin von ihren Partnerunternehmen aus Datenschutzgründen nur über den Wechselwunsch und nicht darüber informiert, von wem die Kund*innen zukünftig betreut werden. Sie verliert mit den Betreuerwechseln den Anspruch auf die Bestands- bzw. Betreuungsprovisionen sowie die Möglichkeit, den Kund*innen neue Verträge zu vermitteln und damit Abschlussprovisionen zu generieren.

Hinsichtlich einiger gesondert von der Klägerin in das Verfahren eingeführter Einzelfälle ist streitig geblieben, ob und in welcher Weise der Beklagte auf den Betreuerwechsel eingewirkt hat.

Mit der am 29. Juni 2020 beim Landgericht Neuruppin erhobenen, dem Beklagten am 3. August 2020 zugestellten, vom Landgericht mit Beschluss vom 2. März 2021 an das Arbeitsgericht verwiesenen und dort am 9. April 2021 eingegangenen Klage hat die Klägerin im Wege der Stufenklage von dem Beklagten Auskünfte, gegebenenfalls die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit der zu erteilenden Auskünfte und noch zu beziffernden Schadensersatz begehrt. Mit Klageerweiterung vom 20. Oktober 2021 hat sie hilfsweise für den Fall, dass das Gericht davon ausgehe, der Beklagte habe mit seinem Vortrag im vorliegenden Verfahren die Auskunftsansprüche erfüllt, beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Richtigkeit dieses Vortrags an Eides statt zu versichern.

Die Klägerin hat vorgebracht, gegen den Beklagten bestehe zumindest der dringende Verdacht, dass er sich während des Bestehens des Mitarbeitervertrages zu ihren Lasten wettbewerbswidrig verhalten habe, indem er Kund*innen abgeworben und in seine eigenständige Betreuung übernommen habe. Darauf, wann der Wechsel erfolgt sei, komme es nicht an, soweit der Beklagte darauf noch während des bestehenden Vertragsverhältnisses hingewirkt habe. Davon sei aufgrund der Gesamtumstände auszugehen. Der Beklagte habe vermutlich kollusiv mit Dritten zusammengearbeitet.

Bei zumindest fünf Kund*innen, Markus A, Maria B, Falko C, Harald D und Harry E, sei im Jahr 2019 ein Betreuerwechsel angezeigt worden. Anschließend sei es zu Stornierungen und damit zu einer provisionsrelevanten Änderung gekommen.

Der Beklagte habe auch nichts unternommen, die Kund*innen für sie zurückzugewinnen, obwohl er über deren Betreuerwechselwünsche über das bei ihr bestehende OASYS-System informiert gewesen sei. Zudem habe er seit Ausspruch der Kündigung so gut wie keine Vermittlungserfolge mehr erzielt.

Die Klägerin hat gemeint, sie habe gegen den Beklagten aus § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) einen Anspruch auf Auskunft zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen. Außerdem sei der Beklagte aufgrund der in § 86 Absatz 2 HGB verankerten Berichtspflicht verpflichtet, ihr sämtliche Umstände mitzuteilen, die erforderlich seien, um Schadensersatzansprüche gegen Dritte geltend zu machen.

Die Klägerin hat ausgeführt, sie benötige Auskünfte darüber, welche Produkte der Beklagte im Zeitraum vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 an ihr vorbei vermittelt habe, sowie nähere Angaben dazu, um welche konkreten Produkte es sich handele. Denn nur so könne sie feststellen, welches vergleichbare Produkt sie im Portfolio habe und welche Provision sie erhalten hätte, wenn der Beklagte dieses Produkt für sie vermittelt hätte. Im Hinblick auf sich ändernde Provisionsregeln sowie um festzustellen, ob der Antrag während des noch bestehenden Vertrags aufgenommen worden sei, benötige sie auch das Antragsdatum der Kund*innen. Weiter sei die Angabe des Datums des Vertragsschlusses nötig, weil ab diesem Zeitpunkt die Provision an sie geflossen wäre. Ferner seien bei Versicherungen Angaben zur Sparte und zum Tarif sowie zur Laufzeit und zur Prämienhöhe zu machen, weil davon die Höhe der Provision abhinge. Angaben zur Höhe der an den Beklagten geflossenen Provision seien zur Verifizierung der sonstigen Angaben erforderlich. Spätere Änderungen im Vertrag seien mitzuteilen, weil auch diese Einfluss auf die Prämienhöhe hätten.

Hinsichtlich der Kund*innen, bei denen der Beklagte zur Stornierung des bestehenden Vertrages oder zur Abstandnahme von einem in Aussicht genommenen Geschäft geraten habe, benötige sie neben den Namen und der Adresse der Kund*innen zum Ausschluss von Namensidentitäten, die Versicherungsschein- bzw. Vertragsnummer, da es mehrere Verträge geben könnte, bei Versicherungen auch den Tarif und die Sparte, bei Immobilien die Höhe des Kaufpreises ohne Nebenkosten sowie insgesamt Angaben zu den veranlassten Änderungen. Letztes benötige sie, weil es mehrere Änderungen geben könne, an denen der Beklagte nur zum Teil beteiligt gewesen sei.

Auskünfte zu den Kund*innen, denen gegenüber der Beklagte sein Ausscheiden mitgeteilt habe, sowie über den Inhalt der dazu geführten Gespräche benötige sie, um im Einzelnen feststellen zu können, inwieweit sich daraus Schadensersatzansprüche ergeben.

Sie benötige ferner Auskünfte zu den Daten, die der Beklagte gegebenenfalls auch durch Weitergabe an Dritte genutzt habe, weil sich aus dieser Datennutzung Schadensersatzansprüche ergeben könnten. Das könne zum Beispiel der Fall sein, wenn der Beklagte Kenntnisse über das Auslaufen bestimmter Verträge nutze, um den Kund*innen nach dem Vertragsende Anschlussverträge mit anderen Auftraggeber*innen zu vermitteln.

Angaben über die Kund*innen, die der Beklagte veranlasst habe, die Betreuung durch die Klägerin zu beenden oder bei denen er dies versucht habe bzw. bei denen er dazu Hilfestellung geleistet habe, benötige sie, um ihre Provisionsausfälle zu berechnen. Bei der Namensangabe gehe es um die Identifizierung. Sie benötige auch die Angabe des Datums des Schreibens, mit dem die Kund*innen den Betreuerwechsel eingeleitet haben, sowie des Gesprächs, bei dem die Kund*innen zu dem Wechsel veranlasst worden seien, da die Schadensersatzpflicht des Beklagten davon abhinge, ob dieser Vorgang noch während der Vertragslaufzeit mit dem Beklagten liege. In diesem Zusammenhang benötige sie auch Angaben über beteiligte Dritte und mögliche Poolgesellschaften, um Ansprüche gegenüber Dritten durchsetzen zu können. Es sei auch der Inhalt von Gesprächen anzugeben, da dieser Rückschlüsse auf die Kausalität des Verhaltens des Beklagten für die Betreuerwechsel zulasse.

Der Hilfsantrag rechtfertigte sich daraus, dass man den Vortrag des Beklagten im vorliegenden Verfahren als Auskunft verstehen könne. Sollte das Gericht hiervon ausgehen, sei darüber zu entscheiden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

I. der Klägerin Auskunft zu geben,

1. welche Finanzdienstleistungsprodukte, insbesondere Kapitalanlagen, Immobilien, Finanzierungen, Versicherungen, Bausparverträge und Beteiligungen der Beklagte selbst oder über Dritte in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 an Kunden/Versicherungsnehmer unter Umgehung der Klägerin vermittelt hat, wobei die Auskunft im Einzelnen folgende Angaben zu enthalten hat:

a) Name und Anschrift des Produktgebers,

b) Name und Beschreibung des abgeschlossenen Produkts/der Investition,

c) Antragsdatum,

d) Datum des Vertragsabschlusses,

e) bei Versicherungen zusätzlich zu a) bis d): Tarif und Sparte,

f) Versicherungsscheinnummer/\/ertragsnummer,

g) Höhe des monatlichen bzw. jährlichen Beitrags,

h) Laufzeit,

i) bei Kapitalanlagen zusätzlich zu a) bis d): Höhe des vom Kunden investierten Betrages in die Kapitalanlage/Beteiligungssumme,

j) bei Immobilien. zusätzlich zu a) bis d): Höhe des Kaufpreises ohne Nebenkosten, Datum des notariellen Kaufvertrags,

k) erzielter Provisionserlös oder sonstige Vergütung für die. Vermittlung des Geschäfts,

l) eventuelle nach Antragstellungen erfolgende Änderungen am vermittelten Geschäft unter Angabe des Datums und des Grunds der Änderung,

m) eventuelle nach Antragstellung vorgenommene Stornierung/Widerruf des vermittelten Geschäfts unter Angabe des Datums und des Grunds der Stornierung;

2. welche Kunden der Klägerin, der Beklagte selbst oder über Dritte, in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 zur Kündigung, Beitragsfreistellung bzw. Beitragsreduzierung, Widerruf oder anderweitigen Auflösung eines über die Klägerin vermittelten Vertrages geraten hat bzw. zur Abstandnahme von einem in Aussicht genommenen und im Falle der Durchführung über die Klägerin vermittelten Geschäfts geraten hat, wobei die Auskunft folgende Punkte zu enthalten hat:

a) Kundenname,

b) Adresse des Kunden,

c) Versicherungsscheinnummer/\/ertragsnummer,

d) bei Versicherungen zusätzlich: Tarif und Sparte,

e) bei Immobilien zusätzlich: Höhe des Kaufpreises ohne Nebenkosten,

f) Angaben zur Art der veranlassten Änderung wie Kündigung, Betragsfreistellung bzw. -reduzierung, Widerruf oder anderweitige Auflösung;

3. welche Kunden der Klägerin der Beklagte in der Zeit vom 1. Juni 2019 bis 31. Dezember 2019 über sein Ausscheiden bei der Klägerin und eine andere Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche, insbesondere einen Wechsel zu einem anderen Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche, informiert hat, wobei die Auskunft

a) den vollständigen Namen des Kunden,

b) das Datum des Gesprächs,

c) den Inhalt des Gesprächs, insbesondere Gründe der Kündigung des Finanzdienstleistungsvermittlervertrags; Gegebenheiten bei der Klägerin; nähere dem Kunden erteilte Informationen zu der von dem Beklagten in Aussicht genommenen bzw. bereits ins Werk [gesetzten] Konkurrenztätigkeit und deren vermeintlicher Vorteile für den Kunden

zu enthalten hat;

