Buchauszug zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs; Verjährung; Buchauszug für Schadensersatzansprüche

I 16 U 81/02 Urteil verkündet am 9. Mai 2003 OLG Düsseldorf Ausgleichsanspruch, Provisionsabrechnung, Buchauszug und Bucheinsicht, Provisionsanspruch

Oberlandesgericht Düsseldorf
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2003 durch […] für Recht erkannt:

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. März 2002 verkündete Teilurteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte durch das angefochtene Teilurteil zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt worden ist.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

A. Gegen die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten bestehen keine Bedenken, insbesondere übersteigt der Wert der Beschwer 600,– € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 26 Nr. 5 EGZPO). Die Beklagte hat schlüssig vorgetragen und durch Schreiben ihrer Sachbearbeiterin S. vom 26. Februar 2002 näher dargelegt, dass ihr durch die Erteilung des Buchauszugs ein Aufwand in Höhe von mindestens 14.423,16 € entstehen würde (Bl. 436 f., 444 f. GA, § 511 Abs. 3 ZPO n.F.). Die Beschwer des nach § 87 c Abs. 2 HGB verpflichteten Unternehmers richtet sich nach seinem Abwehrinteresse, das durch den voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten und einem eventuellen Geheimhaltungsinteresse bestimmt wird (vgl. nur: BGH NJW 99, 3050; Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Rdnr. 55 zu § 87 c). Das pauschale Bestreiten der Klägerin ist unbeachtlich, denn es entspricht den tatsächlichen Erfahrungen des Senats, dass die Erstellung eines ordnungsgemäßen Buchauszugs erhebliche Kosten verursachen kann und durch einen Buchauszug über einen Zeitraum von drei Jahren wie hier ohne weiteres Kosten in der geltend gemachten Höhe anfallen können.

B. Zu Recht wendet die Beklagte sich dagegen, dass das Landgericht sie durch das angefochtene Teilurteil verurteilt hat, der Klägerin einen Buchauszug für alle Geschäfte zu erteilen, welche sie in der Zeit vom 1. Juli 1994 bis zum 31. Juli 1997 mit Dritten in dem der Klägerin zugewiesenen Verkaufsbezirk abgeschlossen hat.

Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zu.

I. Sie kann einen Buchauszug nicht zur Vorbereitung des von ihr geltend gemachten Ausgleichsanspruches verlangen.

Mit ihrer Anschlussberufungsschrift vom 20. August 1999 (Bl. 310 GA) hat die Klägerin, der das Landgericht durch vom Senat aufgehobenes Teilurteil einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB zugesprochen hatte, hilfsweise die Stufenklage erhoben und mit dieser auf erster Stufe beantragt, ihr zur Vorbereitung des in dritter Stufe geltend gemachten Ausgleichsanspruchs einen Buchauszug über sämtliche im Vertretungsbezirk während der Vertragsdauer mit Dritten abgeschlossenen Geschäfte zu erteilen.
Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB kann der Handelsvertreter bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt.

Allein zu dem Zweck, die Voraussetzungen für eine schlüssige Darlegung des Ausgleichsanspruchs zu erhalten, steht dem Handelsvertreter indessen das Informationsrecht des § 87 c Abs. 2 HGB ebenso wenig wie ein allgemeines, aus § 242 BGB hergeleitetes Informationsrecht zu. Die Informationsrechte des § 87 c HGB dienen nur der Vorbereitung der vertraglichen Ansprüche des Handelsvertreters auf seine Vergütung, also seiner Provision gemäß § 87 HGB, oder der an ihre Stellvertretenden Schadensersatzansprüche, so dass auch im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO als Leistungsanspruch nur Provisions oder Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können (vgl. nur: Ebenroth/Boujong/ Joost, Rdnr. 164 zu § 89 b; Rdnr. 51 zu § 87 c).

