Rechtsweg für Rechtsstreit zwischen Franchisegeber und Franchisegeber
I- 6 W 59/01 Beschluss verkündet am 20. März 2002 OLG Düsseldorf FranchiserechtOberlandesgericht Düsseldorf
Im Namen des Volkes
Beschluss
[…]
Tatbestand
Am 06.03.1998 schlossen die Parteien einen schriftlichen Franchisevertrag, in dem es unter anderem heißt:
§ 1. Grund und Zweck
1. Der Franchise Geber „V.F.“ hat ein Ladensystem entwickelt, das so genannte „V.F.“ System, und betreibt selbst oder durch Dritte Geschäfte unter Verwendung dieses Ladensystems in der Bundesrepublik Deutschland.
2. Das „V.F.“ System ist ein umfassendes Ladensystem zur Abgaben einer bestimmten Auswahl von einheitlichen Qualitätsprodukten an den Endverbraucher, wobei auf schnelle und höfliche Bedienungen in einem sauberen, zweckdienlichen Ladengeschäft besonderer Wert gelegt wird.
§ 2. Gegenstand des Vertrages
1. Der Franchise Geber gewährt dem Franchise Nehmer das Recht, a) einen Laden nach dem „V.F.“ System einzurichten und zu führen und zwar in H. …
§ 4. Pflichten des Franchise Nehmers
1. Der Franchise Nehmer ist verpflichtet, das ihm nach § 2 Abs. 1 dieses Vertrages zustehende Recht nur im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszuüben und anzuwenden. Der Franchise Nehmer hat die vorstehend genannten Rechte mit der erforderlichen Sorgfalt selbst und unter persönlichem Einsatz in vollem Umfang auszuüben.
2. Der Franchise Nehmer erkennt an, dass das gesamte „V.F.“ System vollinhaltlich für den Betrieb des Ladens nach diesem Vertrag erforderlich und unabdingbar ist. Dies gilt insbesondere für die jeweiligen von dem Franchise Geber festgelegten Artikel und Rezepte, die Einheitlichkeit des Sortiments, das Verfahren bei der Befüllung der Behälter, die Anweisung, in welchem Behälter welches Produkt hineingefüllt wird, sowie die Einheitlichkeit der Einrichtung und Ausstattung des Ladens und die Richtlinien im Hinblick auf die Bedienung der Kunden.
Der Franchise Nehmer verpflichtet sich, das „V.F.“ System anzuwenden und die entsprechenden Grundsätze und Richtlinien zu beachten.
Hierbei gilt folgendes:
a) Der Laden muss immer in sauberer und zweckmäßiger Weise entsprechend den vorgeschriebenen Qualitäts-, Bedienungs- und Reinlichkeitsbestimmungen und Richtlinien, in Übereinstimmung mit den von dem Franchise Geber aufgestellten Geschäftsrichtlinien, Praktiken und Verfahren geführt werden.
Im Laden müssen und dürfen nur die vom Franchise Geber bestimmten Produkte und Artikel vertrieben werden. Die Baulichkeiten, die Ladeneinrichtung und, soweit vorhanden, der Kundenparkplatz und der Außenbereich (Umgriff) sind in gutem, sauberen, zweckmäßigen, gut beleuchteten Zustand entsprechend den von dem Franchise Geber festgelegten Maßstäben und Richtlinien zu halten.
b) Auf eigene Rechnung hat der Franchise Nehmer Ladeneinrichtung, Regale, Fässer und Behälter und sonstige Ausstattung, entsprechend den Richtlinien des Franchise Gebers festgelegten oder gebilligten Layouts, zu erwerben und auf Anforderung des Franchise Gebers den Einbau unverzüglich vorzunehmen. Soweit der Franchise Geber über vorgezeichnete Gegenstände Verträge abgeschlossen hat, verpflichtet sich der Franchise Nehmer, in diese unter Entlassung des Franchise Gebers einzutreten.