4. welche Finanzdienstleister, die in der Zeit vom 1. Juni 2019 bis 31. Dezember 2019 über einen Finanzdienstleistungsvermittlervertrag an die Klägerin gebunden waren, der Beklagte selbst oder über Dritte auf die Möglichkeit einer anderen Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche als die Tätigkeit für die Klägerin angesprochen hat bzw. von welchen Finanzdienstleistern der Klägerin, die in der Zeit vom 1. Juni 2019 bis 31. Dezember 2019 über einen Finanzdienstleistungsvermittlervertrag an die Klägerin gebunden waren, der Beklagte selbst oder über Dritte, in dieser Zeit auf eine andere Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche als die für die Klägerin angesprochen wurde, wobei die Auskunft folgende Angaben zu enthalten hat:

a) Name des Finanzdienstleisters,

b) Datum des Gesprächs,

c) Inhalt des Gesprächs;

5. welche weiteren Personen, die nicht vertraglich über einen Finanzdienstleistungsvermittlervertrag an die Klägerin in der Zeit vom 1. Juni 2019 bis 31. Dezember 2019 gebunden waren, der Beklagte selbst oder über Dritte, in dieser Zeit auf die Möglichkeit einer Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche unter Umgehung der Klägerin angesprochen hat bzw. von welchen weiteren Personen, die‘ nicht vertraglich über einen Finanzdienstleistungsvermittler an die Klägerin in der Zeit vom 1. Juni 2019 bis 31. Dezember 2019 gebunden waren, der Beklagte selbst oder über Dritte angesprochen wurde, um in der Finanzdienstleistungsbranche unter Umgehung der Klägerin tätig zu sein, wobei die Auskunft folgende Angaben zu enthalten hat:

a) Name,

b) Datum des Gesprächs,

c) Inhalt des Gesprächs,

d) Angaben zur Branchenerfahrung des Interessenten wie Berufserfahrung und besondere Qualifikation;

6. welche Daten von Kunden der Klägerin sowie Daten der von den Kunden der Klägerin abgeschlossenen Verträge, die der Beklagte aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin erlangt hat, der Beklagte .in der Zeit vom I. Juni 2019 bis 31. Dezember 2019 für andere Tätigkeiten als die Erfüllung der Aufgaben aus dem FDL genutzt hat, insbesondere Dritten zum Zwecke der Abwerbung zur Verfügung gestellt oder diese selbst zur Abwerbung genutzt hat, wobei die Auskunft folgenden Inhalt zu haben hat:

a) Angabe der Dritten zur Verfügung gestellten Daten,

b) Datum der Zurverfügungstellung an Dritte,

c) Name des Dritten, der die Daten erhalten hat,

d) bei eigener Nutzung zu vertragsfremden Zwecken: Angabe der genutzten Daten, Datum der Nutzung, Zweck der Nutzung;

7. welche Kunden der Klägerin der Beklagte in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 dazu veranlasst hat, die Betreuung durch die Klägerin zu beenden, bzw. dies versucht hat, bzw. hierzu Hilfestellung geleistet hat, wobei die Auskunft folgende Informationen zu enthalten hat:

a) vollständiger Name des Kunden;

b) Angaben dazu, ob ein Betreuerwechsel vollzogen wurde unter Angabe des Datums des Schreibens, mit dem der Kunde den Betreuerwechsel beim Versicherer/Produktpartner anzeigte;

c) Angabe dazu, ob er Kunde und dessen Verträge durch den Beklagten oder einen Dritten betreut werden;

d) ggf. vollständiger Name/Firma des Dritten, der den Kunden nunmehr betreut und Adresse des Dritten,

e) Datum des Gesprächs, an dem der Kunde zu einem Betreuer-wechsel veranlasst wurde;

f) nähere Angaben zum Inhalt des Gesprächs mit dem Kunden, insbesondere zu den Gründen und dem Zeitpunkt des „Wechsels“ des Beklagten zu einem anderen Unternehmen und die Gegebenheiten bei der Klägerin, nähere dem Kunden erteilte Informationen zu der von dem Beklagten in Aussicht genommenen bzw. bereits ins Werk [gesetzten] Konkurrenztätigkeit und deren vermeintlicher Vorteile für den Kunden,

g) im Falle der Übertragung der Verträge an eine Poolgesellschaft: vollständige Nennung der Firma der Poolgesellschaft und deren Adresse;

II. gegebenenfalls die Richtigkeit der Auskunft nach Ziffer I. an Eides statt zu versichern;

III. an die Klägerin einen nach Erteilung der Auskünfte gemäß I. und gegebenenfalls nach Versicherung an Eides statt gemäß Ziffer II. noch zu beziffernden Schadensersatz zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

IV. hilfsweise zu I. den Beklagten zu verurteilen, die Behauptung, er habe

1. keine Finanzdienstleistungsprodukte, insbesondere Kapitalanlagen, Immobilien, Finanzierungen, Versicherungen, Bausparverträge und Beteiligungen selbst oder über, Dritte in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 an Kunden/Versicherungsnehmer unter Umgehung der Klägerin vermittelt,

2. keine Kunden der Klägerin selbst oder über Dritte in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 zur Kündigung, Beitragsfreistellung bzw. Beitragsreduzierung, Widerruf oder anderweitigen Auflösung eines über die Klägerin vermittelten Vertrages geraten bzw. zur Abstandnahme von einem in Aussicht genommenen und im Falle der Durchführung über die Klägerin vermittelten Geschäfts geraten,

3. keine Finanzdienstleister, die in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 über einen Finanzdienstleistungsvermittlervertrag an die Klägerin gebunden waren, selbst oder über Dritte auf die Möglichkeit einer- anderen Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche als die Tätigkeit für die Klägerin angesprochen bzw. wurde von keinen Finanzdienstleistern der Klägerin, die in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 über einen Finanzdienstleistungsvermittlervertrag an die Klägerin gebunden waren, selbst oder über Dritte, in dieser Zeit auf eine andere Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche als die für die Klägerin angesprochen,

4. keine weiteren Personen, die nicht vertraglich über einen Finanzdienstleistungsvermittlervertrag an die Klägerin in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 gebunden waren, selbst oder über Dritte, in dieser Zeit auf die Möglichkeit einer Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche unter Umgehung der Klägerin angesprochen bzw. wurde von keinen weiteren Personen, die nicht vertraglich über einen Finanzdienstleistungsvermittler an die Klägerin in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 gebunden waren, selbst oder über Dritte angesprochen, um in der Finanzdienstleistungsbranche unter Umgehung der Klägerin tätig zu sein,

5. keine Daten von Kunden der Klägerin sowie Daten der von den Kunden der Klägerin abgeschlossenen Verträge, die der Beklagte aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin erlangt hat, in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 für andere Tätigkeiten als die Erfüllung der Aufgaben aus dem FDL genutzt, insbesondere Dritten zum Zwecke der Abwerbung zur Verfügung gestellt oder diese selbst zur Abwerbung genutzt;

6. keine Kunden der Klägerin in der Zeit vom I. Juni‘ bis 31. Dezember 2019 veranlasst, die Betreuung durch die Klägerin zu beenden bzw. dies versucht bzw. hierzu Hilfestellung geleistet,

an Eides statt zu versichern.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, Auskunftsansprüche der Klägerin bestünden nicht. Er hat behauptet, eine Großzahl der von ihm betreuten Kund*innen hätten auch nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses zur Klägerin weiterhin von ihm betreut werden wollen und ihm im Jahr 2020 ein Maklermandat erteilt. Das betreffe die Mehrzahl der in der Liste der Klägerin aufgeführten Kund*innen. Er sei dreißig Jahre für die Klägerin tätig gewesen und habe die Kund*innen bereits langfristig betreut. Es habe ein persönliches Vertrauensverhältnis nur zu ihm und nicht zur Klägerin bestanden. Die Maklerwechsel auf ihn bzw.(beziehungsweise) auf seine 2020 gegründete Gesellschaft seien nicht schon vor Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin erfolgt, sondern erst im Jahr 2020. Vorher sei dies auch gar nicht möglich gewesen, da er erst seit dem 1. Januar 2020 als Versicherungsmakler und Finanzanlagenvermittler im Vermittlerregister eingetragen sei.

Er habe gegenüber den Kund*innen die Beendigung seiner Tätigkeit für die Klägerin lediglich nebenbei in Gesprächen erwähnt, die aus anderen Gründen geführt worden seien. Soweit sich die Kund*innen danach erkundigt hätten, was er künftig vorhabe, habe er wahrheitsmäßig geantwortet, er wolle als eigenständiger Makler tätig sein. Die Klägerin habe entsprechende Nachfragen der Kund*innen selbst provoziert, indem sie diese anschrieben und ihnen weitere Ansprechpartner*innen genannt habe. Die Kund*innen hätten angerufen und nachgefragt, weshalb jetzt ein anderer Betreuer für sie zu ständig sei.

Von Herbst 2018 bis Ende 2019 sei er aus gesundheitlichen Gründen kaum arbeitsfähig gewesen. Das erkläre auch die erhöhte Anzahl der Betreuerwechsel. Zudem habe die Klägerin eine Provisionssperre verhängt, was ihn nicht motiviert habe, bei angezeigten Betreuerwechseln den Gründen nachzugehen und die Kund*innen davon abzuhalten. Zu allen Gesprächsinhalten im Jahr 2019 substantiiert vorzutragen, sei ihm nicht möglich.

Jedenfalls seien die Auskunftsanträge zu weitgehend.

Auskünfte habe er zu keinem Zeitpunkt erteilt, sondern lediglich in einem gerichtlichen Erkenntnisverfahren vorgetragen. Daher sei er auch nicht zu der mit dem Hilfsantrag geltend gemachten eidesstattlichen Versicherung verpflichtet.