II. Auch zur Vorbereitung ihr noch zustehender Provisionsansprüche oder an ihre Stelle getretener Schadensersatzansprüche kann die Klägerin einen Buchauszug nicht (mehr) beanspruchen.

1. Allerdings ist, soweit der Handelsvertreter nichts Gegenteiliges vorträgt, im Zweifel davon auszugehen, dass er die geltend gemachten und eingeklagten Informationsrechte auch zur Überprüfung seiner Provisionsabrechnungen und zur Vorbereitung der Durchsetzung weiterer Vergütungsansprüche benötigt (vgl. nur: Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 10 zu § 87 c). Wegen ihres Charakters als bloße Hilfsrechte zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche aus dem Vertrag hängt das Fortbestehen der Rechte aus § 87 c HGB indessen von deren Schicksal ab. Sie werden gegenstandslos und können daher nicht mehr durchgesetzt werden, wenn und soweit sich die Vertragspartner endgültig und abschließend über bestimmte Zahlungsansprüche des Handelsvertreters oder deren Abrechnung geeinigt haben oder wenn (der Unternehmer nachweist, dass) Provisionsansprüche oder an ihre Stelle getretene Schadensersatzansprüche nicht mehr bestehen oder wegen Verjährung oder nicht rechtzeitiger Geltendmachung nicht mehr durchgesetzt werden können (vgl. nur: BGH ZIP 96, 129 Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 18 zu § 87 c).

2. Provisionsansprüche nach § 87 HGB oder an ihre Stelle getretene Schadensersatzansprüche kann die Klägerin gegenüber der Beklagten jedoch nicht mehr durchsetzen, da diese ihnen mit Erfolg die Einrede der Verjährung entgegenhalten kann.
2.1. Die vierjährige Verjährungsfrist des § 88 HGB beginnt gemäß § 201 BGB nach Ablauf des Jahres, in welchem die Vergütungsansprüche fällig geworden sind, also am 1. Januar des Folgejahres.

Hier sind die noch aus dem Vertragsverhältnis resultierenden Vergütungsansprüche, die der Klägerin aus den in der Zeit vom 1. Juli 1994 bis 31. Juli 1997 mit Dritten abgeschlossenen Geschäften der Beklagten in ihrem Vertretungsbezirk zustehen können, verjährt, denn sie sind zum 31. August 1997 fällig geworden, so dass der Lauf der Verjährungsfrist am 1. Januar 1998 begann und zum 31. Dezember 2001 endete.

Die angefallenen Provisionen waren im Folgemonat abzurechnen (§ 87 a Abs. 1 HGB, § 6 Abs. 8 des Vertrages, Bl. 21 GA), gemäß § 87 a Abs. 4 HGB wurde der Provisionsanspruch am Ende dieses Monats fällig, die hiervon abweichende Regelung in § 6 Abs. 7 des Vertrages ist gemäß § 87 a Abs. 5 HGB unwirksam.

Daraus folgt, dass alle Vergütungsansprüche der Klägerin verjährt sind, welche – auch nach der zum 31. Juli 1997 erfolgten Beendigung des Handelsvertretervertrages – bis zum 30. November 1998 durch einen Abschluss der Kundengeschäfte mit der Beklagten gemäß § 87 a Abs. 1, Abs. 3, § 87 Abs. 3 HGB entstanden sind.

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annimmt, dass ihr noch gemäß § 87 Abs. 3 HGB Provision für nachvertragliche Kundengeschäfte zustehen könnte, was sie allerdings selbst nicht geltend macht, sind auch solche für bis zum 30. November 1998 – und damit innerhalb von 16 Monaten nach Vertragsbeendigung noch abgeschlossenen Kundengeschäfte verjährt, denn die Verjährungsfrist begann am 1. Januar 1999 und endete am 31. Dezember 2002.