c) Ebenfalls auf eigene Rechnung hat der Franchise Nehmer die Baulichkeiten des Ladens und die Einrichtung in Übereinstimmung mit den vorgegebenen Bauzeichnungen und Einrichtungs und Layoutplänen des „V.F.“ Systems zu erhalten und etwaige Änderungen dieser Bestimmungen und Pläne durch den Franchise Geber durchzuführen, soweit sie dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit entsprechend und dem Erhalt der Corporate Identity dienen.
d) Der Franchise Nehmer darf nicht ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung durch den Franchise Geber die Baulichkeiten des Ladens, die Einrichtung und, soweit ein Parkplatz und/oder Außenbereich (Umgriff) vorhanden, dessen Ausgestaltung verändern.
g) Der Franchise Nehmer hat den Laden unter Einhaltung der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten so lange wie möglich geöffnet zu halten. Dabei kann sich der Franchise Nehmer an den örtlichen Gepflogenheiten orientieren.
h) Der Franchise Nehmer hat dafür Sorge zu tragen, dass seine Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im Laden ordentlich gekleidet sind, weder rauchen noch Alkohol konsumieren, gepflegt und sauber aussehen und dass die Kunden vom Personal sachkundig und höflich bedient werden.
j) Der Franchise Nehmer ist gegenüber dem Franchise Geber verpflichtet, Dritten alle berechtigten Forderungen im Hinblick auf den Kauf von Zubehör, Anlagen der Außenwerbung, Einrichtungsgegenständen, Verpackungsmittel sowie sonstigen Produkten entsprechend den jeweiligen Zahlungsbedingungen unverzüglich zu befriedigen.
3. Der Franchise Geber ist berechtigt, den Laden des Franchise Nehmers zu angemessenen Zeiten zu überprüfen, um sicherzustellen, dass der Betrieb des Ladens durch den Franchise Nehmer den Grundsätzen, Maßstäben und Richtlinien des „V.F.“ Systems entspricht.
4. a) Spätestens am 10. Werktag eines jeden Monats hat der Franchise Nehmer dem Franchise Geber einen Bericht über den Umsatz des Franchise Nehmers, unter Verwendung der vom Franchise Geber überlassenen Formulare für den unmittelbare vorangegangenen Kalendermonat zu übermitteln.
b) Spätestens am 15. eines jeden Kalendermonats hat der Franchise Nehmer dem Franchise Geber einen Bericht über den Betrieb, und zwar im Hinblick auf die betrieblichen Vorgänge und statistischen Angaben des Ladens, insbesondere über Vorkommnisse und andere mitteilungswerten Umstände des vorangegangenen Kalendermonats zu übermitteln, und zwar in einem vom Franchise Geber zur Verfügung gestellten Formular.
c) Weiterhin hat der Franchise Nehmer dem Franchise Geber seine jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen, vorläufige und rechtskräftige Umsatzsteuerbescheide unverzüglich in Kopie zu übersenden.
d) Der Franchise Nehmer hat vollständige und umfassende Aufzeichnungen hinsichtlich der erzielten Bruttoeinkünfte anzufertigen und diese mindestens fünf Jahre aufzubewahren. Außerdem hat der Franchise Nehmer dem Franchise Geber auf Verlangen in der von dem Franchise Geber nach billigem Ermessen geforderten Art und Weise alle sonstigen Auskünfte über den Betrieb, die Betriebsführung und die finanzielle und wirtschaftliche Lage des Betriebes zu übermitteln. Hierfür wird die Form einer Buchführung (Journal, Konten) akzeptiert.
7. Der Franchise Nehmer ist verpflichtet, die vorherige ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Franchise Gebers einzuholen, wenn er die Geschäftseinrichtung nicht von einem ihm vom Franchise Geber benannten Lieferanten beziehen will.
…
In der jeweils gültigen Preisliste (Ordersatz oder Bestelllisten) erhält der Franchise Nehmer das Sortiment, das ihm zur Verfügung steht und worüber er sein eigenes Sortiment gestalten kann.