Mit Teilurteil vom 10. Februar 2022, auf dessen Tatbestand (Blatt 360 bis 369 der Akten) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht den Anträgen zu I. 7. a) bis d) stattgegeben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin Auskunft zu geben, welche ihrer Kund*innen er in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2019 dazu veranlasst hat, die Betreuung durch die Klägerin zu beenden, bzw. dies versucht bzw. hierzu Hilfestellung geleistet hat, wobei die Auskunft folgende Informationen zu enthalten habe: vollständiger Name der Kund*innen; Angaben dazu, ob ein Betreuerwechsel vollzogen wurde unter Angabe des Datums des Schreibens, mit dem die Kund*innen den Betreuerwechsel beim Versicherer/Produktpartner anzeigte; Angabe dazu, ob die Kund*innen und deren Verträge durch den Beklagten oder einen Dritten betreut werden; gegebenenfalls vollständiger Name/Firma des Dritten, der die Kund*innen nunmehr betreut und die Adresse des Dritten. Hinsichtlich der übrigen Auskunftsanträge (Anträge zu I. 1. bis 6. und 7. e) bis g)) und der Hilfsanträge auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung für als erteilt anzusehende Auskünfte hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Über die Anträge auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit noch zu erteilender Auskünfte sowie auf Schadensersatz (Anträge zu II. und III.) hat es noch nicht entschieden.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei unerlaubter Konkurrenztätigkeit bestehe ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB. Dieser sei auch hier gegeben. Die Klägerin habe nachvollziehbar vorgetragen, dass es zu einer ungewöhnlich hohen Anzahl von Betreuerwechseln gekommen sei. Daher bestehe der Verdacht, dass der Beklagte Konkurrenztätigkeit ausgeübt habe. Der Beklagte räume selbst ein, während des Vertragsverhältnisses Kund*innen über die Beendigung seiner Tätigkeit und künftige Selbstständigkeit informiert zu haben. Daher sei er verpflichtet, die mit den Anträgen zu I. 7. a) bis d) geltend gemachten Auskünfte zu erteilen. Hingegen seien die weiteren mit den Anträgen zu I. 7. e) bis g) geltend gemachten Auskünfte nicht erforderlich. Für die Berechnung entgangenen Gewinns benötige die Klägerin weder Kenntnis des Datums oder des Inhalts der Abwerbegespräche noch, ob der oder die Kund*in an eine Poolgesellschaft übertragen worden sei.

Die mit den Anträgen zu I. 1. bis 6. geltend gemachten Auskunftsansprüche seien ebenfalls nicht gegeben. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte Geschäfte an der Klägerin vorbei vermittelt habe. Ebenso wenig bestehe ein hinreichender Verdacht, dass er Kund*innen zu Änderungen bestehender Verträge bzw. zur Abstandnahme von in Aussicht genommenen Verträgen veranlasst habe oder für die Klägerin tätige Finanzdienstleister*innen abgeworben oder sonstige Personen zwecks Umgehung der Klägerin angesprochen habe. Soweit der Beklagte Kund*innen lediglich über sein Ausscheiden bei der Klägerin und ohne nähere Angaben über die Aufnahme einer anderen Tätigkeit unterrichtet habe, habe er nicht pflichtwidrig gehandelt. Es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern die Klägerin für die Berechnung ihres Schadens Angaben zur Datenübermittlung benötige.

Die zur Entscheidung angefallenen Hilfsanträge seien erfolglos, da der Beklagte keine Auskunft erteilt habe.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Blatt 360 bis 375 der Akten) verwiesen.

Gegen dieses der Klägerin am 18. März 2022 und dem Beklagten am 21. März 2022 zugestellte Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien. Die Berufung der Klägerin ist am 8. April 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. Juni 2022 mit am 16. Juni 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet worden. Die Berufung des Beklagten ist am 21. April 2022 eingegangen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Juni 2022 mit am 20. Juni 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet worden.

Die Klägerin greift das erstinstanzliche Urteil nur an, soweit das Arbeitsgericht die Anträge zu I. 1. bis 3., 6. und 7. e) bis g) sowie Punkt 1., 2., 5. und 6. der Hilfsanträge abgewiesen hat, nicht hingegen, soweit es die Anträge zu I. 4. und 5. und Punkt 3. und 4. der Hilfsanträge abgewiesen hat. Hinsichtlich der weiteren ins Berufungsverfahren eingeführten Anträge zu II. und III. auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit der noch zu erteilenden Auskünfte und auf den noch zu beziffernden Schadensersatz hat die Klägerin die Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 13. Oktober 2022 zurückgenommen.

Die Klägerin setzt sich – unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Sie bringt vor, Auskunftsansprüche ließen sich auch auf die Berichtspflichten nach § 86 Absatz 2 HGB stützen. Aber auch nach § 242 BGB seien Ansprüche gegeben.

Das Arbeitsgericht habe den Antrag hinsichtlich der Angaben über die Kund*innen, die der Beklagte zu einem Betreuerwechsel veranlasst bzw. dies versucht habe oder dazu Hilfestellung geleistet habe, zu Unrecht teilweise abgewiesen. Sie habe in der ersten Instanz hinreichend vorgetragen, weshalb die Daten zur Schadensberechnung erforderlich seien. Zudem könne das Auskunftsverlangen auch auf die Berichtspflicht gestützt werden. Darunter fielen alle Angaben, die für den Unternehmer von Interesse seien. Sie habe ein Interesse daran, welche Dritte an dem vertragswidrigen Verhalten des Beklagten beteiligt gewesen seien. Auch habe sie ein Interesse daran, zu erfahren, welche Konkurrenzunternehmen bereit seien, mit noch vertraglich gebundenen Handelsvertreter*innen zusammen zu arbeiten, obwohl noch nicht einmal die erforderliche Registrierung vorgelegen habe.

Soweit sie Auskünfte über Verträge, die der Beklagte unter ihrer Umgehung vermittelt habe, begehre, bestehe ein hinreichender Verdacht auf solche Geschäfte. Der Beklagte habe auch nach Ansicht des Arbeitsgerichts jedenfalls durch Abwerbung unerlaubten Wettbewerb betrieben, was dafür spreche, dass er Verträge an ihr vorbei vermittelt habe. Dafür spreche auch, dass der Beklagte nach der Kündigung keine Vermittlungserfolge mehr erzielt habe, was als unstreitig zu behandeln sei. Eine Erkrankung, die der Beklagte ohnehin nicht angezeigt habe, könne dafür nicht die Ursache gewesen sei, da der Beklagte auch nach seinem eigenen Vortrag Gespräche mit den Kund*innen geführt habe. Auch habe sie nicht die Provisionsgutschriften, sondern nur die Vorschusszahlungen eingestellt, so dass es keinen Grund für eine Demotivation des Beklagten gegeben habe. Es wäre auch möglich gewesen, einen Antrag auf Aufhebung der Maßnahme zu stellen. Das habe der Beklagte aber nicht getan. Außerdem sei unklar, wovon der Beklagte sonst habe leben wollen. Auch sei nicht nachvollziehbar, an wen sich die Kund*innen, die ja zum Beklagten ein enges Vertrauensverhältnis gehabt hätten, im Bedarfsfall sonst gewandt hätten.

Aus denselben Gründen bestehe auch ein hinreichender Verdacht, dass der Beklagte von ihm betreute Kund*innen zu Vertragsänderungen veranlasst habe. Dieser ergebe sich auch aus den von ihr beispielhaft vorgetragenen fünf Einzelfällen. Dem Beklagten sei es auch, zumindest nach Gedächtnisanstrengung möglich, hierzu vorzutragen. Zudem sei er als neuer Betreuer über diese Umstände informiert.

Die Auskunft, welche Kund*innen der Beklagte über die Aufnahme einer anderen Tätigkeit informiert habe, stehe ihr ebenfalls zu. Eine derartige Information sei keine erlaubte Vorbereitungshandlung, sondern unerlaubter Wettbewerb. Sie verstoße außerdem gegen die Interessenwahrungspflicht eines Handelsvertreters. Die Auskunft sei auch erforderlich, da ihr auch dann einen Schaden entstanden sei, wenn Kund*innen aufgrund der Information zu Dritten abgewandert seien.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe sie erstinstanzlich auch zur Erforderlichkeit der Auskunft über die Datennutzung vorgetragen. Darauf werde verwiesen.

Über den Hilfsantrag habe das Arbeitsgericht auf der Basis seiner Rechtsansicht nicht entscheiden dürfen.

Soweit das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, verteidigt die Klägerin das insoweit von dem Beklagten angefochtene Urteil. Es sei schon fraglich, ob die Berufung des Beklagten zulässig sei. Jedenfalls habe das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass sich aus den häufigen Betreuerwechseln auf einen unerlaubten Wettbewerb schließen lasse. Der Beklagte könne dies nicht einfach bestreiten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 10. Februar 2022 – 1 Ca 244/21 – teilweise abzuändern und über die erfolgte Verurteilung des Beklagten hinaus nach den erstinstanzlichen Auskunftsanträgen zu I. 1. bis 3., 6. und 7. e) bis g) zu erkennen, hilfsweise nach Punkt 1., 2., 5. und 6. der erstinstanzlichen Hilfsanträge auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit von als erteilt anzusehenden Auskünfte.

Der Beklagte beantragt,

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen;

2. das Teilurteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 10. Februar 2022 – 1 Ca 244/21 – teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte setzt sich, soweit das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, – unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens – mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass er lediglich Vorbereitungshandlungen für seine Tätigkeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin getroffen habe. Er habe die von ihm betreuten Kund*innen nur neutral informiert. Die Kund*innen seien zu ihm gekommen, er sei dagegen nicht aktiv geworden. Die Vorlage einer von der Klägerin selbst erstellten Liste könne einen Betreuerwechsel nicht belegen. Er habe diese Behauptung bestritten.

Die Klägerin könne ihre Ansprüche auch nicht auf die Berichtspflicht nach § 86 Absatz 2 HGB stützen, da es sich hierbei um einen neuen Streitgegenstand handele. Die darin liegende Klageänderung sei nicht sachdienlich. Er stimme ihr auch nicht zu. Die Vorschrift sei hier ihrem Zweck entsprechend auch nicht anwendbar.

Im Übrigen verteidigt der Beklagte – unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens – das angefochtene Urteil. Ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB bestehe nicht.

Soweit es um die Veranlassung von Betreuerwechseln gehe, habe das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass die mit den abgewiesenen Anträgen verfolgten Auskunftsansprüche nicht zur Schadensberechnung erforderlich seien. Sie seien auch hinsichtlich der geforderten Gesprächsinhalte zu unbestimmt und zudem auf eine Ausforschung gerichtet.

Für Vermittlungen während des bestehenden Vertragsverhältnisses an der Klägerin vorbei habe sie nichts vorgetragen. Die zurückgegangenen Vermittlungen gäben dafür nichts her, weil er wegen der vorenthaltenen Provisionszahlungen nicht mehr motiviert gewesen sei. Zudem sei er, was er auch angezeigt habe, krank gewesen. Es sei unerheblich, wie er nach der Kündigung seinen Unterhalt bestritten habe. Es gebe Menschen, die Rücklagen hätten. Im Übrigen sei das Vorbringen der Klägerin nicht plausibel.