2.2. Dass die Klägerin mit ihrer Zahlungsklage ursprünglich auch einen restlichen Provisionsanspruch in Höhe von 17.000,– DM verfolgt hat, ändert daran nichts. Gemäß § 211 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB) dauert die Unterbrechung durch Klageerhebung nur fort, bis der Prozess rechtskräftig entschieden oder anderweitig erledigt ist. Als anderweitige Erledigung der Hauptsache gilt auch deren übereinstimmende Erledigung (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Rdnr. 2 zu § 211).

Die auf Zahlung restlicher Provisionen in Höhe von 17.000,– DM gerichtete Klage haben die Parteien indessen nach Zahlung vom 28. Oktober 1997 in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 1997 übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 82 GA), so dass sich am Lauf der Verjährungsfrist nichts ändert.

2.3. Die im Jahre 1999 erhobene Stufenklage konnte die Verjährung der damals noch nicht verjährten Provisionsansprüche des Klägers nicht unterbrechen, weil Gegenstand der Stufenklage nicht etwaige noch ausstehende Provisionsforderungen sind, sondern lediglich der Ausgleichsanspruch des § 89 b HGB. Die Klage auf Erteilung der nach § 87 c HGB geschuldeten Informationen kann die Verjährung der noch nicht im Klagewege geltend gemachten Hauptforderungen, also der Vergütungsforderungen, jedoch nicht unterbrechen (vgl. nur: Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 6 zu § 88; Rdnr. 20 zu § 87 c).
3. Schließlich kann die Klägerin den Anspruch auf Buchauszug auch nicht mit Blick darauf verlangen, dass sie mit ihrer Klage auch einen unbezifferten Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 6.000,– DM geltend macht, den sie darauf stützt, dass die Beklagte in der Zeit vom 14. Oktober 1996 bis zum 31. Juli 1997 Servicearbeiten entgegen § 6 Abs. 10 Satz 3 des Vertrages (Bl. 21 GA) selbst durchgeführt oder an Dritte vergeben hat (Bl. 381 f. GA).

Auch insoweit steht ihr ein Anspruch auf Buchauszug nicht zu. Dieser dient nur der Vorbereitung und Sicherung ihrer Ansprüche auf Provision oder auf Schadensersatz wegen entgangener Provision (vgl. nur: Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 7 zu § 87 c).

Für die Durchführung der Servicearbeiten aber stand der Klägerin kein Provisionsanspruch zu, denn sie konnte von der Klägerin nur beanspruchen, dass diese Arbeiten grundsätzlich erst an ihre Fachkräfte vergeben werden, bevor sie an weitere Service Subunternehmer herantritt. Insoweit können dem Handelsvertreter nur die allgemeinen Kontrollrechte des Bürgerlichen Gesetzbuches zustehen (vgl. nur: Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 10 zu § 87 c). Einen solchen Auskunftsanspruch hat die Klägerin im Wege der Stufenklage auch geltend gemacht (Bl. 311, 381 GA), wobei dieser worauf der Senat bereits mit Urteil vom 25. Februar 2000 hingewiesen hat: (Bl. 364 R GA) durch die Fehlanzeige der Beklagten erloschen sein kann.

Da § 87 c HGB eine abschließende Regelung der Informationsrechte des Handelsvertreters trifft, kann der Kläger weitergehende Informationsrechte auch nicht aus anderen allgemein gültigen Rechtsinstituten herleiten, insbesondere scheidet insoweit § 242 BGB als Anspruchsgrundlage aus.

5. Da es für den Anspruch nach § 87 c Abs. 2 HGB nur auf die Möglichkeit noch bestehender Provisionsforderungen oder an ihre Stelle tretender Schadensersatzforderungen ankommt, ist es schließlich auch unerheblich und vom Senat daher nicht zu entscheiden, ob dem Kläger der eingeklagte Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB zusteht, insbesondere ob die Beklagte sich insoweit nicht auf den Ausschlussgrund des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB berufen kann was das Landgericht für entscheidungserheblich gehalten hat .

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 15.000,– €.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO in der gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung liegen nicht vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft der Rechtsstreit nicht auf, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

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