Ein Teil dieser Waren gehört zum Kern bzw. Stammsortiment. Diese Artikel werden vom Franchise Geber gesondert gekennzeichnet. Dieses Kern bzw. Stammsortiment gehört zur grundlegenden Idee des „V.F.“ Franchise Systems und wird laufend durch Werbung forciert werden. Aus diesem Grunde heraus müssen diese Artikel von jedem Franchise Nehmer in ihren Ladengeschäften geführten werden. Der sonstige Artikelstamm steht den Franchise Nehmer frei zur Verfügung.
8. Der Franchise Nehmer ist in der Gestaltung der Endverkaufspreise frei. Der Franchise Nehmer erhält jedoch vom Franchise Geber Kalkulationshilfen. Außerdem sind die vom Franchise Geber vorgeschlagenen Kalkulationshilfen so zu gestalten, dass für den Franchise Nehmer ein wirtschaftliches Betreiben des Ladengeschäftes möglich ist.
§ 5. Werbung und Absatzförderung
1. Der Franchise Geber hat Werbeprogramme für das „V.F.“ System für regionale und überregionale Werbung von Werbefachleuten entwickelt oder wird sie entwickeln lassen.
2. Der Franchise Nehmer ist verpflichtet, nur das von dem Franchise Geber zur Verfügung gestellte oder vorher genehmigte Werbe und Absatzförderungsmaterial sowie Werbeprogramme für seine Werbung zu verwenden. Diese Werbemittel werden zum großen Teil kostenlos zur Verfügung gestellt oder zum kalkulierten Selbstkostenpreis weitergegeben.
3. a) Der Franchise Nehmer führt auf eigene Kosten Werbemaßnahmen durch und betreibt für seinen Laden auf eigene Kosten Absatzförderung. Der Franchise Geber übernimmt und erstattet hierfür keine Kosten. Die Aufwendungen des Franchise Nehmers für Werbung und Absatzförderung sollten nicht höher als 2 % (zwei von Hundert) der Bruttoeinkünfte des Franchise Nehmers im Sinne des § 6 dieses Vertrages betragen. Der Franchise Nehmer hat zur Überprüfung dieser Aufwendungen die gleichen Pflichten und der Franchise Geber die gleichen Rechte, wie sie in § 4 Abs. 4 dieses Vertrages geregelt sind.
…
§ 8. Wettbewerbsverbote
1. Der Franchise Nehmer verpflichtet sich, während der Laufzeit des Franchise Vertrages weder unmittelbar noch mittelbar, selbst oder durch Dritte, über das in § 2 genannte Geschäft hinaus andere Läden mit Wein und Spirituosen zu betreiben, es sei denn, dass der Franchise Geber ausdrücklich zustimmt. Der Franchise Nehmer verpflichtet sich, sich während der Laufzeit des Vertrages weder unmittelbar noch mittelbar an einem Unternehmen, das „Weinläden“ betreibt, zu beteiligen, ein solches Unternehmen mittelbar oder unmittelbar zu gründen oder zu führen, oder ein derartiges Unternehmen in irgendeiner Form zu begünstigen oder dafür tätig zu werden. Als Beteiligung gelten auch Zusammenschlüsse in Interessen und Arbeitsgemeinschaften, sowie Treuhandverhältnisse und Unterbeteiligungen.
2. Das vorstehende Wettbewerbsverbot besteht auch nach Beendigung des Franchise Vertrages, und zwar auf eine Dauer von zwölf Monaten nach Beendigung des Vertrages und innerhalb eines Umkreises von 30 Kilometern von dem Franchise Nehmer nach dem „V.F.“ betriebenen Geschäft.