Soweit die Klägerin Auskünfte über provisionserhebliche Vertragsänderungen verlange, bestehe schon kein Verdacht, dass er solche herbeigeführt habe. Der Vortrag der Klägerin zu Einzelfällen sei nicht erwiderungsfähig. Im Übrigen könnten Vertragsänderungen auch aus guten Gründen wie Arbeitslosigkeit erfolgen. Dann sei der oder die Vermittler*in sogar verpflichtet, dazu zu raten. Im Übrigen könne er dazu nicht vortragen, weil er keine Unterlagen habe.

Soweit die Klägerin Auskunft darüber begehre, wen er über seine beabsichtigte Tätigkeit unterrichtet habe, sei das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass in der bloßen Information noch kein Wettbewerbsverstoß liege. Auch löse sie für sich genommen noch keinen Schadensersatzanspruch aus, so dass die Klägerin darüber auch keine Auskunft verlangen könne.

Im Übrigen seien die Auskunftsanträge auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Zudem seien sie zu unbestimmt, soweit sie auf die Auskunft über Gesprächsinhalte gerichtet sei, weil nicht klar sei, in welcher Form und hinsichtlich welchen Inhalts Auskünfte erteilt werden sollen.

Soweit die Klägerin Auskunft über Datennutzung verlange, sei das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Verdacht auf eine unzulässige Datennutzung nicht plausibel gemacht sei. Eine Datennutzung für sich genommen begründe auch keinen Schadensersatzanspruch. Eine Weitergabe an Dritte sei nicht entscheidungserheblich, weil es sich dabei um einen anderen Sachverhalt handele.

Das Vorbringen der Klägerin zu den Hilfsanträgen sei in sich widersprüchlich.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 16. Juni 2022 (Blatt 404 bis 424 der Akten) und vom 11. Juli 2022 (Blatt 436 bis 443 der Akten) sowie vom 15. September 2022 (Blatt 465 bis 483 der Akten), die Schriftsätze des Beklagten vom 20. Juni 2022 (Blatt 427 bis 430 der Akten) und vom 19. August 2022 (Blatt 454 bis 463 der Akten) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 13. Oktober 2022 (Blatt 485 bis 486 der Akten) verwiesen.

Gründe

Die Berufungen haben nur teilweise Erfolg.

I. Die Berufungen sind zulässig. Sie sind nach § 64 Absatz 1 und 2 Buchstabe b ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne von § 66 Absatz 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Absatz 1 und 3 ZPO (Zivilprozessordnung) eingelegt und begründet worden. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt auch die Berufungsbegründung des Beklagten den inhaltlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 4 ZPO.

1. Nach § 520 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Die Berufungsbegründung muss auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (BAG (Bundesarbeitsgericht) 3. Juli 2019 – 4 AZR 456/18 – Rn. (Randnummer) 27 mwN (mit weiteren Nachweisen)).

2. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Beklagten.

Das Arbeitsgericht hat die Verurteilung des Beklagten im Wesentlichen darauf gestützt, es bestehe der Verdacht wettbewerbswidrigen Verhaltens des Beklagten. Dieser ergebe sich aus der Vielzahl der von der Klägerin in der von ihr eingereichten Liste ausgeführten Betreuerwechsel in der Zeit vom 26. April 2016 bis zum 27. Dezember 2019 sowie daraus, dass der Beklagte selbst eingeräumt habe, die von ihm betreuten Kund*innen über die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin unterrichtet und auf Nachfrage über seine beabsichtigte Selbstständigkeit berichtet zu haben (Seite 15 des erstinstanzlichen Urteils). Damit hat sich der Beklagte hinreichend auseinandergesetzt, indem er in der Berufungsbegründung argumentiert, er habe den Inhalt der Liste ausdrücklich bestritten und die den betreuten Kund*innen über sein Ausscheiden gegebenen Informationen hätten die Grenze zum unerlaubten Wettbewerb nicht überschritten.

II. Die Berufungen sind jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen sind sie unbegründet. Das Arbeitsgericht hat – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung – teilweise zu weitgehende Auskunftsansprüche ausgeurteilt, teilweise ist es hinter den Ansprüchen der Klägerin zurückgeblieben; die Hilfsanträge sind entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht zur Entscheidung angefallen.

1. Die Berufungen haben nicht schon aus formalen Gründen Erfolg.

a) Soweit im erstinstanzlichen Urteil entgegen § 313 Absatz 1 Nr. 2 ZPO die Namen der ehrenamtlichen Richter, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, nicht angegeben sind, ist dieser Fehler entsprechend dem Rechtsgedanken des § 314 Satz 2 ZPO dadurch geheilt, dass die Namen im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2022 aufgeführt sind. Zudem wäre eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht nach § 68 ArbGG selbst dann ausgeschlossen, wenn das Arbeitsgericht ohne ehrenamtliche Richter entschieden hätte (vergleiche Germelmann/Matthes/Prütting/Schleusener, ArbGG 10. Auflage Rn. 2).

b) Das Arbeitsgericht durfte durch Teilurteil entscheiden. Die Voraussetzungen des § 301 ZPO waren erfüllt. Das Arbeitsgericht hat über eine Stufenklage (§ 254 ZPO) entschieden. Es hat dabei auf der ersten Stufe über sämtliche geltend gemachten Auskunftsansprüche entschieden. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen stellt sich deshalb insoweit nicht. Was die weiteren Stufen betrifft, lässt sich diese Gefahr nicht vermeiden und ist deshalb zu akzeptieren (vergleiche zum Ganzen BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 31, 35).

2. Die Klage ist im Wesentlichen zulässig.

a) Das gilt auch, soweit die Klägerin Auskunftsansprüche zusätzlich auf die Berichtspflichten eines Handelsvertreters nach § 86 Absatz 2 HGB stützt. Darin liegt keine Klagerweiterung im Sinne der Einführung eines neuen Streitgegenstandes, die an § 533 ZPO scheitern könnte.

aa) Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, die klagende Partei dem Gericht unterbreitet hat, um ihr Rechtsschutzbegehren zu stützen. Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen (BAG 1. März 2022 – 9 AZR 353/21 – Rn. 11 mwN).

bb) Die Klägerin hat ihr Begehren darauf gestützt, dass zwischen den Parteien ein Handelsvertretervertrag bestanden habe und der Beklagte unter Verstoß gegen die daraus folgenden Pflichten Wettbewerb ausgeübt habe. Das Bestehen des Handelsvertretervertrages gehörte damit zu dem zur Entscheidung gestellten Sachverhalt. Die daraus rechtlich ohnehin folgenden Pflichten – hier mögliche Berichtspflichten – stehen deshalb zur Entscheidung des Gerichts. Ob dies auch umgekehrt gelten würde, wenn Auskunft zunächst nur gestützt auf den Handelsvertretervertrag geltend gemacht wird und der Anspruch erst später zusätzlich auf unerlaubten Wettbewerb gestützt wird, bedarf keiner Entscheidung.

b) Die Anträge sind jedoch nicht in vollem Umfang bestimmt genug im Sinne des § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO. Außerdem fehlt es zum Teil am erforderlichen Rechtsschutzinteresse.

aa) Der Klageantrag zu I. 2. genügt nicht dem gesetzlichen Bestimmtheitserfordernis, soweit er sich auf „in Aussicht genommene Geschäfte“ bezieht. Denn es ist völlig unklar, wann ein Geschäft in diesem Sinne in Aussicht genommen ist, schon dann, wenn sich ein oder eine Kund*in unverbindlich erkundigt, oder aber, wenn er oder sie konkrete Fragen stellt, oder wenn er oder sie auf beantwortete Fragen weitere Fragen stellt, oder erst, wenn er oder sie konkret mit dem Anliegen eines Vertragsschlusses an den Beklagten herantritt. Ein derartiger Entscheidungsausspruch würde nicht hinreichend deutlich machen, welche Verpflichtungen den Beklagten treffen.

bb) Die übrigen Anträge sind hingegen ausreichend bestimmt.

(1) Das gilt zunächst, soweit der Beklagte rügt, der Klageantrag zu I. 3. c) sei zu unbestimmt, soweit er auf die Mitteilung des Gesprächsinhaltes gerichtet sei. Aus dem Zusammenhang mit den übrigen Anträgen und der Klagebegründung wird deutlich, dass es der Klägerin darum geht zu erfahren, was im Hinblick auf die Beendigung des Vertrages mit der Klägerin und die beabsichtigte Aufnahme einer konkurrierenden Tätigkeit zwischen dem Beklagten und den Kund*innen konkret besprochen wurde.

(2) Gleiches gilt, soweit der Beklagte hinsichtlich des Klageantrages zu I. 7. f) (wohl irrtümlich als Antrag zu I. 7. e) bezeichnet) rügt, es sei unklar, was die Klägerin begehre, wenn sie Auskunft über den Gesprächsinhalt hinsichtlich der Beendigung von Betreuungen durch die Klägerin geltend mache. Auch hier geht es um inhaltliche Angaben zu den auf den Wechsel bezogenen Gesprächsinhalten.

(3) Weitere Bedenken gegen die Bestimmtheit der Klageanträge hat der Beklagte nicht vorgebracht. Solche sind auch nicht gegeben.

cc) Für den Klageantrag zu I. 6. fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse, soweit es um die Nutzung der Daten durch den Beklagten und Dritte zu den in den Klageanträgen zu I. 1., 2. und 7. bezeichneten Aktivitäten geht. Die dort begehrten Auskünfte erfassen ohne weiteres auch die den Aktivitäten zugrundeliegenden Informationen. Die Klägerin ist nicht berechtigt, ihre möglichen Ansprüche doppelt einzuklagen.

c) Sonstige Gründe, die der Zulässigkeit der Klageanträge entgegenstehen könnten, sind weder vorgebracht noch sonst ersichtlich.

3. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, nur im ausgeurteilten Umfange begründet.

a) Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin im ausgeurteilten Umfang Auskunft zu erteilen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der ausgeurteilte Auskunftsanspruch bereits aus der Berichtspflicht nach § 86 Absatz 2 HGB, soweit der Beklagte als Versicherungsvertreter tätig war, in Verbindung mit § 92 Absatz 2 HGB, oder aus § 666 BGB folgt. Er ergibt sich jedenfalls aus Treu und Glauben (§ 241 Absatz 2 BGB), da der Verdacht besteht, dass der Beklagte gegen seine Pflicht zur Wahrnehmung der Interessen der Klägerin nach § 86 Absatz 1 HGB, im Hinblick auf die Tätigkeit als Versicherungsvertreter in Verbindung mit § 92 Absatz 2 HGB, verstoßen hat. Die Auskunft ist erforderlich, damit die Klägerin die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbereiten kann. Die Auskunftspflicht steht auch mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Datenschutzrecht in Einklang.

aa) Der ausgeurteilte Anspruch besteht dem Grunde nach.

(1) Nach § 86 Absatz 2 HGB hat sich der oder die Handelsvertreter*in um den Abschluss von Geschäften zu bemühen und hierbei das Interesse des oder der Unternehmer*in wahrzunehmen. Zu dieser Interessenwahrnehmung war daher auch der Beklagte als Handelsvertreter gegenüber der Klägerin verpflichtet, da diese im Verhältnis zum Beklagten Unternehmerin war, auch wenn zwischen ihr und ihren Partnerunternehmen ebenfalls Handelsvertreterverträge bestehen, (§ 84 Absatz 3 HGB).

Danach ist der oder die Handelsvertreter*in verpflichtet, alles zu unterlassen, was eine Schädigung der Interessen seines oder ihrer Geschäftsherr*in herbeizuführen geeignet wäre. Daraus folgt auch die Verpflichtung, sich desjenigen Wettbewerbs zu enthalten, der geeignet ist, diese Interessen zu beeinträchtigen (BGH 25. September 1990 – KVR 2/89 – unter B I 2 der Gründe mwN, DB (Der Betrieb) 1990, 2585). Dieses Wettbewerbsverbot haben die Parteien zudem in Ziffer 6.2 des Mitarbeitervertrages auch ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht.

(2) Besteht der Verdacht, dass der oder die Handelsvertreter*in gegen das Gebot der Interessenwahrnehmung verstoßen hat, können sich daraus Auskunftsansprüche des oder der Unternehmer*in nach § 241 Absatz 2 BGB ergeben. Treu und Glauben gebieten es, einem oder einer Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der oder die Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines oder ihres Rechts im Ungewissen ist und wenn der oder die Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (vergleiche BGH 26. September 2013 – VII ZR 227/12 – Rn. 14).

Verletzt ein oder eine Handelsvertreter*in während der Laufzeit des Handelsvertretervertrags das Wettbewerbsverbot oder sonst die Pflicht zur Interessenwahrung, macht er oder sie sich regelmäßig schadensersatzpflichtig; er oder sie schuldet dem oder der Unternehmer*in Ersatz des Gewinns, der diesem oder dieser durch die verbotswidrigen Handlungen entgangen ist (vergleiche BGH 26. September 2013 – VII ZR 227/12 – Rn. 15). Diesen Schadensersatzanspruch hat der oder die Unternehmer*in der Höhe nach darzulegen und zu beweisen. Denn nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründeten tatsächlichen Voraussetzungen der Prozesspartei, die aus einer ihr günstigen Norm Rechte herleitet (vergleiche BAG 28. Oktober 2021 – 6 AZR 450/20 – Rn. 26; BGH (Bundesgerichtshof) 10. März 2010 – IV ZR 264/08 – Rn. 12). Damit der oder die Unternehmer*in diesen Vortrag leisten kann, hat er oder sie den auf § 241 Absatz 2 BGB gestützten Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (vergleiche BAG 25. November 2021 – 8 AZR 226/20 – Rn. 68 ff. sowie insgesamt LAG Berlin-Brandenburg 5. September 2022 – 21 Sa 2/22 – unter II 2 b der Gründe, demnächst in juris, für die vergleichbare Lage bei unzulässiger Konkurrenztätigkeit von Arbeitnehmer*innen; im Ergebnis ebenso für Handelsvertreter*innen BGH 26. September 2013 – VII ZR 227/12 – Rn. 14 f. (folgende)).

Ein daraus abgeleiteter unselbstständiger Anspruch auf Auskunft zur Vorbereitung eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs setzt voraus, dass zumindest der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung besteht und dass ein daraus resultierender Schaden des oder der Anspruchsteller*in wahrscheinlich ist (vergleiche BGH 26. September 2013 – VII ZR 227/12 – Rn. 14).

(3) Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Aus den vielen Betreuerwechseln von Kund*innen, die im Verantwortungsbereich des Beklagten standen und bereits im Jahre 2019 einen Betreuerwechsel angezeigt haben, ergibt sich der Verdacht, dass der Beklagte seine Konkurrenztätigkeit bereits im Jahre 2019 und damit noch während des Bestehens des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin aufgenommen hat. Die Anzahl der sich aus der von der Klägerin vorgelegten Liste in der Zeit von April bis Dezember 2019 ergebenden Betreuerwechsel von mehr als 300, die in dieser Menge untypisch ist, spricht für entsprechende Aktivitäten des Beklagten. Eine ausdrückliche schriftliche Zustimmung zu der Konkurrenztätigkeit, wie in 6.2. des Mitarbeitervertrages gefordert, hat auch der Beklagte nicht behauptet.

Da die Betreuerwechsel bereits im April 2019 einsetzten, besteht auch der Verdacht, dass der Beklagte bereits in diesem Jahr – sei es direkt oder indirekt – mit eigenen Aktivitäten begonnen hat. Daher besteht nicht nur der Verdacht, dass er Kund*innen zum Betreuerwechsel veranlasst, sondern auch der Verdacht, dass er sie zu Änderungen bestehender Verträge mit dem Ziel des Neuabschlusses anderer Verträge über ihn veranlasst hat. Ebenso ist es für einen Verdacht hinreichend naheliegend, dass er auch gegenüber Neukund*innen tätig geworden ist. Denn es ist lebensnah, dass der Beklagte seine Aktivitäten nicht auf eine bestimmte Form der Konkurrenztätigkeit beschränkt hat. Auch wird dadurch deutlich, dass seine mangelnde Registrierung als Makler ihn nicht von einer solchen Tätigkeit abgehalten hat. Das alles macht auch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wahrscheinlich.

(4) Die von der Klägerin vorgelegte Liste kann der Entscheidungsfindung zugrunde gelegt werden.

(a) Der Beklagte hat erstinstanzlich eingeräumt, dass die meisten der in der Liste aufgeführten Personen zwischenzeitlich von ihm betreut werden, wenngleich erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin (Schriftsatz vom15. Oktober 2021 Seite 2, Blatt 254 der Akten). Die Richtigkeit des Vortrages der Klägerin über den Zugang der Wechselschreiben bei ihr noch im Jahr 2019 hat er erstinstanzlich entgegen seinem Vorbringen in der Berufungsinstanz nicht bestritten, auch nicht, nachdem die Klägerin die Liste als Anlage 11 (Blatt 283 ff. der Akten) in übersichtlicherer Form eingereicht hatte. Sein zweitinstanzliches Vorbringen wäre, soweit als Bestreiten zu verstehen sein sollte, unerheblich, weil unsubstantiiert. Der Beklagte hätte jedenfalls vortragen müssen, in welchen Fällen und wann er die Betreuung übernommen hat und dass deshalb die Mitteilung eines durch ihn veranlassten Betreuerwechsels bereits im Jahr 2019 unwahrscheinlich ist.

(b) Die Klägerin durfte die Liste auch in das Verfahren einführen und das Gericht sie zur Entscheidungsfindung verwenden, obwohl sie die Namen der Kund*innen enthält.

(aa) Das Recht der Kund*innen auf informationelle Selbstbestimmung steht dem nicht entgegen.

(aaa) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird aus dem durch Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG (Grundgesetz) geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht strahlt auch auf die Rechtsbeziehungen Privater wie die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits aus. Es hat sich maßgeblich in Konstellationen der mittelbaren Drittwirkung und geleitet vom Erfordernis praktischer Konkordanz entwickelt. Deshalb bestimmen sich die Schutzdimensionen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts letztlich immer einzelfallbezogen im Abgleich mit den Grundrechten Dritter. Die Bestimmung seiner Schutzwirkungen und die Abwägung mit den gegenüberstehenden Freiheitsrechten greifen hier Hand in Hand. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist insoweit flexibel und durch die Einbindung der Person in ihre sozialen Beziehungen relativiert. Ihm steht die Freiheit gegenüber, selbst Informationen aufzugreifen, zu verarbeiten und nach eigenen, auch wechselnden Zwecken zu nutzen. Seine Anforderungen und die hieraus folgenden Rechtfertigungslasten lassen sich damit nicht in gleicher Weise formal bestimmen, sondern sind in Blick auf die unterschiedlichen und nicht selten vielpoligen Konstellationen zwischen Privaten je nach Schutzbedarf durch Abwägung zu ermitteln (BVerfG (Bundesverfassungsgericht) 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 – Rn. 79, 81, 87 – „Recht auf Vergessen I“).

(bbb) Die Abwägung ergibt, dass die Interessen der Klägerin überwiegen. Für sie geht es um die Wahrnehmung berechtigter rechtlicher Interessen von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Das erfolgt im Rahmen eines rechtsstaatlichen gerichtlichen Verfahrens. Demgegenüber stehen die Interessen der Kund*innen zurück. Zum einen handelt es sich lediglich um die Information, dass sie eine Versicherung hatten und die Betreuung gewechselt haben. Das ist keine sehr persönliche Information. Zudem verfügen beide Prozessparteien ohnehin über diese Informationen. Dass das Gericht sie jetzt auch erhält, ist nur von untergeordneter Bedeutung, zumal es nicht auf einzelne Namen ankommt. Zudem ist die Gefahr solcher Auseinandersetzungen wie der vorliegenden beim Abschluss von Geschäften über einen oder eine Vermittler*in angelegt und damit auch Teil der Risikosphäre der Kund*innen.

(bb) Das Datenschutzrecht steht ebenfalls nicht entgegen (vergleiche dazu auch LAG Berlin-Brandenburg 19. Juli 2021 – 21 Sa 1291/20 – unter II 1 a cc (2) (b) der Gründe, BB (Betriebsberater) 2022, 697).

(aaa) Die Klägerin darf nach Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe f DS-GVO (Datenschutz-Grundverordnung), der als Verordnung der Europäischen Union unmittelbare Wirkung zukommt (Artikel 288 Absatz 2 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union)), die Liste in das gerichtliche Verfahren einführen. Sie nimmt damit berechtigte Interessen im Sinne der Vorschrift wahr, nämlich die Vertretung ihrer Rechtsposition, sie habe gegen den Beklagten einen Auskunftsanspruch. Aus den bereits hinsichtlich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung genannten Gründen überwiegen nicht die Interessen oder Grundrechte der Kund*innen.