Die Beklagte kündigte den Franchisevertrag mit Anwaltsschreiben vom 08.12.2000 außerordentlich zum 11.12.2000. Anschließend, und zwar unter dem 09.12.2000, bestellte sie bei der Klägerin Waren für insgesamt 18.948,25 DM, die ihr am 11.12.2000 geliefert wurden. Mit Anwaltsschreiben vom 13.12.2000 widersprach die Klägerin der Kündigung und kündigte ihrerseits das Vertragsverhältnis fristlos. Die Klägerin verlangt von der Beklagten mit der beim LG erhobenen Klage die Bezahlung der im Dezember 2000 gelieferten Waren. Hiergegen hat die Beklagte die Aufrechnung erklärt mit angeblicher Gegenforderungen im Zusammenhang mit dem Franchisevertrag in Höhe von 19.913,22 DM und 3.000,– DM. Wegen dieser angeblichen Forderungen hat sie zudem hilfsweise Widerklage erhoben. Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten gerügt.
Das LG hat gem. § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das ArbG Düsseldorf verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, sowohl bei der Klage als auch bei der Widerklage handele es sich um eine Streitigkeit, für deren Entscheidung die Arbeitsgerichte zuständig seien. Die Beklagte sei nämlich als Arbeitnehmerin der Klägerin i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG einzuordnen.
Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.
Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig: Sie ist nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthaft und gem. § 577 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, die hier maßgeblich ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO), form und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das LG hat zu Unrecht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt.
Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht gem. § 13 GVG i. V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 3 a oder § 2 Abs. 1 Nr. 4 a ArbGG den Gerichten für Arbeitssachen zugewiesen. Nach diesen Vorschriften sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis bzw. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlicher oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Hierfür kommt es darauf an, ob nach den Umständen des Einzelfalles der Verpflichtete die Dienste in der Stellung eines selbständigen Unternehmers leistet oder ob es diese als Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG oder als arbeitnehmerähnliche Person nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG erbringt (BGH, NJW RR 00, 1436 = WM 00, 638, 639).
1. Die Beklagte war nicht Arbeitnehmerin gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.
Der Arbeitnehmer unterscheidet sich vom selbständigen Unternehmer durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung seiner Leistung. Danach ist Arbeitnehmer, wer weisungsgebunden die vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal, das über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine allgemeine gesetzgeberische Wertung erkennen lässt. Hiernach ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und deshalb persönlich abhängig ist derjenige Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist, weil er hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht unterliegt oder weil der Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung durch die rechtliche Vertragsgestaltung oder die tatsächliche Vertragsdurchführung stark eingeschränkt ist (BGH, NJW RR 00, 1436 = WM 00, 638, 639, 640 m.w.Nachw.).
Die Beklagte unterlag weder einem umfassenden Weisungsrecht noch war ihr Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung derart stark eingeschränkt, dass sie als Arbeitnehmer anzusehen wäre, auch wenn sie gem. § 4 Nr. 2 g des Franchisevertrages ihr Ladengeschäft unter Einhaltung der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten so lange wie möglich geöffnet halten musste und die Klägerin darüber hinaus möglicherweise eine Arbeitszeit von mindestens 52 Stunden pro Woche vorgegeben hat. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte berechtigt war, Arbeitnehmer einzustellen, wie sich aus § 4 Nr. 2 h des Franchisevertrages ergibt. Sie musste die Leistung also nicht höchstpersönlich erbringen. Selbst wenn die Klägerin aus Wirtschaftlichkeitsgründen möglicherweise nicht angestrebt hat, dass ein Franchisenehmer mit Dritten Arbeitsverträge abschließt, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass es der Beklagten unmöglich gewesen wäre, zumindest eine Aushilfskraft einzustellen und so ihre eigene Arbeitszeit hinsichtlich Durchführung, Zeit und Dauer teilweise frei zu gestalten. Der von der Beklagten im letzten Jahr erzielte Umsatz von 390.000,– DM ist nicht unbeträchtlich, und sie hat nicht schlüssig dargetan, dass ihr Gewinn nach Abzug aller Kosten derart gering sei, dass nicht einmal die stundenweise Beschäftigung einer Aushilfskraft wirtschaftlich tragbar gewesen wäre. Allein aus ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen, die Klägerin habe wie sich aus Presseartikeln entnehmen lasse einen jährlichen Mindestnettoumsatz ab 500.000,– DM als wirtschaftlich angesehen, kann nicht ein entsprechender Schluss gezogen werden. Insoweit hätte es der Beklagten oblegen konkret vorzutragen, wie hoch die nach Abzug der Kosten verbleibenden Gewinne waren. Auch das weitere Vorbringen der Beklagten, Franchisenehmern sei eine Abmahnung erteil worden, wenn sie ihren Urlaub nicht zuvor der Klägerin gemeldet hätten, deutet nicht auf eine Weisungsgebundenheit hin. Es ist nachvollziehbar, dass die Klägerin ein Interesse daran hat zu wissen, wann der jeweilige Franchisepartner urlaubsbedingt nicht erreichbar ist. Dass ein Franchisenehmer darüber hinaus wie ein Arbeitnehmer verpflichtet gewesen wäre, sich von der Klägerin einen Urlaub genehmigen zu lassen oder mit ihr einen Urlaub abzustimmen, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
Die Beklagte leitete ihr Geschäft zudem in eigener Verantwortung. Zwar hat die Klägerin Vorgaben zur Ausstattung des Geschäftslokals gemacht, und die Beklagte war nicht berechtigt, die Baulichkeiten des Ladens, die Einrichtung und den Außenbereich einschließlich Parkplatz in seiner Ausgestaltung zu verändern (§ 4 Nr. 2d des Franchisevertrages). Hierbei sowie bei der Verpflichtung der Beklagten, ein bestimmtes Warengrundsortiment von der Klägerin zu beziehen, handelt es sich aber um franchisetypische Vorgaben, die zudem für das von der Klägerin spezielle verfolgte System der Einheitlichkeit von Einrichtung und Ausstattung aller „V.F.“ Geschäfte von besonderer Bedeutung war. Würde dies bereits als ein wesentliches Indiz für ein umfassendes Weisungsrecht oder eine erhebliche Einschränkung des Freiraums für die Erbringung der geschuldeten Leistung gewertet, wären Streitigkeiten aus Franchiseverträge regelmäßig den Gerichten für Arbeitssachen zugewiesen, was der gesetzlichen Wertung aber widersprechen würde. Vielmehr kommt es für die Beurteilung, ob die Beklagte Arbeitnehmerin ist, auf die weiteren Umstände an. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Beklagten ein nicht unerheblicher individueller Gestaltungsspielraum blieb. Sie konnte frei entscheiden, ob und in welcher Menge sie weitere Produkte von der Klägerin bezog. Darüber hinaus oblag es ihrer Entscheidung ob und in welchem Umfang sie anderweitige Produkte non food Artikel von Dritten erwarb. Dass die Klägerin insoweit den Lieferanten und die Sortimentsauswahl vorgab, rechtfertigt sich wiederum auf Grund des Franchisekonzepts der Klägerin und ist kein Indiz dafür, dass die Beklagte keinen Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung hatte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Ladenlokal selbst angemietet hatte. Ferner war sie anders als dies in vielen anderen Franchisesystemen der Fall ist nicht in das Abrechnungssystem der Klägerin eingebunden. Sie verfügte insoweit über eine eigene betriebliche Organisation und war diesbezüglich wirtschaftlich selbständig.
2. Die Beklagte ist ebenfalls nicht als arbeitnehmerähnliche Person gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen.
Arbeitnehmerähnliche Personen sind wegen ihrer fehlenden Eingliederung in eine betriebliche Organisation und im Wesentlichen freier Zeitbestimmung nicht im gleichen Maße persönlich abhängig wie Arbeitnehmer; an die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Ferner muss der wirtschaftlich Abhängige seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein (BGH, NJW RR 00, 1436 = WM 00, 638, 640; BGHZ 140, II = NJW 99, 218 = WM 99, 146, 149; BAG, NJW 97, 2973, 2974).