(bbb) Allerdings verwendet die Klägerin die Daten zu anderen Zwecken, als sie ursprünglich gesammelt wurden. Denn eine Verwendung zur Vorbereitung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen unterscheidet sich von einer routinemäßigen Verteilung von Provisionen. Das ist jedoch gerechtfertigt.

(aaaa) Das gilt zunächst, wenn man § 24 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) als wirksame mitgliedsstaatliche Rechtsvorschrift im Sinne von Artikel 6 Absatz 4 DS-GVO als unionsrechtlicher Öffnungsklausel für nationales Recht ansieht. Denn die Voraussetzungen des § 24 BDSG sind erfüllt.

Nach § 24 Absatz 1 Nr. 2 BDSG ist die Verarbeitung von Daten zulässig, wenn sie zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche – hier von Auskunftsansprüchen der Klägerin – erforderlich ist, sofern nicht die Interessen der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegen. Das ist hier nicht der Fall, da die Interessen der Kund*innen nicht das Interesse der Klägerin an der Übermittlung überwiegen. Das ergibt sich aus denselben Gründen, die beim Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten sind.

(bbbb) Das gilt aber auch, wenn man allein auf Artikel 6 Absatz 4 DS-GVO und die dort niedergelegten Maßstäbe für eine zweckändernde Datenverarbeitung abstellt.

Danach hängt die Rechtmäßigkeit der Zweckänderung unter anderem von einer Verbindung des ursprünglichen mit dem neuen Zweck ab, dem Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, der Art der Daten, die Folgen der Verarbeitung für die betroffenen Personen und dem Vorhandensein von Garantien wie die Verschlüsselung. Vorliegend ist der innere Zusammenhang der Verwendung mit dem Ursprungszweck sehr eng. Es geht im weiteren Sinne um Risiken, die im Vertragsschluss über einen oder eine Vermittler*in angelegt sind. Auseinandersetzungen über Provisionen und Geschäftsgebaren sind bei einer Vermittlung von Geschäften durch eine Agentur, die sich ihrerseits Handelsvertreter*innen bedient, als Möglichkeit absehbar. Die Daten, um die es hier geht, sind auch weder sehr persönlich, noch droht durch ihre Verwendung bei Gericht den Kund*innen ein erheblicher Nachteil. Sie können allenfalls als Zeug*innen in einem rechtsstaatlichen Verfahren in Betracht kommen.

(ccc) Die Verarbeitung des Vorbringens der Klägerin durch das Gericht stützt sich auf Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe e DS-GVO. Sie dient der Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem erkennenden Gericht übertragen wurde. Die nach Artikel 6 Absatz 3 Satz 1 Buchstabe b DS-GVO erforderliche nationale Rechtsgrundlage findet sich im Arbeitsgerichtsgesetz. Dieses Gesetz legt entsprechend Artikel 6 Absatz 3 Satz 2 DS-GVO auch den Zweck der Verarbeitung fest, nämlich die Entscheidung streitiger Rechtssachen wie des vorliegenden Rechtsstreits. Auch die Voraussetzungen von Artikel 6 Absatz 3 Satz 4 DS-GVO liegen vor. Mit dem Arbeitsgerichtsgesetz wird ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt. Diese besteht in der Durchführung einer Verhandlung durch ein unabhängiges, unparteiisches und durch Gesetz errichtetes Gericht in einem fairen Verfahren (vergleiche Artikel 47 Absatz 2 Satz 1 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union)). Die Verarbeitung des Sachvortrages steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu diesem legitimen Zweck. Die Berücksichtigung rechtmäßig bei dem Gericht angebrachten Sachvortrages zur Entscheidung eines Prozesses nach den gesetzlichen Vorgaben ist anders als durch gerichtliche Verarbeitung nicht möglich.

(cc) Grundrechte der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind nicht zur Beurteilung heranzuziehen (vergleiche LAG Berlin-Brandenburg 5. September 2022 – 21 Sa 2/22 – unter II 2 c bb der Gründe, demnächst in juris).

Die Rechtslage ist durch Artikel 6 Absatz 4 DS-GVO mitgeprägt, der ausdrücklich die Möglichkeit einer nationalen Regelung vorsieht. Zudem wird in Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe e in Verbindung mit Absatz 3 Satz 1 Buchstabe b DS-GVO für die Verarbeitung durch öffentliche Stellen auf das Recht der Mitgliedsstaaten verwiesen. Da somit – anders als sonst im Datenschutzrecht (vergleiche BGH 3. Mai 2022 – VI ZR 832/20 – Rn. 18) – keine unionsrechtliche Vollharmonisierung vorliegt, sind bei der grundrechtlichen Beurteilung grundsätzlich die grundgesetzlichen Grundrechte und nicht die der Charta der Grundrechte der Europäischen Union heranzuziehen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Charta weitergehende Grundrechte als das Grundgesetz enthält (BVerfG 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 – Rn. 41 ff. – „Recht auf Vergessen I“), hier also – wie geschehen – Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG.

bb) Der Beklagte hat für den in den Anträgen genannten Zeitraum, während dessen zwischen den Parteien noch ein Handelsvertreterverhältnis bestand, Auskunft im ausgeurteilten Umfang zu erteilen.

(1) Die Reichweite der zu erteilenden Auskunft ergibt sich aus der Funktion des Auskunftsanspruchs. Auskunft ist zu erteilen über Umstände, die zur Prüfung und Bezifferung des materiellrechtlichen Anspruchs, hier des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, erforderlich sind (LAG Berlin-Brandenburg 5. September 2022 – 21 Sa 2/22 – unter II 2 a d aa (1) der Gründe, demnächst in juris, für die vergleichbare Situation im Arbeitsverhältnis). Zu erteilen sind die Auskünfte, die notwendig sind, damit der oder die Unternehmer*in die Lage versetzt wird, Anhaltspunkte für eine Schadensbezifferung jedenfalls in Form einer Schätzung nach § 287 ZPO zu erhalten. Das kann auch Auskünfte über die durch unzulässigen Wettbewerb getätigten Geschäfte erfordern, weil diese als Grundlage einer Schadensschätzung dienen können (vergleiche BGH 26. September 2013 – VII ZR 227/12 – Rn. 15).

(2) Dafür bedarf es der ausgeurteilten Auskünfte.

(a) Die Verurteilung zu den unter I. 1. genannten Auskünften beruht darauf, dass die Klägerin in die Lage versetzt werden muss, den Schaden verlässlich zu beziffern, der sich aus Geschäften ergibt, die der Beklagte während der Dauer des Vertragsverhältnisses unter Umgehung der Klägerin vermittelt hat, also in dem Produktfeld, das er für die Klägerin vertrieb. Die Einzelheiten des jeweiligen Geschäfts benötigt die Klägerin, um feststellen zu können, welche Provisionen ihr durch die Tätigkeit entgangen sind. Dabei ist davon auszugehen, dass der vom Beklagten tatsächlich getätigte Umsatz eine Grundlage für die Schätzung des der Klägerin entstandenen Schadens darstellt. Dabei dient das Datum des abgeschlossenen Geschäfts der sicheren Zuordnung zum Zeitraum der Vertragslaufzeit und die Angabe möglicher Änderungen der Berechnung entgangener Provisionsansprüche, da diese von der Vertragsentwicklung abhängen können (§ 87a Absatz 2 HGB).

(b) Soweit der Beklagte dazu verurteilt wurde, Auskunft darüber zu geben, bei welchen Kund*innen er selbst oder über Dritte Beitragsfreistellungen oder Reduzierungen, den Widerruf oder eine andere Ablösung eines über die Klägerin vermittelten Vertrages angeregt hat, so sind diese Informationen erforderlich, um festzustellen, welche provisionsschädlichen Handlungen von Kund*innen der Klägerin durch ihn angeregt wurden. Eine derartige Anregung ist regelmäßig ein Verstoß gegen das Gebot der Interessenwahrnehmung unabhängig davon, ob der oder die Kund*in stattdessen vermittelt durch den Beklagten oder Dritte andere Geschäfte abgeschlossen hat oder nicht. Zur Prüfung und Durchsetzung der sich daraus möglicherweise ergebenden Schadensersatzansprüche und deren Bezifferung bzw. der Einführung von Grundlagen der Schadensschätzung in einen Prozess bedarf die Klägerin der Angaben. Das betrifft sowohl Angaben zum Geschäft als auch die Namen der Kund*innen. Denn nur so kann die Klägerin anhand eigener Unterlagen die Richtigkeit der maßgeblichen Tatsachen überprüfen (LAG Berlin-Brandenburg 5. September 2022 – 21 Sa 2/22 – unter II 2 a d aa (1) der Gründe, demnächst in juris, für die vergleichbare Situation im Arbeitsverhältnis).

(c) Aus denselben Gründen hat der Beklagte der Klägerin auch Auskunft darüber zu erteilen, welche Kund*innen er zur Beendigung der Betreuung durch die Klägerin veranlasst hat.

cc) Den Auskunftsansprüchen stehen auch weder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch das Datenschutzrecht entgegen, auch nicht, soweit der Beklagte verpflichtet ist, die Namen der Kund*innen anzugeben.

(1) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kund*innen ist aus den oben angeführten Gründen kein rechtliches Hindernis für die Übermittlung. Zwar ist es berührt, weil ihre Daten nunmehr nach anderen Gesichtspunkten geordnet werden als ursprünglich, nämlich danach, ob der Beklagte sie zu einem bestimmten Umgang mit ihren Verträgen angeregt hat. Das ist aber für die Kund*innen in keiner Weise belastend und ändert deshalb an der Abwägung nichts.

(2) Ebenso wenig spricht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Beklagten gegen die Übermittlung. Er hat kein berechtigtes Interesse daran, durch sein Schweigen die Geltendmachung berechtigter Ansprüche gegen ihn zu verhindern.

(3) Das Datenschutzrecht steht der Übermittlung ebenfalls nicht entgegen.

(a) Allerdings verlangt die Auskunft vom Beklagten eine Verarbeitung von Daten im datenschutzrechtlichen Sinne.

Nach Artikel 4 Nr. 2 DS-GVO ist unter Verarbeitung jeder Vorgang oder jede Vorgangsreihe in Zusammenhang mit personenbezogenen Daten zu verstehen. Dazu gehören das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung. Personenbezogene Daten sind nach Artikel 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person, die „betroffene Person“ im Sinne der Verordnung, beziehen. Der Beklagte ist verpflichtet, die Daten der Kund*innen als betroffene Personen danach zu organisieren, ob er auf ihre vertraglichen Entscheidungen Einfluss genommen hat und die so gewonnenen Daten an die Klägerin zu übermitteln.

Nur soweit der Beklagte Daten bezogen auf sich selbst verarbeiten soll, liegt keine Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung vor. Aus deren Systematik ergibt sich, dass betroffene Person ein Dritter sein muss. Denn die Verordnung unterscheidet deutlich zwischen der betroffenen Person (Artikel 4 Nr. 1) und dem oder der Verantwortlichen für die Verarbeitung (Artikel 4 Nr. 7).

(b) Die Datenschutz-Grundverordnung erlaubt die Auskunftserteilung jedoch auch hinsichtlich der Kund*innen. Denn die Auskunft dient der Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus § 241 Absatz 2 BGB und damit einer rechtlichen Verpflichtung, der der Beklagte als für die Datenverarbeitung Verantwortlicher (Artikel 4 Nr. 2 und 7 DS-GVO) unterliegt (Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c DS-GVO).

(c) Daran ändert sich aus den oben genannten Gründen auch nicht deshalb etwas, weil der Beklagte die Daten der Kund*innen zu anderen Zwecken zu verwenden hat als sie ursprünglich gesammelt wurden.

(d) Die Erteilung der Auskünfte ist dem Beklagten nicht unmöglich. Es handelt sich um Auskünfte, die er weitgehend an seiner Unterlagen geben kann. Zudem befand sich der Beklagten in einer Phase geschäftlicher Umorientierung, deren Einzelheiten Menschen typischerweise im Gedächtnis behalten.

(4) Wegen dieser Zweckänderung unterfällt der Vorgang der Öffnungsklausel in Artikel 6 Absatz 4 DS-GVO, so dass er im Hinblick auf die Grundrechte der Kund*innen aus den genannten Gründen allein nach dem Grundgesetz, nicht nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu beurteilen ist.

dd) Der Anspruch ist nicht, auch nicht teilweise erfüllt (§ 362 Absatz 1 BGB). Der Beklagte hat ausdrücklich erklärt, Vortrag im vorliegenden Verfahren nicht zur Erfüllung von Auskunftsansprüchen geleistet zu haben. Damit verbietet sich eine Bewertung seines Vortrages in diesem Sinne.

b) Die darüber hinaus geltend gemachten Auskunftsansprüche bestehen nicht. Insoweit war die Klage deshalb abzuweisen. Das betrifft die in die Berufung gelangten zulässigen Klageanträge zu I. 1. f) und k), zu I. 2., soweit das Auskunftsverlangen über solche Fälle hinausgeht, in denen der Beklagte eine Vertragsänderung tatsächlich veranlasst hat, zu I. 3. und zu I. 6., soweit der Beklagte Auskunft über die Datennutzung über eine Konkurrenztätigkeit hinaus geben soll, zu I. 7., soweit der Beklagte Auskunft zum Versuch, einen Betreuerwechsel zu veranlassen, erteilen soll und soweit die Klägerin mehr Auskunft verlangt als den vollständigen Namen der betroffenen Kund*innen.

aa) Soweit die Klägerin im Rahmen des Klageantrages zu I. 1. f) und k) auch Auskünfte über Versicherungsschein/Vertragsnummer sowie den vom Beklagten tatsächlich erlangten Provisionserlös verlangt, gibt es für dieses Begehren keine Rechtsgrundlage.

(1) Der Antrag kann nicht auf § 241 Absatz 2 BGB unter dem Gesichtspunkt der Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen gestützt werden.

Diese Angaben sind neben den Auskunftspflichten, zu denen der Beklagte zu verurteilen war, zur Darlegung eines Schadensersatzanspruchs nicht erforderlich. Die ausgeurteilten Auskunftsansprüche ermöglichen es der Klägerin, die nach ihrem Provisionssystem maßgeblichen Tatsachen zu erfahren und die ihr entgangenen Provisionen zu beziffern. Weiterer Angaben bedarf es nicht. Eine Schadensschätzung anhand der vom Beklagten anderweitig erzielten Erlöse ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich.

(2) Ebenso wenig kann die Klägerin den Antrag auf die Berichtspflicht des Beklagten nach § 86 Absatz 2 HGB und § 666 BGB stützen.

(a) Nach § 86 Absatz 2 HGB hat der oder die Handelsvertreter*in dem oder der Unternehmer*in die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm oder ihr von jeder Geschäftsvermittlung und jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Diese Verpflichtung deckt sich mit der ähnlich formulierten Regelung in § 666 BGB, wobei dieser ergänzend – jedenfalls – auf ein Verlangen des Auftraggebenden auch eine Auskunftspflicht über den Stand des Geschäfts begründet (Hopt, HGB 41. Auflage § 86 Rn. 40). Ein solches Verlangen liegt hier durch die Klage vor.

Die Berichtspflicht besteht auch nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses fort, soweit es um Vorgänge während des Bestehens des Vertragsverhältnisses geht. Denn es ist kein Rechtsgrund ersichtlich, warum sich der oder die Handelsvertreter*in einer bestehenden Rechtspflicht entziehen können sollte, indem er oder sie die Auskunft bis zum Ablauf des Vertrages nicht erteilt. Allerdings kommt eine Berichtspflicht schon ihrem Zweck nach, jedenfalls aber wegen des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von Treu- und Glauben dann nicht in Betracht, wenn die Auskunft für den oder die Unternehmer*in keinen Nutzen mehr hat (vergleiche OLG (Oberlandesgericht) München 30. Juni 2016 – 23 U 3265/15 – unter II 1.1.2. der Gründe mwN auch zu anderen Ansichten, ZVertriebsR (Zeitschrift für Vertriebsrecht) 2017, 196). Eine Berichtspflicht besteht zudem auch dann nicht, wenn sie dem oder der Handelsvertreter*in nicht zumutbar ist, etwa, weil seine oder ihre Selbstständigkeit zu sehr beeinträchtigt wird (BGH 24. September 1987 – I ZR 243/85 – unter II 1 der Gründe, DB 1988, 41).

Der Inhalt der Berichtspflicht ergibt sich aus den vom Gesetz genannten Beispielen, die sich auf den Abschluss von Geschäften beziehen. Der oder die Handelsvertreter*in hat also Auskunft über alles zu erteilen, was für die Geschäftstätigkeit erforderlich ist. Das erfasst nicht nur Angaben zu einzelnen Geschäften, sondern auch zu den Umständen, die für den Abschluss weiterer Geschäfte nützlich oder schädlich sein können, wie beispielsweise Kundenverhalten und -struktur (siehe dazu die vom OLG München im Urteil vom 30. Juni 2016 – 23 U 3265/15 – unter II 1.1.3. der Gründe, ZVertriebsR 2017, 196 genannten Fallgruppen) oder die allgemeine Marktlage (BGH 24. September 1987 – I ZR 243/85 – unter II 1 der Gründe, DB 1988, 41).

(b) Danach kann die Klägerin Angaben zum „Versicherungsschein/Vertragsnummer“ und zu den vom Beklagten erzielten Erlösen nicht verlangen. Denn es ist unter keinem Gesichtspunkt ersichtlich, dass diese der Klägerin für ihre weitere Geschäftstätigkeit oder die Abwicklung bereits bestehender Geschäfte nützlich sein könnten.

bb) Die mit dem Klageantrag zu I. 2. verlangte Auskunft ist der Beklagte nicht verpflichtet zu erteilen, soweit er Kund*innen zu Änderungen an ihrem Vertrag zwar geraten, eine solche Änderung indessen nicht veranlasst hat.

(1) Der Anspruch folgt nicht aus § 241 Absatz 2 BGB. Denn die Auskunft ist für die Schadensbezifferung nicht erforderlich. Schadensersatzansprüche der Klägerin können nur dann entstanden sein, wenn der Beklagte die im Antrag aufgezählten Vertragsänderungen tatsächlich veranlasst hat.

(2) Die Klägerin kann den Anspruch auch nicht auf die Berichtspflicht aus § 86 Absatz 2 HGB, § 666 BGB stützen. Erfolglose Versuche des Klägers, Kund*innen zu den bezeichneten Vertragsänderungen zu veranlassen, haben keine Auswirkungen auf die weitere Geschäftstätigkeit der Klägerin oder ihr Verhältnis zu den Kund*innen, da sich dieses ja gerade als stabil erwiesen hat.

(3) Der Klageantrag war daher abzuweisen, soweit die Klägerin auch insoweit Auskunft begehrt. § 308 Absatz 1 ZPO steht der teilweisen Abweisung nicht entgegen.

(a) Nach § 308 Absatz 1 ZPO ist das Gericht allerdings nicht befugt, einer Partei etwas zu- oder abzusprechen, was nicht beantragt ist. Die Regelung ist Ausdruck der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime. Das Gericht darf nur über den geltend gemachten Anspruch und Streitgegenstand entscheiden. Die Antragsbindung besteht sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht (vergleiche etwa BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 864/12 – Rn. 16 mwN). Das Gericht darf und muss ein „Weniger“ zuerkennen, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um ein „Weniger“, sondern um etwas „Anderes“ handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (vergleiche BAG 19. Mai 2015 – 3 AZR 771/13 – Rn. 20 mwN; zum Ganzen auch BAG 19. Juli 2016 – 3 AZR 134/15 – Rn. 18).

(b) Die Auslegung des Klageantrages ergibt, dass es der Klägerin darum ging, alle Informationen zu erhalten, die auf eine Veranlassung von Vertragsänderungen durch den Beklagten hindeuten könnten. Soweit sich die Kammer daher darauf beschränkte, der Klägerin lediglich die Informationen abzusprechen und die Klage abzuweisen, bei denen der Beklagte keine Vertragsänderungen veranlasst hat, war der unbegründete Teil der Klage als „Mehr“ im Klageantrag enthalten und die Erfolglosigkeit des Begehrens konnte auf diesen Teil des Antrages beschränkt werden.

cc) Der Klageantrag zu I. 3. ist als Globalantrag unbegründet.