Wirtschaftliche Unselbständigkeit setzt voraus, dass der Abhängige auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen ist und sich in der Regel an eine einzige Person gebunden hat, so dass ohne deren Aufträge seine wirtschaftliche Existenzgrundlage entfiele (BGH, NJW RR 00, 1436 = WM 00, 638, 640). Hier spricht zwar einiges für eine wirtschaftliche Unselbständigkeit der Beklagten Sie musste das Warensortiment von der Klägerin bzw. bei non food Artikeln von genau bezeichneten Händlern beziehen, wobei die Klägerin sogar die Sortimentsauswahl vorgab. Auch hatte die Klägerin die Ausstattung des Geschäftslokals sowie das Warengrundsortiment vorgeschrieben. Die Beklagte konnte selbst über Werbemaßnahmen nicht frei entscheiden; sie musste der Klägerin monatlich über den Umsatz und den Betrieb berichten (§ 4 Nr. 4 und § 5 des Franchisevertrages). Während der Vertragslaufzeit durfte sie gem. § 8 des Franchisevertrages keine weiteren Läden mit einem vergleichbaren Sortiment betreiben oder sich an ihnen beteiligen. Das Wettbewerbsverbot bestand auch nach Beendigung des Vertrages für eine Dauer von zwölf Monaten fort. Zudem trägt die Beklagte vor, sie sei in der Preisgestaltung nicht frei gewesen, weil sie im Falle einer Abweichung von den Preisempfehlungen der Klägerin abgemahnt worden wäre. Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich im Falle eines Streites nicht mit Erfolg auf ein Abweichen von ihren Preisempfehlungen hätte berufen können, da § 4 Nr. 8 des Franchisevertrages ausdrücklich vorsieht, dass der Franchisenehmer in der Gestaltung der Endverkaufspreise frei ist. Außerdem war das Wettbewerbsverbot nicht umfassend. Denn andersartige – auch gewerbliche und kaufmännische – Tätigkeiten während der Laufzeit des Franchisevertrages waren der Beklagten nicht untersagt.
Letztlich kann aber offen bleiben, ob die Beklagte wirtschaftlich abhängig war. Denn sie ist jedenfalls deshalb keine arbeitnehmerähnliche Person, weil sie nicht wie ein Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig ist. Eine derartige Schutzbedürftigkeit setzt voraus, dass das Maß der Abhängigkeiten nach der Verkehrsanschauung einen solchen Grad erreicht, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt, und dass die geleisteten Dienste nach ihrer sozialen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind (BGH, NJW RR 00, 1436 = WM 00, 638, 640).
Das Maß der Abhängigkeit erreichte hier noch nicht einen solchen Grad, wie er im allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt. Die Beklagte hatte eine eigene betriebliche Organisation. Sie war nicht in ein Abrechnungssystem der Klägerin eingebunden. Sie war grundsätzlich berechtigt, Arbeitnehmer einzustellen, und es ist nicht ersichtlich, dass es ihr aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen wäre, zumindest stundenweise eine Aushilfskraft zu beschäftigen.
Ihre geleisteten Dienste sind nach der sozialen Typik und dem gesamten Erscheinungsbild nicht mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar. Die Beklagte hatte im eigenen Namen ein Ladenlokal angemietet. Sie führte eigenständig das Geschäft und war berechtigt, Arbeitnehmer einzustellen. Mit ihren Kunden schloss sie im eigenen Namen und für eigene Rechnung Verträge. Sie war nicht in ein Abrechnungssystem der Klägerin eingebunden. Im Hinblick auf den Kontakt zu ihren Kunden war sie nicht an Vorgaben der Klägerin gebunden. Insgesamt betrachtet erscheint die Beklagte daher nicht als Arbeitnehmerin, sondern als selbständige Unternehmerin.