(1) Ein Globalantrag, der eine Vielzahl von Fallgestaltungen erfasst, ist in vollem Umfang als unbegründet abzuweisen, wenn es darunter Fallgestaltungen gibt, in denen sich der Antrag als unbegründet erweist. Das Gericht darf nicht dahin erkennen, dass der geltend gemachte Anspruch unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben ist, die nicht zum Inhalt des Anspruchs erhoben worden sind. Eine solche Tenorierung würde sich nicht mehr im Rahmen des Antrags halten (§ 308 ZPO). Es würde nicht weniger als beantragt zugesprochen, sondern etwas Anderes (BAG 17. Januar 2019 – 6 AZR 17/18 – Rn. 29).

(2) Der Klageantrag erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Beklagte nicht zur Auskunft verpflichtet ist. Das gilt für die Fälle, in denen er die Kund*innen über sein weiteres geplantes berufliches Leben unterrichtet hat, weil sich die Kund*innen aufgrund des Schreibens der Klägerin, mit denen ihnen ein weiterer Ansprechpartner zugeteilt wurde, beim Beklagten nach den Hintergründen erkundigten. Dass es derartige Fälle gab, ist naheliegend. Denn wenn Kund*innen, die über viele Jahre durch eine bestimmte Person wie hier den Beklagten betreut worden sind, plötzlich andere Personen als Ansprechpartner zugeteilt werden und sei es auch nur zusätzlich, löst dies naturgemäß Fragen nach dem Grund aus.

(a) Ein Auskunftsanspruch nach § 241 Absatz 2 BGB zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen scheidet in diesen Fällen aus, da der Beklagte nicht verpflichtet war, derartige Nachfragen nicht oder ausweichend dahingehend zu beantworten, er könne dazu nichts sagen. Dies wäre dem Beklagten im Hinblick auf die teilweise langjährige Verbundenheit mit den Kund*innen schlicht nicht zuzumuten. Aber, selbst wenn man das anders sähe, hätte die Klägerin die wesentliche Ursache für das Verhalten des Beklagten selbst gesetzt, weshalb Schadensersatzansprüche an ihrem überwiegenden Mitverschulden nach § 254 BGB scheitern würden. Damit entfällt auch der Auskunftsanspruch.

(b) Ein Auskunftsanspruch nach § 86 Absatz 2 HGB und § 666 BGB scheitert daran, dass insoweit unklar ist, welchen Nutzen die Auskunft für die Klägerin haben soll, nachdem zwischenzeitlich alle Kund*innen wissen, dass der Beklagte nicht mehr für die Klägerin tätig ist, und sich darüber informieren können, welcher beruflichen Tätigkeit er nunmehr nachgeht.

(3) Eine eingeschränkte Verurteilung des Beklagten bezogen auf die Fälle, in denen er nicht veranlasst durch das Schreiben der Klägerin auf seine geplante berufliche Entwicklung hingewiesen hat, scheitert – lebensnah betrachtet – an den tatsächlichen Verhältnissen. Es erscheint ausgeschlossen, dass der Beklagte insoweit aus dem Gedächtnis die entsprechenden Unterscheidungen sicher treffen kann. Die Auskunftserteilung ist dem Beklagten unmöglich.

dd) Der Klageantrag zu I 6. ist, soweit er zulässig ist, unbegründet.

(1) Letztlich richtet sich der zulässige Teil des Antrages darauf, der Beklagte solle erklären, ob er – auch durch Weitergabe von Daten an Dritte – in irgendeiner Weise über die Konkurrenztätigkeit hinaus Missbrauch mit den ihm zur Verfügung stehenden Daten getrieben hat. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten hat die Klägerin eine derartige Auskunft während des gesamten Verfahrens begehrt. Sie hat darauf jedoch keinen Anspruch.

(2) Ein Anspruch aus § 241 Absatz 2 BGB zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen scheidet aus. Es gibt für eine derartige Verhaltensweise keinen hinreichenden Verdacht. Die Klägerin hat keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte vorgetragen, die auf einen solche Verdacht schließen lassen könnten. Die Konkurrenztätigkeit des Beklagten bzw. der Verdacht einer Konkurrenztätigkeit gibt dafür nichts her, denn ein Datenmissbrauch ist gegenüber bloßer Konkurrenztätigkeit eine weitere Stufe rechtswidrigen Verhaltens. Soweit der Beklagte aus dem Gedächtnis Informationen über Kund*innen nach dem Ende des Vertragsverhältnisses nutzt, ist dies rechtlich ohnehin nicht zu beanstanden.

(3) Auch ein Anspruch aus § 86 Absatz 2 HGB oder § 666 BGB scheidet aus. Zwar betrifft die Auskunft die Abwicklung bestehender Verträge und ist deshalb inhaltlich an sich von der durch diese Vorschriften begründeten Berichtspflicht gedeckt. Die Bestimmungen haben jedoch nicht den Zweck, durch Behauptungen ins Blaue hinein dem oder der Handelsvertreter*in Auskunftspflichten aufzuerlegen. Eine derartige Verpflichtung wäre unzumutbar.

ee) Der Klageantrag zu I. 7. ist unbegründet, soweit er über den ausgeurteilten Auskunftsanspruch hinausgeht.

(1) Das gilt zunächst, soweit die Klägerin auch Auskunft über Versuche des Beklagten, einen Betreuerwechsel herbeizuführen, begehrt. Eine Pflicht zur Auskunft nach § 241 Absatz 2 BGB zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen scheidet aus, weil der bloße Versuch keinen Schadensersatzanspruch begründen kann. Ein Auskunftsanspruch aufgrund der Berichtspflicht nach § 86 Absatz 2 HBG und § 666 BGB besteht nicht, weil die Information unter keinem Gesichtspunkt von Interesse für die Klägerin ist.

(2) Angaben zur Frage, ob ein Betreuerwechsel tatsächlich vollzogen wurde und der Angabe des Datums des Schreibens, mit dem der oder die Kund*in den Wechsel angezeigt hat, das Datum des Gesprächs, mit dem der Betreuerwechsel veranlasst wurde, sind nicht geschuldet (Klageantrag zu I. 7. b) und e)). Mit der Kenntnis des Namens des oder der Kund*in und der Tatsache, dass der Beklagte den Wechsel innerhalb der Vertragsdauer veranlasst hat, kann die Klägerin die notwendigen Tatsachen zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs ihren eigenen Unterlagen entnehmen. Die Auskunft ist deshalb nicht erforderlich im Sinne von § 241 Absatz 2 BGB. Auch ein Anspruch aus § 86 Absatz 2 HGB oder § 666 BGB liegt nicht vor. Die Angabe dient auch nicht der Abwicklung von Geschäften, da sie infolge des Zeitablaufs insoweit für die Klägerin keinen Nutzen mehr hat.

(3) Soweit die Klägerin Auskunft über den Inhalt von Gesprächen fordert, mit denen der Beklagte den Betreuerwechsel herbeigeführt hat (Klageantrag zu I. 7. f)), sind diese Informationen für einen möglichen Schadensersatzanspruch völlig unerheblich, so dass ein Anspruch nach § 241 Absatz 2 BGB ausscheidet. Es ist auch für eine Nachbearbeitung unter Verwendung dieser Kenntnisse zu spät, weshalb eine Berichtspflicht nach § 86 Absatz 2 HGB oder § 666 BGB insoweit ebenfalls nicht mehr Betracht kommt.

(4) Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit den Klageanträgen zu I. 7. c), d) und g) durchdringen. Mit diesen Anträgen begehrt die Klägerin letztlich Auskunft darüber, welche Dritte von der Konkurrenztätigkeit des Beklagten profitiert haben. Eine derartige Auskunftspflicht besteht jedoch nicht.

(a) Für die Begründung oder Bezifferung von Schadensersatzansprüchen gegen den Beklagten ist die Auskunft ohne jede Bedeutung. Ein Anspruch nach § 241 Absatz 2 BGB zur Vorbereitung der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen unter diesem Gesichtspunkt scheidet daher aus.

(b) Ebenso wenig besteht ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Berichtspflicht nach § 86 Absatz 2 HGB und § 666 BGB. Diese Bestimmungen dienen der Sicherung von Informationen zur Geschäftsabwicklung, nicht zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen gegen Dritte; insoweit richtet sich die Auskunftspflicht nach Treu und Glauben (vergleiche OLG München 30. Juni 2016 – 23 U 3265/15 – unter II 1.1.5. der Gründe, ZVertriebsR 2017, 196).

Soweit die Klägerin argumentiert, sie habe unter dem Gesichtspunkt der Marktbeobachtung ein Interesse daran, welche ihrer Konkurrenzunternehmen bereit sind, mit einem Handelsvertreter zusammen zu arbeiten, der Konkurrenztätigkeiten ausführt und das ohne Registrierung als Vermittler, dringt sie auch damit nicht durch. Der Beklagte könnte eine derartige Auskunft mit ziemlicher Sicherheit nur erteilen, indem er seine Vertragsbeziehungen zu seinen derzeitigen Geschäftspartner*innen belastet oder gar gefährdet. Das ist ihm nicht zuzumuten, schon um seine durch das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 GG geschützte und nunmehr auch im Verhältnis zur Klägerin rechtlich zulässige berufliche Entwicklung nicht zu gefährden.

(c) Schließlich folgt der Anspruch auch nicht aus § 242 oder § 241 Absatz 2 BGB unter dem Gesichtspunkt einer nachvertraglichen Rücksichtnahmepflicht. Diese geht nicht so weit, dem oder der ehemaligen Vertragspartner*in Informationen zu liefern, die geeignet sind, die eigene wirtschaftliche Handlungsfähigkeit zu gefährden, möglicherweise sogar gegen eine Rücksichtnahmepflicht aus bestehenden Verträgen zu verstoßen. Die Klägerin ist durch mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten ausreichend geschützt.

c) Über die in die Berufung gelangten Hilfsanträge ist nicht zu entscheiden. Sie sind nur für den Fall gestellt, dass das Gericht zu dem Ergebnis kommt, der Beklagte habe seine Auskunftspflichten bereits teilweise erfüllt, also die Klage unter diesem Gesichtspunkt abweist. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1 Satz 1, § 516 Absatz 3 Satz 1 ZPO. Danach haben die Parteien die Kosten des Berufungsverfahrens im Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen bis auf die Kosten, die auf den zurückgenommenen Teil der klägerischen Berufung entfallen. Diese hat die Klägerin zu tragen.

IV. Die Revision war für beide Parteien nach § 72 Absatz 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Schlagwörter
Konkurrenztätigkeit (3) Handelsvertreter (37) Auskunftsanspruch (14) § 86 Abs. 2 HGB (1) § 86 Abs. 1 HGB (1) § 666 BGB (1)